Grossau, auf Rumänisch Cristian, befindet sich etwa zehn Kilometer westlich von Hermannstadt und ist fast so märchenhaft wie die Gräfenburg. Auch hier gibt es eine Kirchenburg. Doch diese ist für uns zweitrangig. Uns locken die Störche nach Grossau.
Tierschützer prägen das Dorf Cristian
Grossau, auf Rumänisch Cristian, befindet sich etwa zehn Kilometer westlich von Hermannstadt und ist fast so märchenhaft wie die Gräfenburg. Auch hier gibt es eine Kirchenburg. Doch diese ist für uns zweitrangig. Uns locken die Störche nach Grossau.
Seitdem wir regelmäßig Ausflüge in das schöne Elsass unternehmen, haben wir das klappernde Vogelvieh richtig liebgewonnen. Allein dadurch versteht sich ein Abstecher zum rumänischen »Dorf der Störche« von selbst.
Eindrücke von Grossau, dem Dorf der Störche nahe Sibiu. Tierschützer prägen das alte Dorf Cristian, indem sie Nestvorrichtungen bauen und die Vögel hüten.
Wie wir in Rumänien bald erkennen, gehört in so ziemlich jedes Dorf wenigstens ein Storchennest. In der Regel ist dieses irgendwo nahe der Dorfkirche zu finden. Ganz ähnlich verhält es sich in Grossau. Kaum haben wir die Durchfahrtsstraße in Richtung der Kirchenburg verlassen, sehen wir auch schon das erste Nest auf einem Dach. Doch nun folgt ein Storchennest dem anderen. In der Strada IV ist beinahe jeder zweite Strommast von einer klappernden Storchenfamilie besetzt.
Der Verein NGO Prietenii berzelor, »Freunde der Störche« entstand im Jahr 2007 mit dem Wunsch, dem Weißstorch zu helfen. Sie kümmerten sich um kranke und verletzte Tiere, die oft Opfer von Stromschlägen, dem Autoverkehr oder auch von der Jagd wurden. Die Vogelfreunde zogen aber auch Jungstörche groß, deren Eltern eben durch diese Gefahren ihr Leben verloren hatten. Anfangs kamen die Tiere aus der näheren Umgebung Grossaus. Doch bald sprach sich die Fürsorge der Tierschützer für die Vögel herum. Inzwischen werden Störche aus allen Landesteilen Rumäniens nach Cristian gebracht, um dort rehabilitiert zu werden.
Um den Tieren eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, hat der Verein Nestaufsätze installiert. Den Störchen gefällt das. Sie haben die Vorrichtungen angenommen und emsig ihre Nester darauf errichtet. Die Störche, welche ihrem Reisetrieb in ihr Winterquartier nach Afrika folgen, kehren nun immer wieder zum Brüten nach Grossau bzw. Cristian zurück.
Der Verein beringt die Tiere, um sie später wieder erkennen zu können. Und weil die Tiere von der Straße aus nur schwer zu beobachten sind, ist am Turm der evangelischen Kirche eine Kamera installiert, welche ein Live-Video ins Internet überträgt.
Während die Population der Störche somit immer weiter zunimmt, wird die deutsche Dorfgemeinschaft zusehends kleiner. Im 18. Jahrhundert kamen die vertriebenen, protestantischen »Landler« aus dem Salzkammergut und Kärnten hierher. 1977 wurde mit über 2600 Siebenbürger Sachsen die höchste deutsche Bevölkerungszahl von Grossau ermittelt. Erst der Auswanderungsschock in den 1990er Jahren setzte dem Dorf mehr zu als die einstigen Tatarenüberfälle. Heute leben, wenn es hochkommt, nur noch um die 30 Einwohner mit deutschen Wurzeln im Ort. Ob die Besitzer des Ladens »Deutsche Lebensmittel« von Grossau zur Siedlergruppe gehören, wissen wir nicht. Der kleine Tante-Emma-Laden, den wir aufsuchen, verkauft uns bei der Hitze rumänisches Sprudelwasser, was aber auch ganz in Ordnung ist.