Mit der Weiterreise zur Kirchenburg von Valea Viilor verlassen wir Hermannstadt. Nach knapp einer Stunde Fahrt in Richtung Norden erreichen wir bei Wurmloch die Kirchenburg. Sie ist ein weiterer Vertreter des UNESCO Weltkulturerbes auf unserer Rundreise durch Rumänien. Anders als bei der Gräfenburg Kelling ist dies schon bei der Ankunft deutlich zu erkennen.
Eindrücke von der Kirchenburg von Wurmloch, dem heutigen Valea Viilor. Aussicht vom Kirchturm mit dem deutschen Geläut und Hinweise zum sicheren Begehen des Turms
Vor den Wehrmauern steht ein gammliger Bus, der gerade eine größere Ladung an Touristen ausspuckt. Was tun? Sollen wir zuerst irgendwo einen Kaffee trinken gehen? Wir haben doch erst gefrühstückt. Nach kurzem Zögern schleichen wir uns an der Gruppe vorbei in die Burg. Kaum sind wir drinnen, hängt sich uns ein älterer Herrn an die Hacken. Auch er möchte so viel Burg wie möglich ohne Menschen fotografieren.
Schon vor der Reise hatten wir uns die »Transilvania-Card« besorgt. Für 55 Rumänische Leu, also umgerechnet knapp 12 Euro, ermöglicht sie uns freien Zutritt zu über 50 Kirchenburgen und ähnlichen Sehenswürdigkeiten. Die Eintrittspreise in Rumänien sind an sich recht günstig.
Doch beim Vorzeigen der Karte wird man meist direkt durchgewunken, was ganz angenehm ist. So sind wir schon wenige Augenblicke nach unserer Ankunft in der Kirche verschwunden, sodass wir diese noch vor der Gruppe in Ruhe auf uns wirken lassen können.
Im 14. Jahrhundert entstand die erste Steinkirche in Wurmloch. Durch die im späten Mittelalter vermehrten Türkeneinfälle waren jedoch auch die Einwohner von Valea Viilor gezwungen, eine wehrhafte Festung zu erstellen. So erhielt die Kirche ihr heutiges Aussehen ab dem Jahr 1500. Sie ist mit einem Sterngewölbe überdacht, sodass das Kirchenschiff eher einem Gotteshaus gleicht, als die Kirche der Gräfenburg Kelling. Dem zierlichen Kirchensaal mit dem Barockaltar ist kaum anzusehen, dass wir uns in einer Wehranlage befinden. Doch über dem Kirchenschiff wurde ein Wehrgeschoss errichtet, und auch die Eingänge sind wehrtechnisch verstärkt.
Mit anderthalb Meter dicken Mauern wurde der Chor zu einem Turm mit drei Wehrgeschossen erweitert. Zusammen mit dem offenen Wehrgang war es den Bewohnern schließlich möglich, die Umgebung von Wurmloch zu überwachen. Etwas abenteuerlich gestaltet sich für uns der Aufstieg auf den, mit einer Fachwerkbrüstung ausgestatteten Glockenturm.
Wie bei Kelling sind auch hier die Glocken mit deutschen Inschriften versehen. Vor dem Ersten Weltkrieg hingen im Turm von Valea Viilor drei größere Glocken und ein »Herrgottsglöcklein«. Die drei großen Glocken wurden im Krieg konfisziert und für die Rüstungsindustrie eingeschmolzen. 1926 wurde das alte Geläut durch drei neue Glocken ersetzt.
Von der oberen Plattform des Glockenturms eröffnet sich uns ein herrlicher Panoramablick über Valea Viilor und das wunderschöne Tal des Flusses Vorumloc. Die Landschaft ist so etwas von unglaublich grün. Auch wir wohnen in einer eher ländlich geprägten Gegend. Doch in Rumänien wirkt die Natur einfach viel grüner als bei uns im Naturpark Südschwarzwald. Auch gut vom Turm aus zu erkennen ist die siebenbürgische Wohnbauweise. Die Häuser stehen alle mit der Schmalseite geschlossen zur Straße.
Ein großes Tor öffnet sich zum Innenhof, der selten überdacht, doch meist üppig grün bewachsen ist. Es wirkt alles sauber und liebevoll gepflegt. Bei solch einer tollen Aussicht fragt man sich, wie der Ort zu einem so unpassenden Namen wie Wurmloch kommt? Doch das Wort stammt aus dem Mittelhochdeutschen und leitet sich von »Urm«, der Schlange und »Loh«, dem Wald ab. »Schlangenwald« klingt zwar immer noch seltsam, aber einiges schöner. Der rumänische Namen heißt übersetzt »Tal der Weinreben«. Damit wird es schließlich romantisch.
Ebenfalls vom Glockenturm aus lässt sich die ovale Ringmauer gut überblicken. Sie ist gut sechs bis sieben Meter hoch und innen von einem Wehrgang umgeben. Die hochgestellten Schießscharten ermöglichten schließlich eine effektive Verteidigung der Kirchenburg. Tatsächlich blieb dem Ort Vaela Viilor durch solch eine geballte Wehrhaftigkeit eine der prachtvollsten und mächtigsten Kirchenburgen erhalten.
Sie wurde von einfachen Dorfbewohnern nur des Überlebens willen erbaut. Das nahezu vollständig erhalten gebliebene Bauwerk zählt seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe.
Somit ist die Wehrkirche mitsamt dem daran angeschlossenen Trachtenmuseum für Besucher zugänglich. Obendrein ermöglicht es dem Laden nebenan ein kleines Zubrot.