Den ganzen Tag am Strand herumliegen und faulenzen ist sicher eine schöne Sache. Wo immer wir sind, wollen wir aber auch etwas sehen von der Welt. So kommt uns das spontane Angebot vom PR-Manager Arthur Lo Pinto, uns die Hauptstadt zu zeigen, doch ganz gelegen. Ohne ihn wären wir eh irgendwann mit dem Bus nach Victoria gefahren. Mit dem Auto ist es einiges bequemer. Ob sich seit unserem Besuch vor sechs Jahren viel verändert hat? Eigentlich nicht. Zuviel Straßenverkehr für solch eine kleine Stadt gab es damals schon.
Einige Häuser sind dazugekommen und im Juni 2013 ging die auf zwei kleinen Inselchen aufgestellte Port Victoria Wind Farm mit acht Windkraftanlagen ans Netz. Eden Island, eine künstliche Insel, die vor Victoria im Meer aufgeschüttet wurde, ist inzwischen fertig gestellt. Wo vor Jahren Fische und Korallen lebten, gibt es jetzt ein Reichen-Getto für Südafrikaner mit künstlichen Stränden, Shopping Malls und Jachthafen. Ob dies die Zerstörung von empfindlichen Meeresboden und seinem Ökosystem Wert ist, ist mehr als ungewiss.
Unser Ziel aber ist die quirlige Innenstadt. Auch durch die neuen, größeren Gebäude ist sie nach wie vor eine kleine Wohlfühlstadt. Gerne werben die Insulaner damit, dass Victoria die kleinste Hauptstadt der Welt sei. Das war sie vielleicht mal. Doch auf Grenada und St. Lucia haben wir selbst schon kleinere Hauptstädte besucht.
Wohl aber ist Victoria einiges angenehmer als das vergleichbare Kingstown auf St. Vincent. Hier ist es sauber, die Fußgängerzone ist angenehm und selbst am Samstag wenig überrannt von Einkäufern. Wir treffen auf einen Hindutempel und auf Kirchen. Verschiedene Kulturen leben hier friedlich miteinander.
Der hübsche Uhrturm aus britischen Zeiten steht auch noch inmitten des wichtigsten Kreisverkehrs im Zentrum, wird inzwischen aber durch einen Metallzaun geschützt (der Verkehr hat wohl doch zugenommen). Viele Denken bei seinem Anblick an eine Miniaturausgabe vom Big Ben. Er ähnelt aber mehr dem Uhrturm an der Vauxhall Bridge in London. Beim Uhrturm von Victoria biegen wir von der Hauptverkehrsstraße ab und spazieren zur alten Markthalle. Wer frischen Fisch, Fleisch, Obst, Gemüse, Kräuter und Gewürze sucht, ist hier gut aufgehoben.
Doch müssen Touristen etwas tiefer in die Tasche greifen. Der eher europäisch wirkende Arthur wird von den Verkäufern meist als Tourist angesehen. Erst wenn sie merken, dass er ihren Dialekt versteht, fallen die Preise merklich. Böse Zungen behaupten, dass in der Obst- und Gemüseständen die Hälfte der Ware geklaut ist. Demnach schauen die Händler vor dem Gang zum Verkaufsstand nach, ob in Nachbars Garten etwas zu holen ist, was sich verkaufen lässt. Wäre ja ein Jammer, wenn die reifen Früchte am Baum vergammeln oder die Bananen angepickt werden.
Marktbummel in Victoria
Etwas abseits vom Markt befindet sich das La Dolce Vita. Hier hoffen wir auf einen frisch gepressten Obstsaft. Obst war leider schon aus. Offenbar war der andere Nachbar heute Morgen schneller. Trotzdem gibt es in der modernen Eisdiele eine Erfrischung, bevor wir zum Geldwechsel eine günstige Wechselstube suchen. Laut Arthur ist das gar nicht so einfach. Nach der großen Krise versuchen die Banken wieder an Bares zu kommen.
