Die Stadt Kranj ist ein wahres Kleinod. Es ist einer der charmantesten Orte in Slowenien. Die Stadtmauer, ein Schloss und alte Bürgerhäuser prägen das traditionelle Stadtbild. Freilichtbühnen für Konzerte, Galerien und hübsche Künstlercafés fördern das kulturelle und gesellschaftliche Geschehen. Kranj gilt als Hauptstadt der slowenischen Alpen.
Die Altstadt erstreckt sich über eine Landzunge am Zusammenfluss der Sava mit der Kokra. Durch den Sitz einer betriebswirtschaftlichen Fakultät ist Kranj außerdem eine Universitätsstadt. Und mit der heimischen Industrie bildet sie das wirtschaftliche Zentrum der Region Gorenjska (Oberkrain). Vor allem aber ist Kranj eine besucherfreundliche Stadt mit einer Fülle an Sehenswürdigkeiten.
Für Besucher, die ohne Auto anreisen, ist Kranj oder auch Krainburg ein perfekter Ausgangspunkt für Unternehmungen in der Oberkrain. Der Letališče Brnik, der wichtigste Flughafen Sloweniens, liegt nämlich näher an Kranj als an der Hauptstadt Ljubljana. Wir reisen jedoch mit dem Auto an. Für uns gilt: ein Großteil der Altstadt ist für den Autoverkehr gesperrt.
Doch wir finden einen Parkplatz am Ende der Slovenski trg. Hier beginnt die Fußgängerzone der nördlichen Altstadt mit der Touristinfo von Kranj. Dort wartet Joži Kostanjevec auf uns, eine Stadtführerin, die uns in die unterirdischen Geheimnisse der von Krainburg führt. Denn unser erstes Ziel sind die Tunnel unter der historischen Altstadt.
Noch vor dem Abstieg in den Untergrund führt uns Joži zum Layerhaus. Hier lebte einst der Maler Leopold Layer. Seine Gemälde schmückten fast jedes Bürgerhaus in Kranj. Heute ist sein Haus ein Treffpunkt für das kulturelle und gesellschaftliche Geschehen. Im Garten befindet sich ein idyllisches Café mit Blick auf den Škrlovec-Turm.
Dieser war in die Stadtmauer integriert und besaß die Funktion einer Waffenkammer. Seit seiner Restaurierung dient er als Veranstaltungsort für kulturelle Events und als Galerie. Er ist somit Teil des dynamischen Kulturviertels, welches rund um das Layerhaus immer weiter wächst.
Eine Treppe, vorbei am Škrlovec-Turm, führt hinab an die Ljubljanska cesta. Der Eingang in die Felswand hat die Betonoptik eines typischen Bunkers aus den Weltkriegen. Eine starke Gittertür stellt sicher, dass hier nur reinkommt, wer eine Führung gebucht hat. Bei unserer Ankunft brennt bereits Licht im Tunnel.
Eine Familie ist kurz vor uns in die düsteren Gewölbe eingedrungen. Gut 1300 Meter an Tunneln befinden sich unter der Altstadt von Kranj. Während des Zweiten Weltkriegs wurden sie als Bunker für die Stadtbevölkerung gebaut.
Gut die Hälfte des Tunnelsystems ist für Besucher zugänglich. Über uns befinden sich die Altstadthäuser, unter denen wir nun hindurchlaufen. Immer wieder zweigen neben den Röhren Gänge in verschiedene Schutzräume ab. Der graue Tunnel wirkt mit seinem bröckelnden Beton beängstigend und zieht sich in die Länge. Wo früher Menschen Schutz vor den Bomben suchten, finden heute gesellschaftliche Ereignisse und Veranstaltungen statt.
Ende Oktober verwandeln beleuchtete Kürbisfratzen die Tunnel in eine zauberhafte Halloween-Welt. Kinder laufen dann mit Laternen hindurch. Nach ihnen dürfen sich die Erwachsenen zu später Stunde in den Korridoren des Schreckens gruseln. Im November überrascht eine Weinstraße die Besucher. Dann werden Sloweniens beste Weine verkostet. Dazu gibt es Delikatessen der slowenischen Küche.
