Ausflug nach Noto Antica im Südosten von Sizilien. Unterhalb der ehemaligen Festungsstadt bildet die Cava Grande eine wildromantische Landschaft. Der Zugang dorthin ist nur bei gutem Wetter möglich. Ganz in der Nähe befindet sich die Stadt Noto, welche für ihren Barock bekannt ist.
Nach gut drei Stunden Fahrt ab Francavilla di Sicilia inklusive zweier Staus, von denen der eine überwiegend von dummen Dränglern verursacht wurde, kommen wir mittags mehr zufällig als gewollt nach Noto Antica. Denn eigentlich wollen wir ja zur Cava Grande.
Da wir aber bei Avola einen Hinweis übersehen haben müssen, kommen wir über Noto in ein benachbartes Tal der berühmten Schlucht. Und da wir längst die Schnauze voll haben von der Herumkurverei, sind wir doch froh, Richtung Noto Antica in eine landschaftlich hübsche Gegend zu kommen.
Was wir vor der Fahrt dorthin nicht wissen: Die alte Burganlage ist ein beliebter Ausflugsort. So kommen wir nahe der Burgruine an einigen Grillplätzen vorbei, die neben der gemauerten Feuerstelle sogar mit kleinen Anrichten und fließend Wasser ausgestattet sind. Zuvor aber erkunden wir die Reste des Kastells.
Vom kleinen Parkplatz vor der Burgmauer sind es wenige Schritte bis zu einem Torbogen, durch den wir in die Festung gelangen. Hier führt der Weg entlang einer zweiten starken Mauer. Damit befinden wir uns auch schon auf einem der Spazierwege durch die Anlage und ihr Umland. Bald verlassen wir den Schotterweg und steigen über einen Weidezaun. Ob er Schafe oder die Kinder schützen soll, die hier herumtollen, wissen wir nicht. Dafür aber sehen wir, dass man auf der anderen Seite vorsichtig sein sollte. Denn stellenweise verläuft der Trampelpfad direkt am Rand einer tiefen Schlucht. Da der Pfad außerdem recht unbequem zu laufen und nicht allzu lang ist, kehren wir nach ein paar Blicken hinab in die Schlucht zurück zum Parkplatz.
Als wir vom Parkplatz aus in die andere Richtung laufen, kommen wir zu den Grillplätzen. Da sie fast ausschließlich von jungen Familien und Gruppen in Anspruch genommen werden, wirkt alles sehr freundlich. Interessanter ist jedoch die Vegetation. So stolpern wir beinahe über verschiedene Orchideen wie dem Italienischen Knabenkraut und die Orchis papilionacea grandiflora, die zu den schmetterlingsblütigen Orchideen zählt.
Am hinteren Ende der Grillmeile steigen wir auf eine Mauer. Das heißt, eigentlich ist es eher eine natürliche Felskante, welche das Gelände überragt, bevor es auf der anderen Seite abermals steil bergab geht. Im Gegensatz zu der Cava Grande findet diese Schlucht nur wenig Beachtung bei den Urlaubern. Auch können wir nicht erkennen, ob es möglich ist, in die Schlucht hinabzusteigen. Ist man aber schon mal in dieser Gegend, lohnt sich ein Abstecher allemal. Auch deshalb, weil es hier angenehm ruhig ist und die Felsen geradezu zu einer Pause einladen. Das nehmen wir gerne an, ohne zu wissen, dass wir hier oben die schönsten Augenblicke des letzten Tages erleben.
Eigentlich hatten wir ja vor, in die Cava Grande hinabzusteigen und unten ein kleines Stück durch die faszinierende Schlucht zu laufen. Vor Ort aber werden wir eines Besseren belehrt. Denn weil es die letzten Tage regnerisch war und die Verantwortlichen Angst haben, dass weitere Wolkenbrüche über Sizilien nieder gehen, haben sie die Schlucht kurzerhand gesperrt. Damit auch keiner auf die Idee kommt, die Absperrung einfach zu umgehen, wird das Kassenhäusle von zwei Männern bewacht.
Wie wir gucken auch die anderen Wanderlustigen ungläubig auf den versperrten Zugang, zumal es nach den heftigen Unwettern der letzten Nacht heute gar nicht mehr so schlecht aussieht. Um nicht zu sagen: Hallo Leute, die Sonne scheint, am Himmel sind nur ganz vereinzelt Wolken zu sehen und außerdem haben wir ehe nur Zeit für einen ungefährlichen Spaziergang. So aber müssen wir dem Beispiel der anderen folgen und uns nach der langen Fahrt mit dem Blick vom Rand der Schlucht in die Cava Grande begnügen.
Ist die Schlucht gesperrt, hat übrigens ein Wirtschaftsweg Hochkonjunktur. So lassen auch wir es uns nicht nehmen, zumindest oberhalb der Schlucht zu spazieren und an mehreren Stellen in die Cava Grande zu schauen bzw. uns an den Orchideen zu erfreuen, die hier überall wild wachsen.
Es ist zwar nicht das, was wir uns vorgestellt hatten, aber doch besser als gar nichts. Und vielleicht kommen wir ja noch mal bei besserem Wetter in diese Gegend. Denn an sich ist Sizilien eine sehr hübsche Insel, zu der wir gerne eine zweite Reise unternehmen werden.
Noto zählt mit seinen Barockpalästen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Osten von Sizilien. Spätestens seitdem die UNESCO das auf einem Reißbrett als barocke Idealstadt mit schnurgeraden Straßen geplante 2003 auf die Liste des Welterbes gesetzt hat, ist das so.
Vor Ort drängt sich mir allerdings die Frage auf, ob das die Urlauber oder sonst jemanden groß interessiert. Denn nachdem wir Noto bei der Suche nach der Cava Grande links liegen ließen, kann es uns bei unserem kurzen Stopp am Nachmittag nicht vom Hocker reißen.
Mag sein, dass wir einfach nur Kulturbanausen sind. Aber nachdem wir unseren Fiat in der langen und schnurgeraden Corso Vittorio Emanuele II. abgestellt haben, finden wir bei unserem Besuch nicht mehr vor als eine Stadt, die vielleicht mal eine der schönsten Orte auf Sizilien war. Ein barockes Gebäude steht neben dem nächsten. Es scheint, als habe sich ab Mitte des 17. Jahrhunderts ein Großteil des italienischen Adels nach Noto zurückgezogen, um sich mit ihren Bauten gegenseitig zu übertrumpfen. Grund für den Bauboom war ein Erdbeben, welches das antike Noto weitgehend zerstört hatte.
Leider aber nagen der Zahn der Zeit und der Dreck des Verkehrs arg an dem weichen Sandstein, sodass in Noto nahezu alle Gebäude restauriert werden müssen. Abgesehen von denen, welche die Prozedur bereits hinter sich haben. Als Folge bietet sich uns ein tristes Bild einer Stadt, die sich weit unter ihrem Wert darstellt.
So gibt es zwar drei Plätze, die hübsch hergerichtet wurden, aber keine ansprechende Gastronomie, die zu einem längeren Aufenthalt einlädt. Wir sehen nur billig wirkende Herbergen, aber keine Souvenirläden, keine Künstler, die Bilder ausstellen oder Besucher porträtieren. Damit gibt es in Noto reichlich: Entwicklungspotenzial, das in den nächsten Jahren hoffentlich ausgeschöpft wird.