Das muss man natürlich dort holen, wo es welches gibt. So sind die Gebühren für das Geldabheben mit Kreditkarten recht hoch und gibt es beim Bargeldumtausch große Kursunterschiede. Anstatt uns in einer der klimatisierten Banken in einer Schlangen einzureihen, tauschen wir unser Geld bei einer kleinen Wechselstube durch ein winziges Fenster. Funktioniert und passt.
Mit dem Bus fahren wir schließlich zurück an den Crown Beach. Von der gut sortierten Bushaltestelle fahren die Busse alle 30 bis 40 Minuten. Wir warten also nur kurz, bevor wir uns für umgerechnet 35 Cent auf den Weg machen. Blöd, wenn man sich vorher nicht die Landschaft mit dem Haltepunkt eingeprägt hat.
Aber die Seychellois sind hilfsbereit und ein Mann schaut, dass wir rechtzeitig aussteigen. Wunderbar! Durch den langen Flug sind wir zwar todmüde und schlafen im Bus fast ein, können aber doch sicher sein, nicht den ganzen Tag im Kreis über die Insel zu fahren.
Eindrücke vom Marktgeschehen in Victoria, der Hauptstadt der Seychellen. Aufnahmen vom ersten Geld wechseln und vom öffentlichen Busbahnhof von Mahé.
Bei unserer ersten Reise auf die Seychellen lernen wir in Victoria Nathalie, unsere Reiseleiterin, kennen. Da sie kein Deutsch spricht, will sie uns zwar zuerst zu ihre Kollegen in eine andere Gruppe stecken. Der aber entschuldigt sich, da er bereits alles auf Englisch und Italienisch vortragen müsse. Noch eine dritte Sprache wäre zu viel. Ohne uns danach zu fragen, sagt er Nathalie, dass wir Englisch können.
Sieht man uns das an? Wir wissen es nicht, wehren uns aber nicht, weil ich (neben Englisch) noch etwas Französisch verstehe und damit eine klitzekleine Chance habe, ihre Erklärungen zu verstehen, sollte mir im Englischen etwas entgangen sein. Außerdem sind unsere Erfahrungen mit Franzosen außerordentlich gut.
Eine Viertelstunde später beginnt der Rundgang durch das Zentrum von Victoria. Da es so wenige Sehenswürdigkeiten in der Stadt gibt, dass neben dem Uhrturm aus britischer Zeit sogar eine Ampelanlage, die einzige auf Mahé, zählt, sind diese bald abgelaufen, sodass wir uns schon kurz nach dem Start auf direktem Weg zum Markt befinden. Es ist der einzige, der regelmäßig geöffnet ist bzw. der einzige, bei dem man verlässlich Obst kaufen kann.
Denn, so lesen wir in unserem Reiseführer: »Nahezu jeder Seychellois hat in seinem Garten Früchte im Überfluss. Wer gerade keine hat, dem reicht der Nachbar sie über den Zaun. [...] Diese Nachbarschaftshilfe führt dazu, dass die Nachfrage nach frischem Obst gering ist - Obst kauft man nicht, man hat es.«
Der Markt in Victoria, direkt in der Fußgängerzone, ist dafür recht angenehm für Touristen. Hier wissen die Menschen, dass (fast) kein Urlauber ihren Fisch kaufen kann, und sind zugleich stolz, wenn sie ein besonders großes Exemplar den Gästen präsentieren können. Ebenso lassen uns die Obstverkäufer in Ruhe, sodass wir völlig ungestört Muskatnüsse und Curry kaufen können,
bevor wir weiter zum Souvenirstand mit Ansichtskarten gehen (und prompt eine zu wenig aussuchen). Schön finden wir auch, dass Nathalie zuerst einen Rundgang über den Markt macht und uns dann genug Zeit gibt, um selbst noch ein, zwei Runden zu drehen, bevor wir zurück zur Agentur von Creole Travel müssen und es mit zwei Bussen in die Berge geht.
Rundgang durch Victoria auf der Seychellen-Insel Mahé mit Besuch der Markthalle.