Bei der Rodney Bay endet unser Segeltörn. Gerne wären wir noch ein paar Tage länger an Bord geblieben. Ebenso gerne wären wir weiter nach Norden bis Martinique und vielleicht sogar darüber hinaus gesegelt. Und gerne wären wir außerdem die nächsten Tage in den Genuss des reichlich bestückten Frühstücks auf der Blue Wave gekommen.
Alles gerne nützt nichts. In der Rodney Bay werden wir wieder zu Landratten. Einzig ein paar Stunden Schonfrist bleiben uns an Bord, in denen wir nochmals den sonnengeschützten Platz auf dem Deck in Beschlag nehmen, eh Bobby den letzten Rest Rum Punch verteilt. Schließlich setzen wir über ans Land. Jedoch nicht bevor wir eine Runde durch die Lagune der Rodney Bay drehen, auf der wir an der legendären »Black Pearl« vorbeifahren.
Der richtige Name des Zweimasters lautet Unicorn. Seit dem Abschluss der Dreharbeiten zu »Am Ende der Welt« hat das Schiff als Kinoboot ausgedient. Das nach Vorbild der Schiffe des 19. Jahrhunderts gebaute Boot soll künftig als piratenmäßiges Partyboot genutzt werden. Leider war die dazu nötige Sanierung der Unicorn während unseres Aufenthalts noch nicht abgeschlossen, sodass wir auf dieses Erlebnis verzichten mussten.
An Land lernen wir schließlich Dieter kennen. Als Mitarbeiter der Tropical Holidays Group fährt er uns die letzten paar Meter vom Pier zum Harmony Suites, unserem Hotel in der Bucht. Da das Hotel über einen eigenen Anlegesteg verfügt, hätten wir zwar auch mit dem Dingi direkt dorthin fahren können. So aber bekommen wir zumindest ein paar Tipps, was wir wo unternehmen können bzw. wo sich welches Restaurant befindet.
Da sich das Hotel Harmony Suites an der Lagune von Gros Islet befindet, müssen wir ein Stück weit laufen, bis wir den Reduit Beach erreichen. Wie beim Strand des Pigeon Island National Park kann man auch hier Liegen und Sonnenschirme mieten. Zudem eröffnet uns der weitläufige, etwas steil abfallende Reduit Beach eine gute Sicht zu den in der Bucht ankernden Booten.
Was heißt: voller Sehnsucht können wir nach dem kargen Frühstück im Hotel direkt zur Blue Wave hinübersehen. Allein das Hinkommen gestaltet sich schwierig. Zwar könnten wir die Distanz schwimmend mühelos zurücklegen. Nachdem wir gleich mehrere Berichte über schwere Unfälle aufgrund rücksichtsloser Bootsfahrer gehört haben, verspüren wir jedoch keine Lust, uns unnötig in Gefahr zu begeben.
An unserem letzten vollen Tag auf St. Lucia beschließen wir dann doch, Bobby zu besuchen. Wie das gehen soll? Ganz einfach: man läuft an den Strand und spricht ein kanadisches Paar an, das zufällig in genau dem Moment sein Dingi ins Wasser schiebt, um zu seinem Boot zurückzukehren. Ganz ehrlich: so leicht hatten wir uns dies nicht vorgestellt. Umso überraschter ist anschließend Bobby, als wir die Blue Wave entern.
Denn auch wenn er uns vor dem Ausschiffen eingeladen hatte, ihn zu besuchen, hatte er doch nicht mit uns gerechnet. Oder, wie ein herzliches Willkommen in seemännisch heißt: »Und wie wollt ihr wieder zurückkommen? ... Na, jetzt kommt erst mal rein.« Nicht zu verwechseln mit: »Ich lass’ dann schon mal das Dingi runter«, was soviel heißt wie: »So, jetzt hätte ich gerne wieder meine Ruhe.«
Am Reduit Beach selbst können wir das Spinnakers empfehlen. Neben einer Auswahl an Burgern und Sandwiches sowie Fisch- und Fleischgerichten bietet es seinen Gästen eine direkte Aussicht über den Strand und die Bucht.
