Mit etwas Verspätung starten wir unseren ersten organisierten Ausflug nach Cousin. Eigentlich sollten wir ja bei unserer Lodge auf Praslin abgeholt werden, sind aber, als der Fahrer für unseren Geschmack zu lange auf sich warten ließ, mit der Eigentümerin hinunter zum Anleger gefahren. Auf dem Weg dorthin kam er uns dann entgegen, womit er uns verpasst hatte. Egal, denn durch die Eigenanreise hatten wir genug Zeit, um etwas zu Trinken zu kaufen und einen kräftigen Schluck Sonnenspray zu nehmen, bevor es aufs Schiff ging.
Ausflug von Praslin auf die Vogelschutzinsel Cousin mit Führung über die Insel.
Auf dem Boot, einem hübschen Katamaran, darf kein Sonnen- und Insektenspray benutzt werden. War es im Nationalpark Vallée de Mai das Trinkwasser, welches geschützt werden soll, ist es hier der Boden. Er soll möglichst frei von schmierigen, rutschigen Stoffen bleiben. Und das mit gutem Grund. Der Wellengang legt außerhalb der Baie Curieuse ordentlich zu.
Aber was heißt hier zulegt? Es sind meterhohe Brecher, die den Katamaran immer wieder aus dem Meer hieven, bevor er mit Wucht zurück aufs Wasser schlägt. Fast alle Passagiere halten sich fest. Wie wir lachen oder jauchzen einige auf, wenn uns eine besonders hohe Welle verschaukelt hat. Zwei Frauen sind bald seekrank. Das geht vorüber.
Erst, als wir in die Nähe der Vogelschutzinsel Cousin kommen, beruhigt sich das Meer. Bevor es auf die Insel geht, müssen wir aber noch zwanzig Minuten warten. Um Cousin von Ratten frei zu halten, dürfen hier keine Boote von außerhalb an Land fahren. Stattdessen bringt ein kleines Boot die Ausflügler portionsweise an den Strand. Und das dauert eben eine Weile. Zum Schutz der Vögel üben uns gerne in Geduld.
Als wir schließlich an der Reihe sind, merken wir, warum es auch keinen Steg braucht. der Fahrer düst einfach mit Vollgas auf die Insel zu und zieht erst im flachen Wasser die Schraube aus dem Wasser. Das Boot rutscht mit dem Schwung den halben Strand hinauf und wir trockenen Fußes aussteigen können. Danach packen acht, neun Männer zu, drehen das Boot um und schieben es zurück ins Meer.
Nach ein paar Verhaltensregeln und allgemeinen Hinweisen werden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Wir haben Glück, die vermeintlich lauteren Nationen werden in der anderen gesammelt. Los geht es! Das heißt, halt! Wir sind noch keine zehn Meter aus der offenen Infohütte heraus, da sehen wir schon die ersten Tiere. Es sind große Eidechsen, die sich auf dem Laub erst leicht übersehen lassen, sobald sie sich bewegen, uns aber fast auf Schritt und Tritt ins Auge fallen.
Leider sind die Echsen nicht das einzige, das uns auffällt. So entdecke ich ein einzelnes Noddi-Küken, das auf seinen wackligen Beinen zitternd im Laub steht. Als ich es unserem Führer zeige, bedauert er: »Bei dem Sturm letzte Nacht sind viele Küken aus dem Nest gefallen. Wenn es Glück hat, wird es am Boden weiter gefüttert.«
Die meisten Küken, die aus ihren wahrlich instabil gebauten Nestern gepurzelt sind und die wir überall entdecken, aber werden verhungern. Schlimmer noch als den Noddis erging es dem Nachwuchs der Feenseeschwalben. Die dummen Vögel benutzen lediglich eine Astgabel für die Brut. Schon ein kleiner Sturm reicht und das Ei liegt auf dem Boden. Manche Vogelarten scheinen es darauf anzulegen, auszusterben. Die armen!
Zugleich ist es gerade die Arbeit auf den Vogelschutzinseln wie Cousin oder Cousine, welche die Bestände der einzelnen Arten stärkt. So lernen wir auf dem Rundgang den Seychellendajal kennen. An sich fällt der überwiegend schwarze Vogel kaum auf. Und doch ist es ein Wunder, dass es ihn überhaupt noch gibt. Denn sobald Ratten oder Katzen auf einer Insel vorkommen, hat er verloren.
1960 gab es deshalb nur noch zehn Dajal-Paare auf der kleinen Insel Frégate und auch nur, weil die Insel zufällig frei von Ratten geblieben war und die eingeschleppten Katzen an einer Krankheit starben. Nachdem sich der Bestand zwischenzeitlich kurz erholt hatte, zählte die Art im Jahr 1990 wiederum nur 22 Exemplare. Durch die Arbeit von Birdlife Seychelles und der Royal Society for the Protection of Birds gibt es heute wieder mehr als 120 Paare.
Dass es auf Cousin Seychellen-Riesenschildkröten gibt, ist übrigens nicht nur für die entzückten Touristen ganz nett, sondern kommt auch dem Dajal ganz gelegen. Denn weil die schwerfälligen Tiere mit ihrem Panzer das herab gefallene Laub beiseite schieben, legen sie Spinnen, Insekten und Tausendfüßer frei, die Nahrung des Seychellendajals.
Als großen Erfolg der Arbeit auf Cousin nennt unser Führer, dass die Insel von Katzen und Ratten befreit werden konnte. Dadurch können auch die auffallenden Weißschwanz-Tropikvögel ihren Nachwuchs wieder relativ gefahrlos am Boden groß ziehen. Was mittlerweile so gut funktioniert, dass uns die Vögel ohne Scheu begegnen und wir bis auf wenige Meter zu ihnen gehen können. Ein Problem haben die Eltern jedoch: weil sie in den Gewässern um Cousin reichlich Nahrung finden, lassen sich die Jungen am Boden verwöhnen, ohne sich mit Sachen wie Fliegen lernen zu befassen. Erst, wenn sie von den Eltern auf Diät gesetzt werden, verlieren sie ihre Trägheit.
Zwei weitere Sicherheitsmaßnahmen auf der Vogelschutzinsel Cousin sind das absolute Rauchverbot sowie der Verzicht auf ein Strandrestaurant. Soll heißen: nach dem Rundgang auf der Vogelschutzinsel geht es zurück auf den Katamaran und weiter zum Barbecue nach Curieuse.