Weite Teile des Tunnels werden jedoch bis dato als Zeitzeugen verwahrt. Wo der Beton fehlt, ist der Konglomerat-Felsen zu sehen, in welchem die Tunnel gegraben sind. Durch eindringendes Wasser bilden sich Tropfsteine, in kalten Wintern erhalten diese Gesellschaft von unzähligen Eiszapfen. Es gibt eine Ausstellung von Fossilien und Mineralien. Besonders eindrucksvoll ist der rekonstruierte Schutzbunker. An den Wänden hängen Proklamationen, mit denen die Oberkrainer zum Dienst an der Waffe gerufen wurden. Andere verbieten das Anlegen von Blumengärten.
Während des Krieges mussten darauf Kartoffeln und Bohnen gezogen werden. Beängstigend waren sicherlich für jeden die Luftangriffe. Eine Simulation verdeutlicht, bei welchem Grollen, Donnern und Beben die Menschen hier ausharrten. Nach dieser unheimlichen Erfahrung erlöschen plötzlich sämtliche Lichter. Gehört das noch zur Simulation? Nein, der Guide vor uns hat die Röhren verlassen und uns dabei vergessen. Während wir im Dunkeln stehen, sucht Joži im Schein ihrer Taschenlampe den nächsten Sicherungskasten.
Wie beim Bastionstunnel von Tallinn ist die Untergrund-Tour sehr kurzweilig. Es gibt mehrere Ausgänge, die über Treppen mit der Altstadt verbunden sind. So kommen wir an einer ganz anderen Stelle der Landzunge von Kranj wieder heraus. Durch ein Waldstück nehmen wir die Treppen hoch zur Pestkirche im Pungert. Die Fassade ist mit einem riesigen Fresko versehen, auf dem der Heilige Christophorus den kleinen Jesus über einen Fluss trägt.
Er gilt als Schutzheiliger der Reisenden. Wenige Schritte weiter befindet sich eine gläserne Aussichtsplattform an der alten Stadtmauer, hoch über der Kokra. Mit ihrer Rundung symbolisiert sie einen ehemaligen Wachturm, der zusammen mit einem brüchigen Felsen in die Tiefe gestürzt ist.
Ein weiterer Wehrturm des Pungerts ist samt seinem hübschen Spitzdach erhalten geblieben. Hier war einst der Kerker. Später richteten die Bürger hier Wohnungen ein. Heute befindet sich ein nettes Café darin. Natürlich ist dies ein beliebter Veranstaltungsort für Jazzkonzerte.
Es ist unglaublich, wie viel die Stadt Kranj seinen Bewohnern an Kultur bietet. Der Pungert ist zugleich Fundort der ältesten Holzhütten der Region. Beim Parkplatz hinter der Pestkirche zeigen metallene Rahmen im Pflaster, wo die kleinen Häuschen standen.
Auf dem Weg zum großen Marktplatz von Kranj kommen wir an der Rosenkranzkirche vorbei. Der Architekt Jože Plečnik ließ vor der Kirche einen monumentalen Eingang in die Stadt bauen. Mit auffallenden Arkaden und einem Brunnen, der von einem Hahn gespeist wird, gibt dieser einen gelungen Platz her. Apropos speisen, Joži hat uns eine Mittagspause mit traumhafter Aussicht versprochen.
Über den langgezogenen Marktplatz laufen wir quer durch die Altstadt zum Gebäude des Alten Postamtes. Mit dem Lift geht es hoch zu einer wunderschönen Dachterrasse. Der Platz bietet einen herrlichen Blick über die Altstadthäuser bis hin zu den Bergen. Im Café wird offensichtlich, dass Kranj eine Universitätsstadt ist. Während wir Milchkaffee trinken, gönnen sich die Studenten hier oben eine Limonade oder auch einen Aperol Spritz.
Den Nachmittag widmen wir den schönen Bürgerhäusern von Kranj. Und davon gibt es in der Stadt einige. Wir beginnen mit dem Prešeren-Haus. Der größte slowenische Dichter lebte Mitte des 19. Jahrhunderts in Kranj. In seinem Haus stehen noch die Originalmöbel.
