Die Bergkirche von Michelsberg ist ein nahezu unverändertes Zeugnis der Romanik in Siebenbürgen. Sie wird auf das Jahr 1223 datiert und befindet sich etwa zehn Kilometer vom Zentrum von Hermannstadt. Damit ist die kleine Basilika ein dankbares Zwischenziel unserer Anreise von Bukarest über den Vidraru See.
Ausflug nach Michelsberg, einem Dorf in Siebenbürgen. Auf einem kreisrunden Bergkegel im Ort steht eine der ältesten Kirchen von Transsylvanien.
Nach dem Frühstück fahren wir gleich weiter in Richtung Michelsberg bei Sibiu, dem früheren Hermannstadt. Einen Teil der Transfogarascher Hochstraße haben wir bis zum Vidraru See ja schon gut geschafft. Eigentlich könnten wir den direkten Weg über die Berge nehmen. Im Sommer wäre das kein Ding. Doch im Frühjahr muss man weiter im Norden mit Straßensperrungen rechnen.
Da in den Transsilvanischen Alpen außerdem noch Schnee liegt, könnte die Fahrt über das Hochgebirge ungemütlich werden. Besser, wir kehren um und fahren wieder südlich in Richtung Argisch. Ab dort nehmen wir die Verbindung zur E81, der wir bis Talmesch folgen. Weiter geht es über Sadu und Heltau bis Michelsberg. Diese Route ist nach den Kilometern etwas länger, zeitlich jedoch kürzer.
Als wir Michelsberg und das Dörflein Cisnadioara erreichen, ist es bereits um die Mittagszeit. Am Dorfplatz unterhalb des Burgbergs lädt der Minimarkt und Imbiss »La Cetate« zu einer Pause ein. Die Tische im Freien sind gut besucht. Auch die Einheimischen gönnen sich gerne einen Snack zur Mittagspause. Wir setzen uns zu einer Frau aus Michelsberg. Als wir unsere Gedanken über Siebenbürgen austauschen, muss sie lachen. Sie versteht jedes Wort, da sie eine der wenigen Siebenbürgen-Sachsen ist, die hier im Dorf geblieben sind.
95 Prozent der sächsischen Bevölkerung hat inzwischen Rumänien verlassen. Von der großen Auswanderungswelle blieb auch Michelsberg nicht verschont. Doch eine kleine Gemeinschaft kann sich bis heute behaupten. Die Frau selbst ist aber auch immer wieder in Deutschland. Sie arbeitet wochenweise als eine der Altenpflegerinnen, die für einen Hungerlohn 22 Stunden am Tag für die Alten bereitstehen müssen. Ob Auswandern die bessere Alternative ist? Sie ist glücklich hier und freut sich jedes mal auf ihr Zuhause, wenn sie die sechs Wochen hinter sich hat.
Doch wir sind ja eigentlich wegen der Kirchenburg da, welche über einen Treppenaufgang durch den schattigen Wald zu erreichen ist. Michelsberg war lange Zeit eine Klostergemeinde. Dorf und Basilika waren somit im Besitz der Hermannstädter Propstei. Das war natürlich zu Ungunsten der Michelsberger Bürger, die den Launen des Abtes ausgeliefert waren. Dazu gesellten sich Grenzstreitigkeiten mit dem Nachbarort Heltau, die ein friedliches Miteinander zusätzlich erschwerten.
Grund für die Auseinandersetzungen waren die immer wieder aufflammenden Streitigkeiten um die Kirche auf dem Michelsberg. Die Heltauer waren an deren Bau zwar nicht beteiligt, bekamen sie aber durch einen Gerichtsspruch zugeordnet. Sie stellten somit den Pfarrer und die Verwaltung zur Ausübung der Gottesdienste. Die Opfergaben der Kirchgänger und den Zehnten erhielt Heltau.
Auf der anderen Seite behielten die Michelsberger das Privileg, sich im Verteidigungsfall in die Burg zurückzuziehen. Es entwickelte sich der Brauch, dass jeder heiratswillige Mann in der Nacht vor seiner Hochzeit einen runden Stein den Berg hinaufrollen musste.
So konnte er seine Männlichkeit beweisen und hat nebenbei einen Beitrag für den Verteidigungsfall geleistet. Die Steine wurden auf der Befestigungsmauer gelagert. Rückten Feinde an, wurde die Munition einfach wieder vom Michelsberg herunter gestoßen.
Die Architektur der Kirche musste sich den landschaftlichen Gegebenheiten anpassen. Die Ost-West-Ausrichtung war aus religiösen Gründen vorgeschrieben. Aus Platzmangel musste das Kirchenschiff gekürzt werden, weshalb der Kirch- und Wehrturm seitlich an das Schiff anschließt. Der Innenraum selbst ist einfach gestaltet und so gut wie leergeräumt. Einzig die Wände im Altarraum sind mit Grabplatten verziert.
Sie erinnern an die Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg. Alle tragen sie deutsche Namen. Wir treffen einen Holländer, der hier in der Gegend wohnt und Fotos macht. Laut ihm weiß keiner so genau, wo diese Grabplatten herkommen. Da man jedoch nichts Besseres damit anzufangen wusste, hat man sie hierher in die Kirche gebracht.