Für die Überfahrt von der Insel Bequia nach St. Vincent brauchen wir zweieinhalb Stunden. Da wir im Bereich vom Young Island Cut halten, müssen wir an einer Mooring anlegen. An sich wäre der Untergrund zwar geeignet, die Blue Wave zu halten.
Die Tücke liegt darin, dass die Strömung durch den Engpass zwischen Young Island und der Hauptinsel ständig die Richtung wechselt. Ankernde Boote müssten daher einen extrem großen Sicherheitsabstand zueinander einhalten. Dafür zählt der Platz zu den schönsten im Süden von St. Vincent. Denn neben der Sicht an die Küste bekommen wir eine zweite, deutlich schönere Sicht auf die mit Sträuchern und Bäumen begrünte Anlage eines Luxushotels auf Young Island. Wobei uns insbesondere die Farbe vom Strand auffällt.
Während nämlich die Strände entlang der Küste der Vulkaninsel St. Vincent allesamt dunkel sind, ist der Strand von Young Island hell. Angesichts dessen, dass die kleine Insel privat ist, darf allerdings bezweifelt werden, dass der helle Sand dort natürlich vorkommt. Aber was tut man nicht alles, um seinen Gästen einen perfekten Urlaub zu ermöglichen?
Als Hauptstadt von St. Vincent und den Grenadinen ist Kingstown eine der wichtigsten Anlaufstellen für Touristen. Ganz gleich, ob mit einem Segelboot oder einem der industriellen Kreuzfahrtschiffe, hier landen sie (fast) alle. Die Gründe dafür werden in den Reiseführern blumig beschrieben.
So wird immer wieder auf die vielen Bögen der Arkaden in der Stadt und die Bucht am Fuße des 736 Meter hohen Mount St. Andrew bzw. dem daran angrenzenden Dorsethire Hill hingewiesen. Auch besitzt die Stadt einen rund acht Hektar großen botanischen Garten.
Entsprechend groß ist der Andrang in die Stadt zwischen November und Februar, wenn Kreuzfahrten Hochsaison haben. Die Frage, ob sich ein längerer Aufenthalt in Kingstown lohnt, müssen wir aber leider mit nein beantworten. Zu den wenigen Sehenswürdigkeiten zählt ein Fischmarkt, der im Vergleich zu anderen Märkten in der Karibik sehr sauber ist.
Ebenfalls empfehlen können wir und einen Spaziergang durch das dreistöckige Marktgebäude und durch die geschäftige Long Lane Upper. Ansonsten aber ist Kingstown arg heruntergekommen. So befinden sich viele der aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammenden Gebäude in einem schlechten Zustand und kennzeichnen Dreck, Lärm und Gestank weite Teile des Zentrums.
Da es in den Straßen von Kingstown mittags außerdem brütend heiß wird, sind wir schon bald auf der Suche nach einem netten Café. Wir entscheiden uns für ein einheimisches, das zwar keine tolle Lage hat, dafür aber zumindest einigermaßen sicher erscheint. Nachdem wir uns ein wenig vom dem Trubel und der Hitze erholt haben, raffen wir uns dann doch noch zu einem weiteren Spaziergang auf.
Wenn auch nicht durch das Zentrum, so doch wenigstens durch eine der ruhigeren Straßen, von der sich uns eine schöne Sicht auf den Dorset Hill eröffnet. Insgesamt aber sind wir froh, als wir nach zwei Stunden in Kingstown wieder abgeholt und zurück zu unserem Segelschiff gebracht werden.
Wer nach Young Island reist, kann dort in der luxuriösen Duvernette Suite übernachten. Benannt ist die Suite nach der großen Felsnadel Duvernette Island, die sich südlich von Saint Vincent aus dem Meer erhebt. Sie befindet sich direkt neben Young Island und ist unser nächstes Tagesziel. So sind wir einmal öfter nur wenige Minuten an Bord unseres Segelboots Blue Wave, als wir auch schon wieder ins Dingi steigen.
Die Fahrt nach Duvernette Island dauert ebenfalls nur ein paar Minuten. Die Anlegestelle besteht aus einer geräumigen Plattform, auf der eine Tafel darüber informiert, dass die Insel aus einer Basaltsäule besteht. Unser Ziel befindet sich knapp 60 Meter weiter oben. Der Aufstieg erfolgt über eine 255 Stufen lange Treppe, die sich entlang des vulkanischen Pfropfens nach oben windet und jedem, der sie in Angriff nimmt den Schweiß auf die Stirn treibt. Die Anstrengung aber lohnt sich. Denn bis zur ersten Aussicht über Young Island zur Küste von St. Vincent ist es nicht weit.
