Eigentlich wollten wir ja gleich im Anschluss an die Tour zum Erloschenen Vulkan von Mojo in die Alcantara-Schlucht. Weit auseinander liegen die beiden Ziele ja auch nicht. Vor Ort erfahren wir dann aber, dass der Zugang zur Schlucht heute geschlossen sei. Wir könnten jedoch eine Touren mit Begleitung buchen. Die Preise variieren und sind im Allgemeinen teuer. Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass die Tour nur durch einen mittelprächtigen botanischen Garten führt.
Die eigentliche Attraktion aber bleibt einem vorenthalten. Zum Glück hatte ich vor der Reise gelesen, dass es 300 Meter von dem großen Parkplatz entfernt (Richtung Francavilla) einen öffentlichen Zugang gibt, der keinen Eintritt kostet. »Ja, vor zehn Jahren vielleicht«, zweifelt Annette meinen Tipp an. Tatsächlich hindern uns aber lediglich ein paar Arbeiter und über dem Weg liegende Büsche an dem Besuch.
Doch am späten Nachmittag sind wir wieder bei der Gole dell’Alcantara. Nachdem das Auto sicher auf dem großen Parkplatz steht, verlassen wir denselben auch gleich wieder. Diesmal laufen die 300 Meter nach links und damit direkt zum zum öffentlichen Zugang.
Wir haben Glück. Die Arbeiter müssen zwar noch ein paar Sträucher beiseite räumen und sind nicht sonderlich begeistert über die Besucher, die jetzt schon zur Schlucht wollen, aber das ist uns genauso egal wie den anderen Leuten vor uns.
Was sollen wir sagen? Der Abstieg über die vielen Stufen lohnt sich. So können wir unten nahezu ungestört den Eingang der faszinierenden Alcantara Schlucht mit ihren bis zu 20 Meter hohen Felswänden bewundern. Weit über uns sehen wir andere, weniger glückliche Urlauber.
Sie haben brav Eintritt gezahlt und werden jetzt durch ein verriegeltes Gitter vom Abstieg abgehalten. In unseren Augen einfach unglaublich. Und doch erleben wir bei regnerischem Wetter und dem damit geringfügig höherem Risiko, dass nur diejenigen bis zur Gole dell’Alcantara kommen, die keinen Eintritt gezahlt haben.
An ein Bad ist bei kühlem Wetter natürlich nicht zu denken. Um die Ablagerungen bzw. die vielen Basaltstifte, die beim Abkühlen des Lavagesteins entstanden sind, zu besichtigen, braucht es das aber auch nicht. Zudem ist es wohl nur bei Nieselwetter und außerhalb der Hochsaison möglich, diese faszinierende Schlucht ohne Badegäste zu genießen und in sich aufzunehmen.
Ganz in den insgesamt 400 Meter langen Canyon hinein laufen zu können, wäre zwar sicherlich hübsch gewesen. Aber da das Wasser selbst im Sommer nie wärmer als 14 Grad wird und man nicht nur an den Füßen und Waden nass wird, hätten wir darauf wohl selbst bei niedrigerem Wasser und besserem Wetter verzichtet.
Nahe dem Bergdorf Francavilla, in Richtung Castiglione di Sicilia gibt es weitere eindrucksvolle Abschnitte der Alcantara. So wie wir eine markante Brücke unterhalb von Castiglione überquert haben, parken wir unseren Fiat auf etwas Ähnlichem wie einem Wanderparkplatz. Endlich beginnt unsere Alcantara-Wanderung! Wir verlassen den Parkplatz flussaufwärts, überqueren eine unscheinbare, kleine Betonbrücke und folgen vor dem ersten Grundstück einem Trampelpfad.
Schon auf diesem ersten Abschnitt können wir mehrere Basalteinschnitte im Flussbett sehen. Zugleich warnt uns die Wanderbeschreibung vor Wasserschlangen, die es sich bei Niedrigwasser in den kleinen Wasserlöchern gemütlich machen. Nach den Regenfällen der letzten Tage kann zwar keine Rede von Niedrigwasserstand sein, eine kleine Wasserschlange können wir aber dennoch entdecken.
Kurz vor einer Gasleitung bzw. dem Hinweisschild zur selben verlassen wir den Uferbereich und folgen einem Weg, der zwischen zwei Mauern durch Gärten und Obstplantagen verläuft. Er ist zwar stark verwachsen, aber doch gut zu erkennen.
