Die Gräfenburg Kelling ist eine Festung bei Câlnic im Kreis Alba. Sie entstand 1270 und ist damit eine der letzten Festungen dieser Art in Siebenburgen. Bauherr war der Adlige Chyl von Kelling. Als der Landstrich ins Königreich Ungarn aufging, verkaufte die Familie die Festung an die deutsch-siebenbürgisch-sächsische Gemeinde. Seit 1999 ist sie Teil des UNESCO-Weltkulturerbes der sieben »Dörfer mit Kirchenburgen in Siebenbürgen«.
Ausflug zur Gräfenburg Kelling in Calnic. Als eine der Wehrkirchen von Siebenbürgen gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Heute ist die sächsische Bauernburg ruhig in einer sagenhaft grünen Umgebung gelegen.
Beim Ausflug zur Gräfenburg Kelling setzen wir darauf, dass dort andere Öffnungszeiten als in den rumänischen Stadtmuseen gelten. Schließlich wollen wir mehr von der Kirchenburg sehen, als nur die Außenmauern. Doch zuallererst müssen wir zum Dorf Calnic finden. Bereits in Karlsburg stellt sich die Rückfahrt Richtung Hermannstadt als knifflig heraus, zumal wir erneut in einem unsäglichen Stau stehen. Wir glauben, Glück zu haben.
Unser Navi berechnet eine Route, die uns aus dem Chaos herauszuführen versucht. Leider jedoch muss der vorgeschlagene Autobahnzubringer erst noch gebaut werden. So endet die vermeintliche Stau-Umfahrung plötzlich vor dem Ende einer Baustelle. Wo gibt es denn so etwas? Normalerweise dauert es immer eine Weile, bis kürzlich fertiggestellte Straßen im Navi aktualisiert werden. Hier in Rumänien sind die geplanten Straßen schon eingegeben.
Im zweiten Anlauf finden wir aus Karlsburg heraus, nutzen kurz die A1 und fahren bald durch die herrlich grüne rumänische Landschaft bis zum Dorf Calnic, auf Deutsch Kelling. Die Gräfenburg Kelling ist leicht zu finden und scheint bislang kein Touristenmagnet zu sein. So empfängt uns vor Ort eine angenehme Ruhe. Durch den Torturm gelangen wir in den Innenhof der Kirchenburg.
Das Tor wirkt wie die Schwelle in eine andere, märchenhafte Welt. Im gepflegten Garten blühen rote Rosen und Geranien. Zahlreiche Lavendel-Sträucher stehen ebenfalls kurz vor der Blüte und werden bald ihren Duft verströmen. Über uns zwitschern Vögel und untermalen die friedliche und verträumte Stimmung in der Burg.
1269 wird Chyl von Kelling als Anerkennung seiner Tapferkeit auf dem Schlachtfeld in den Adelsstand erhoben. Der neue Graf ließ daraufhin die Burg mit drei Türmen und einem ovalen Mauerring samt Wassergraben erbauen. Die Gräfenburg sollte neuer Wohnsitz der frisch geadelten Familie werden.
1430 verlässt die Adelsfamilie die Burg Kelling wieder und verkauft diese an die benachbarte sächsische Gemeinde. Mit dem Wechsel verbunden beginnt die zweite Bauphase, welche der gesamten Anlage das typische Aussehen einer sächsischen Bauernburg bzw. einer Kirchenburg verleiht.
Wegen der häufigen Angriffe aus den osmanischen Gebieten galt es nämlich, aus der Gräfenburg eine Wehranlage zu errichten, die auch einer länger währenden Belagerung trotzt. Die Gemeinde errichtete eine zweite Ringmauer. Außerdem wurde der Wohnturm um zwei Etagen aufgestockt, um eine bessere Sicht über das Umland zu gewinnen. Die Erhöhung sicherte zugleich die Reichweite der Waffen über den zweiten Mauerring hinweg. Im Gegenzug konnte auf den Wassergraben verzichtet werden. Anstelle der Zugbrücke wurde der Torbau fortan mit einem Fallgatter gesichert.
Für den Belagerungsfall wurden an der Innenseite der Mauer Wohn- und Vorratskammern errichtet. Hier hat die Gemeinde gute Arbeit geleistet. Denn im Jahr 1658 fielen türkische Truppen in den Landstrich ein und verwüsteten das Dorf Kelling. Die Burg indes blieb standhaft und konnte nicht eingenommen werden. Danach hat zwar nicht alles die Zeit überdauert. Die Saalkirche aus dem 15. Jahrhundert können wir aber auch heute noch besichtigen. Bei unserem Besuch prangt ein Satz aus dem Matthäus-Evangelium in großen Lettern über der halbrunden Apsis: »Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.« Auch deutsche Gesangbücher sind vorhanden.
Während wir sanften Kirchenklängen lauschen, wird es draußen unruhig. Eine belgische Männergruppe hat ebenfalls den Weg nach Calnic gefunden. Wir sind also doch nicht die Einzigen. Tatsächlich hat die Gräfenburg Kelling durch die 1999 erfolgte Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbe der UNESCO an Bekanntheit gewonnen.
Mit der Anerkennung war zugleich die Sanierung der Burg gesichert Im ehemaligen Wohnturm ist heute ein nettes Museum eingerichtet, wo Geschirr, bestickte Tücher und Kleidung sowie traditionell bemalte Ostereier aus der Bukowina ausgestellt sind.
Was uns noch fehlt, ist der Ausblick über Kelling. Was sollen wir sagen? Kaum wenden wir uns dem Torturm zu, poltern die Belgier auch schon die alten Treppen hinunter. Damit ist der Weg frei, sodass auch wir die hölzernen Stufen hinaufsteigen können. Der Torturm der Gräfenburg Kelling dient bis dato als Glockenturm der evangelischen Kirchengemeinde. Die Glocken selbst sind mit deutschen Inschriften verziert. Bevor es zu Läuten beginnt, genießen wir die herrliche Aussicht über die Kirchenburg hinweg auf das Dorf Kelling und seine sagenhaft grüne Umgebung.