Da wir in keinem der Restaurants im Ort bzw. an der Straße essen wollen, sind wir gleich mehrmals ins Spinnakers gegangen. Damit gehen auch zwei schöne Sonnenuntergänge zum Abschluss unserer Reise einher.
Als einziges Ausflugsziel bieten uns Dieter und seine Frau Christiane eine Fahrt nach Pigeon Island an. Dabei handelt es sich um eine Insel am südlichen Ende der Rodney Bay, die durch einen Damm mit St. Lucia verbunden ist. Dass der Damm durchaus Sinn macht, zeigt der Vergleich zwischen den hohen Wellen auf der atlantischen zu den deutlich ruhigeren auf der karibischen Seite.
Bevor wir den Unterschied von einer Anhöhe aus mit eigenen Augen sehen können, führt uns Christiane durch den parkähnlich gestalteten Pigeon Island National Park zu den Resten mehrerer militärischer Anlagen.
Eine der größten Ruinen diente früher als Unterkunft für 60 Soldaten. Die Baracke wurde 1808 gebaut und, nachdem sie 1817 durch einen Hurrikan stark beschädigt wurde, 1824 wiederaufgebaut. Vor Ort erfahren wir, dass das Soldatenleben in der Karibik damals alles andere als komfortabel war.
So soll das Militär eine ganze Weile gebraucht haben, um sich den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Zumindest wurde die warme, ungeeignete Kleidung bald durch tropische Klamotten ersetzt. Anstelle von langen Mänteln und Hosen wurden kurze, rote Jacken und eng anliegende, moskitodichte Hosen an die Männer verteilt.
Von den Baracken führt ein steil ansteigender Fußweg hinauf zum Fort Rodney. Die weitreichende Aussicht und, damit verbunden, strategisch günstige Lage der Insel hatte schon der Offizier George Rodney erkannt. Um die Bucht zu schützen, ließ er das Fort 1780 errichten bzw. mehrere Geschütze auf der Insel aufstellen. Was der britische Offizier nicht wissen konnte: rund 160 Jahre später rückte Pigeon Island erneut ins Visier der Militärs. Diesmal waren es die US-Streitkräfte, welche hier eine Signal Station einrichteten und bis 1947 betrieben.
Mit dem Abstecher zum Fort ist der Rundgang beendet und könnten wir eigentlich Christiane zum feinsandigen Strand nahe des Eingangs zum Park folgen. Stattdessen nehmen wir den zweiten Gipfel, den Signal Peak, in Angriff. Der Weg dorthin führt über die Ridge Battery. Bei dieser Stellung wurde zur Kolonialzeit die stärkste Kanone aufgestellt. Der »32-Pfünder« konnte nach Norden und Süden ausgerichtet werden. Damit war es möglich, sowohl den St.-Lucia-Kanal als auch Gros Islet zu schützen. Die Kanone wurde 1781 erfolgreich genutzt, um die französische Invasion von Gros Islet abzuwehren.
Da wir versäumt haben, etwas zu Trinken mitzunehmen, kehren wir nach dem Aufstieg des ca. 100 Meter hohen Signal Peaks ziemlich durstig zum Eingangsbereich bzw. zum Strand des Parks zurück. Bevor wir dort ankommen und unsere Reiseleiterin auf einer der Strandliegen finden, gönnen wir uns jedoch zunächst eine Erfrischung im wieder aufgebauten C.O.’s Quarters.
Von Gros Islet sind wir enttäuscht. So rätseln wir schon nach unserem ersten Spaziergang durch die schmucklose Hauptstraße, was wir als nächstes unternehmen sollen? Denn weder das wuchtige Einkaufszentrum, die Rodney Bay Mall, noch die anderen, meist klimatisierten Geschäfte wirken auf uns einladend. Auch finden wir schade, dass ein scheinbar heimisches Café in seiner Aufmachung einer weltweit agierenden Kette mit Sitz in Seattle nacheifert.