Im Pavšlarhaus ist heute die Galerie der Prešeren-Preisträger untergebracht. Das Bürgerhaus am Hauptplatz besitzt einen malerischen Innenhof mit schönen Arkaden. Die erotische Kunst des Mirko Bratuša erinnert uns ein wenig an den Penispark in Südkorea.
Am Hauptplatz, gegenüber dem Pavšlarhaus, steht das alte Rathaus mit seinem kleinen, aber auffallenden Uhrturm. 1921 wurde es mit dem angrenzenden Renaissance-Schlösschen zu einem Ensemble verbunden. Dies ermöglichte, das Parterre zu einer sehenswerten Säulenhalle auszubauen. Bei Arbeiten am Fundament fand man im Erdreich altslawische Grabstellen. Die Knochen wurden im Originalzustand an den Stellen belassen und mit einer schützenden Glasscheibe abgedeckt.
Als Nächstes lernen wir den Bildhauer Lojze Dolinar kennen. Der Künstler hat der Stadt Kranj einen Großteil seiner Grafiken und Plastiken geschenkt. Heute ist ihm in den Hallen des Rathauses mit der dauerhaften Ausstellung ein ehrenwertes Denkmal gesetzt. Auch wenn das alte Rathaus hauptsächlich als Museum dient, können sich Paare im Hochzeitszimmer noch immer das Ja-Wort geben.
Nach dem Hauptplatz steht das Schloss Khislstein auf unserem Programm. Auf dem Weg dorthin machen wir einen Abstecher zum Janez Puhar Kabinett in der Tomšičeva ulica. Janez Puhar war ein begeistertet Fotograf. Er erfand einen ungewöhnlichen Prozess für die Herstellung von Fotografien auf Glas. Sein Kabinett ist zu einem Museum umgebaut.
Vor Ort sehen wir einige Flaschen mit den Chemikalien, die der Fotograf für seine Arbeit benötigte. Wer will, kann sich hier in historischem Gewand ablichten und das Foto auf Glas verewigen lassen. Zum Glück ist die Arbeit heute weniger intensiv an Schadstoffen. Denn genau daran erkrankte der Künstler, sodass er bereits mit 49 Jahren starb.
Als letzten Punkt des Stadtrundgangs bringt uns Joži zum Schloss Khislstein. Der Name stammt von der Familie Khisl, die das Schloss im 16. Jahrhundert erwarb. Zuvor wechselten sich bereits einige Adelsfamilien als Besitzer ab. In den Gemäuern verwalteten Minister und wohnten Ritter. Heute widmet sich das Schloss Khislstein der Kultur, dem Wissen und dem Vergnügen.
Das Gorenjska-Museum beherbergt die wichtigsten archäologischen und ethnologischen Sammlungen. Es zeigt Kunst und Kultur aus alter und neuer Zeit. Stolz ist das Museum auf eine Rekonstruktion einer besonderen Lamellenrüstung. Bei Ausgrabungen fand man die Reste einer solchen Rüstung, die eine starke Panzerung besaß und dennoch leichte Bewegung ermöglichte.
Krainburg bzw. Kranj hat unglaublich viel zu bieten. Joži hat uns jede Menge gezeigt. Sie hat uns in Bürgerhäuser geführt, welche wir alleine wohl nicht betreten hätten. Schon die Tunnel unter der Altstadt sind die gebuchte Stadtbesichtigung wert. Gerne hätten wir eines der vielen Freilichtkonzerte besucht. Doch auch in Slowenien wurde im Jahr unserer Reise das kulturelle Leben bis auf ein Minimum heruntergefahren.
Was wir uns jedoch gönnen, ist ein leckeres Essen im Gasthaus Stari Mayr. Das Haus hat eine gut-bürgerliche slowenische Küche. Zum Linhard Hotel in Radovljica bildet das Stari Mayr mit seinen modernen Zimmern eine schöne Alternative. Den Blick über den Hauptplatz gibt es dazu. Wir zumindest hätten uns auch hier wohlgefühlt.