Nach einigen Metern geht es nach rechts. Der Weg wird breiter, führt durch eine Gartensiedlung und wechselt schließlich in eine asphaltierte Straße. Hier verlassen wir den Weg und biegen nach rechts in Richtung Alcantara ab.
Noch bevor wir wieder am Fluss sind, kommen wir zu einer Wegkreuzung, an der ein mächtiger Eukalyptusbaum steht. Wer nach links schaut und sich ein wenig reckt, kann hier eine Kirche aus der byzantinischen Zeit entdecken. Also biegen wir nach links ab und gehen den Umweg zur Cuba San Domenica.
Immerhin zählt sie zu den besterhaltenen byzantinischen Kirchen Siziliens. Danach, nach wenigen Metern über einen mit Lavasteinen gepflasterten Weg, biegen wir aber wieder nach rechts ab und laufen bis ans Ufer der Alcantara.
Damit gelangen wir automatisch zur sogenannten Piccolo Gole, der Kleinen Schlucht, die der Fluss bis an die zehn Meter tief in das Basaltgestein eingeschnitten und dabei bizarre Formen geschaffen hat. Vor uns eröffnet sich damit ein Naturschauspiel, welches wir ganz alleine genießen können.
Denn im Gegensatz zur Großen Schlucht finden nur wenige Urlauber bis zu diesem sehr schönen Abschnitt der Alcantara. Für uns zumindest hat sich die Wanderung gelohnt. Dann aber geht es wieder zurück zum Auto und zu einem anderen Abschnitt der Alcantara.
Nachdem wir abermals durch Francavilla gefahren sind, suchen wir den Sentiero Le Gurne, den wir von der Ruine aus gut sehen konnten. Zu finden ist er hingegen nicht ganz einfach. Beim ersten Versuch unserer Wanderung, ein Stück nach Francavilla, biegen wir bei einer Obstplantage rechts von der Hauptstraße ab.
Fürchten wir beim Abbiegen, mit dem Unterboden aufzusetzen, halten wir ein paar hundert Meter weiter an einer Stelle, wo der asphaltierte Weg in eine deutlich engere und steilere Schotterpiste übergeht. Hier hoch zu fahren, wagen wir nicht. Schließlich haben wir keine Lust, die steilen Kurven wieder rückwärts hinunter zu eiern.
Beim zweiten Versuch überqueren wir die Alcantara, was nicht sein darf, und der dritte Versuch endet im Industriegebiet von Francavilla. Dort finden wir schließlich einen älteren Mann, der uns voraus fährt. Etwas später ist klar: der erste, grässliche Weg war der richtige. Und auch wenn wir den Fiat Panda die nach oben immer engeren Kurven ohne Kratzer hoch bekommen, so raten wir dringend davon ab,
den Wagen mit hoch zu nehmen. Die Türen zumindest lassen sich in zwei der Kurven nicht öffnen. Abgesehen davon, dass es gar nicht so gut zu sehen ist, wie viel Platz links und rechts bleibt, bevor man einen Grillplatz mit Parkmöglichkeit erreicht.
Vom Grillplatz aus sind es dafür nur wenige Meter, bis wir den Spazierweg entlang der Alcantara erreichen. Er verläuft mal direkt am Fluss, um dann wieder zur Kulturlandschaft mit Gärten und Obstplantagen zu wechseln. Tafeln geben Auskunft über die Umgebung, die Geologie und den Naturschutz. Interessanter aber ist, den Weg zu verlassen und dem Lauf einer alten Wasserrinne zu folgen.
Sie ermöglicht einem Einblicke in die Alcantara, die vielleicht nicht die spektakulärsten sind, die aber auch nicht jeder zu sehen bekommt. Dies gilt besonders für den hinteren Abschnitt der Rinne, zu dem nur kommt, wer vorher bereit ist, sich unter den überragenden Felsen (und den Spinnen) zu ducken. Ich glaub, die Sache mit den Spinnen hat Annette nicht gefallen...
Schließlich endet der Gang an einem Durchbruch. Über einen Haufen Kaktusfeigenblätter kommen wir wieder auf den Weg und gehen noch bis zu einem kleinen und sehr alten Wehr. Hier die Seite des Flusses zu wechseln, ist wohl machbar. Zum einen aber untersagt der Inhaber des Wehrs,
die Eisen- und Gitterbrücke zu überqueren, und zum anderen wecken die vielen rostigen Stellen auch nicht gerade unser Vertrauen. So also kehren wir um und laufen über den Lehrpfad zurück zum Grillplatz, bevor wir einen neuen Anlauf zur Gole D’Alcantara wagen.