Gegen Mittag erreichen wir Medias im Kokeltal von Siebenbürgen. Wir sind mutig und fahren direkt ins historische Zentrum. Zu unserem Glück finden wir auch gleich einen Parkplatz mitten im Geschehen vor dem Hauptplatz Regele Ferdinand I. So haben wir nur einen kurzen Weg bis zur Kirchenburg des früheren Mediasch. Dennoch spazieren wir zuerst lieber über den weitläufigen Marktplatz.
Eindrücke von Medias, dem einstigen Schauplatz der Evangelischen Synode von Siebenbürgen. Heute wirkt Medias wie ein wunderschöner Kurort mit Park und Springbrunnen.
Mit einer gepflegten Grünanlage inklusive Springbrunnen bildet der Marktplatz das Herz der Stadt. Umschlossen wird das Ganze von restaurierten Fassaden sowie einer ganzen Reihe einladend wirkenden Restaurants. Medias wirkt wie ein wunderschöner Kurort, indem man sich auf Anhieb wohl fühlt und gerne auch längere Zeit verweilt.
Die Kirchenburg von Medias ragt stolz über die Dächer der Altstadt. Auffallend bunt ist das Dach des Trompeterturms. Auffallend schief hingegen ist der gesamte Turm. 1550 hat Medias das Stadtrecht erhalten. Ab dort durfte das Gericht Todesurteile aussprechen und zum Bedauern des Delinquenten auch vollstrecken. Als Symbol für den neuen Status erhöhte man den Turm um gleich drei Stockwerke und ergänzte ihn obendrein um vier kleine Ecktürmchen.
Alles in allem war das zu viel für die Statik. Unter der zusätzlichen Belastung gab das Fundament nach, sodass sich der Turm zu neigen begann. Gut 2,30 Meter ist dieser heute aus dem Lot geraten. Wahrscheinlich wäre er längst umgekippt, hätte man ihn nicht im 17. Jahrhundert mit Hilfe zweier Schwibbögen befestigt. Heute ist der schiefe Trompeterturm das Wahrzeichen von Medias.
Der Trompeterturm ist für Besucher geschlossen. Wahrscheinlich will man ihn vor weiteren Belastungen schonen. Aber eine Besichtigung der Margarethenkirche lohnt sich. Wir lassen uns nicht von der Schulklasse abschrecken, die mit uns eintrifft und deren Gequassel laut von den Wänden der hohen Kirchenburgumbauung hallt.
Denn in der Kirche bleibt es trotz der vielen Kinder andächtig ruhig, da auch sie gebannt den Erklärungen der Kirchenführer lauschen. Auch wir bekommen einige Geschichten mit und erfahren so, dass der spätgotische Flügelaltar zu den wertvollsten Kunstobjekten der Kirche und gar der siebenbürgischen Kunst im Lande gehört.
Wer genau die Passionsgeschichte auf die Flügel des Altars pinselte ist nicht überliefert. Doch im Hintergrund des Kreuzigungsbildes soll die Stadt Wien mit dem Stephansdom zu erkennen sein. Diese Darstellung ähnelt derer auf dem Altar des Wiener Schottenstifts, welche ebenfalls durch einen unbekannten Meister geschaffen wurde. Daher wird vermutet, das der »Meister von Mediasch« von einer Wiener Schule stammte.
Als weiteres Kuriosum gilt das Bild des Letzten Abendmahls. Etwa abseits hockt nämlich Martin Luther und beobachtet das Geschehen. Anders als Jesus und die Jünger besitzt er keinen Heiligenschein. Der Reformatorische Bildersturm erreichte auch diese Kirche, zumal Medias damals Schauplatz der Evangelischen Synode war. Nach der Reformation um 1550 ergänzte man das Altargemälde um das Luther-Detail, jedoch ohne es gleich zu zerstören. Die Kunst war ein Geschenk der eigenen Vorfahren, deren Kultur es zu erhalten galt.
Wer möchte, kann einige Zeit in der Margarethenkirche von Medias verbringen. Es wachen einige Führer über das Gotteshaus. Werden sie angesprochen, erzählen sie gerne und stolz von den Kirchenschätzen. So bestaunen wir noch die kunstvolle Kanzel, auf welcher der Erzengel Michael umringt von seiner Engelschar gegen das Böse in Form eines Drachens kämpft. Nach so viel Kunst und Geschichte wird es für uns dann aber Zeit für einen Kaffee. Wir verlassen die Kirche und kehren zum Hauptplatz zurück, wo wir uns in einem netten Restaurant eine kurze Mittagspause gönnen.