Zuletzt empfinden wir den Besuch des angeblich sehenswerten Casinos von Gros Islet schlichtweg als deprimierend. Um nicht zu sagen, ich fühle mich ans Gold Coast Hotel und Casino in Las Vegas erinnert. Auch dort hatten wir ausschließlich Leute gesehen haben, die ohne jede erkennbare Freude im Gesicht ihr Geld in irgendwelche Automaten gesteckt oder an den Spieltischen liegengelassen haben. Und das ohne eine erkennbare Gegenleistung. Sicher hat der ein oder andere mal kurzzeitig Glück. In so einem Fall gilt allerdings die Devise: Casinos zahlen kein Geld aus, sondern verleihen es nur bis zum nächsten Besuch.
Zum Glück kommen wir an einem Freitag an, dem Tag, an welchem im Norden der Stadt immer ein großes Straßenfest stattfindet. Glauben wir unserem Reiseführer, ist es das berühmteste Straßenfest der Insel. Unter dem Motto »Friday Night Jump up« werden in der Dauphin Street Stände mit Essen und Trinken sowie, an der Kreuzung mit der Maria-Theresia-Straße eine ganze Batterie Lautsprecher aufgestellt.
Die Feier dauert für gewöhnlich bis spät in die Nacht und ist ein unbedingtes Muss auf St. Lucia. Etwas schade finden wir hier nur, dass die Menschen alle für sich irgendwas tanzen, während wir uns auf Salsa eingestellt hatten. Egal, dafür wissen spätestens seit unserem Besuch ein paar der einheimischen St. Lucianer, wie Disco Fox aussieht (-;
Eindrücke von der traumhaft gelegenen Marigot Bay und der Rodney Bay an der Westküste von Saint Lucia. Aufnahmen vom Pigeon Nationalpark an der Rodney Bay.
Im Hotel Harmony Suites bekommen wir eins der Zimmer mit Blick über die Lagune. Verglichen mit dem zur Landseite ausgerichteten Eingangsbereich und dem von wenigen Parkplätzen und Läden charakterisierten Weg zwischen der Rezeption und den Zimmern erwartet uns damit eine schöne Überraschung auf dem Balkon. Denn dieser befindet sich direkt über dem Ufer der Lagune von Gros Islet, womit wir eine schöne Sicht übers Wasser zu den umliegenden Bergen haben.
Eine zweite Überraschung entdecken wir zwischen dem auf einem Podest thronenden Bett und dem Bad. Es ist ein Jacuzzi, der so gebaut ist, dass man darin zu zweit bequem liegen kann. Ausprobiert haben wir ihn dennoch nur einmal am späten Abend - also um etwa 20 Uhr, eh wir todmüde ins Bett gefallen sind und einen Teil unseres Schlafdefizits der letzten Nächte ausgeglichen haben. Das Bad selbst ist in WC, Dusche, Flur und einem Durchgangsraum mit Waschbecken, Spiegel und Kommode aufgeteilt, wobei man allerdings nie weiß, wo überall das Licht angeht, wenn man an den Schaltern herumspielt.
Einen krassen Kontrast zur Suite bietet das Frühstück. Dieses wird à la carte bestellt, wobei das »Full Breakfast« ohne Aufpreis zu bekommen ist. Wer sich unter einem vollen Frühstück einen Berg Essen und reichlich zu Trinken vorstellt, wird jedoch bald fragend auf seinen Teller blicken. Denn mehr als zwei Scheiben Toast, eine undefinierbare Marmelade, etwas Rührei mit einem Mini-Würstchen oder einer halben Scheibe Speck sowie einer Scheibe Obst ist nicht. Dazu ein Glas Saft und, wahlweise, eine Tasse Kaffee oder Tee. Das ist alles. Salami, Schinken und Käse jedoch gehören ganz offensichtlich nicht zu einem vollen Frühstück. Schade eigentlich, da diese Dinge bei den Kosten des Hotel kaum ins Gewicht fallen dürften.
Nicht zuletzt wegen des kläglichen Frühstücks haben wir darauf verzichtet, mittags oder abends im hoteleigenen Restaurant The Edge essen zu gehen. Andere Gäste haben uns aber mitgeteilt, dass die Portionen zwar teuer, aber groß genug und auch in der Qualität gut seien.
Als Alternative zum The Edge gibt es direkt beim Eingang eine Bar, in der auch kleine Gerichte zu bekommen sind, sowie bei der Rezeption gekühlte und günstige Getränke, die man mit ins Zimmer nehmen kann.