Nach zwei Drittel des Weges zweigt links ein Pfad zu einer kleiner Aussichtsplattform ab. Von dort eröffnet sich einem eine gute Sicht hinüber nach Bequia und weiteren Inseln der Grenadinen. Wir aber steigen zunächst bis hoch zur oberen Plattform von Duvernette Island. Dort angekommen, staunen wir über mehrere riesige Geschütze.
Die Kanonen stammen aus der Kolonialzeit von St. Vincent und den Grenadinen und sollten die damals wichtige Hafenstadt Calliaqua schützen. Ob es gelang, die feindlichen Schiffe effektiv abzuwehren, darf bezweifelt werden. Denn im 17. Jahrhundert wechselte die Herrschaft über St. Vincent mehrmals zwischen Frankreich und Großbritannien.
Neben der Aussicht und dem geschichtlichen Hintergrund ist die Duvernette Island auch für seine Pflanzen- und Tierwelt bekannt. So entdecken wir neben einigen Kakteen und Tillandsien Orchideen, die auf den Felsen und Stämmen größerer Bäume wachsen.
Bevor wir am nächsten Vormittag weiter fahren, bringt uns Bobby ein zweites Mal nach Duvernette Island. Diesmal gehen wir jedoch nicht an Land, sondern hüpfen direkt vom Dingi ins Wasser. Damit steht das nächste Schnorcheln auf dem Programm.
Im Gegensatz zu den vorigen Schnorchel-Touren werden wir diesmal jedoch nicht wieder abgeholt, sondern sollen wir entlang der Küste von Young Island schnorcheln und dann zur Blue Wave zurückschwimmen.
Wieder dauert es nur wenige Augenblicke, bis ich einen interessanten Fisch entdecke. Auch wenn ich mich nach wie vor nicht wirklich gut unter Wasser auskenne, bin ich mir doch sicher, dass es sich um einen Westatlantischen Trompetenfisch handelt.
Die bis zu einem Meter langen Fische passen sich in ihrer Färbung gerne ihrer Umgebung an, sodass sie farblich stark variieren. Von den auf dem ersten Blick ähnlichen Flötenfischen lässt er sich jedoch durch die fehlende, fadenartige Schwanzflosse gut unterscheiden.
Zudem gibt es entlang Young Island einige große Korallen zu sehen. Damit stünde einem schönen Schnorchelgang eigentlich nichts entgegen. Wenn da nur nicht die blöden Quallen wären. So sehe ich plötzlich einen leuchtenden orangen Punkt vor mir, eh ich die fast durchsichtige Gallerte entdecke. Als ich mich umschaue, entdecke ich weitere, kleine Quallen.
Eindrücke von der Westküste St. Vincents mit Ausflug nach Kingstown und nach Duvernette Island, einer Felseninsel nahe Young Island.
Bald wird mir klar, dass sie sich wie ein einige Meter breites Band in kurzer Entfernung zur Insel aufhalten. Erst, als ich vom Riff in tieferes Gewässer schwimme, sehe ich mich mit nur noch wenigen Exemplaren konfrontiert. Nach der Erfahrung vor der Insel Baradol aber will ich nichts riskieren und kehre bald auf direktem Weg zum Segelboot zurück.
Die anschließende Fahrt entlang der Westküste von Saint Vincent entschädigt uns für das nicht ganz so tolle Schnorcheln. So haben wir die Bucht von Kingstown kaum passiert, als sich uns auch schon eine schöne Aussicht nach der anderen eröffnet. Dabei sind wir überrascht, wie dünn besiedelt Saint Vincent auch heute noch ist. Nur wenige, kleine Dörfer erstrecken sich entlang der Küstenstraße. Und diese ist, da die Westküste steil zum Meer abfällt, in weiten Teilen so gebaut, dass wir sie vom Boot aus nicht sehen können.
Kurz bevor wir unser nächstes Ziel, Wallilabou Bay, erreichen, zeigt unser Skipper zu einer winzigen Bucht. Obwohl sie genug Platz bietet und zu beiden Seiten von Felsen geschützt wird, ist sie frei von jeder Bebauung. »Ist das nicht traumhaft?«, fragt Bobby, bevor er erklärt: »Genau dort hätte ich gerne ein Häuschen.« Um sich zu versorgen, würde er dann mit dem Dingi zur nächsten Siedlung fahren. Ob der Traum in Erfüllung geht? Wir wissen es nicht, stimmen aber gerne zu, dass die Bucht wirklich traumhaft gelegen ist.