Von Kandy aus starten wir um etwa 9.30 Uhr zu den Teeplantagen Sri Lankas. Schon eine Stunde später entdecken wir die ersten Teebüsche rechts der Straße, bevor wir um 10.45 Uhr bei einer Gruppe Teepflückerinnen halten. Ob die echt sind?
Schwer zu sagen, denn Körbe sind keine zu sehen. Auch stellen sie sich nur zu bereit direkt an die Straße, jede mit zwei kleinen Teezweigen in der Hand, um sich gegen ein kleines Trinkgeld fotografieren zu lassen.
Echt oder unecht, nach unserer ersten Plantagenfahrt ist mir dies egal. Also die Mädels zurück zu den Büschen gescheucht und schnell ein paar Bilder aufgenommen. Kaum sind diese gemacht, umringen sie mich. 100 Rupie will eine jede. Im Dezember noch haben sie für eine Lohnerhöhung von 200 auf 300 Rupie pro Tag gestreikt.
Letztendlich geben sie sich mit je 20 Rupie zufrieden, bevor sie versuchen, einen Teil ihres ausländischen Trinkgelds (Dollar, Euro) einzutauschen. Hier heißt es aufpassen und das Portemonnaie zuhalten. Schließlich sind die Teepflückerinnen für ihre flinken Hände bekannt - und man muss sie nicht unnötig in Versuchung bringen.
Schließlich aber lassen sie von mir ab (wozu hat man seine Eltern dabei?), sodass Annette und ich noch einen kurzen Spaziergang durch die Plantage unternehmen können. Die Landschaft ist hier einfach nur traumhaft. Die vielen Teebüsche verleihen dem Bergland einen sanften Charakter.
Dazwischen ragen hohe Bäume mit zumeist weiter Krone in den Himmel. Sie sollen die jungen Teeblätter vor zu viel Sonne und starken Wind schützen. Mitten im Weg plätschert ein kleiner Bach ins Tal und etwas weiter oberhalb der Plantage entdecken wir einen der vielen Wasserfälle.
Wie ein Flickenteppich reihen sich die Teepflückerinnen an den Hängen rund um die Teefabrik von Mackwoods auf. Körbe tragen nur die wenigstens. Stattdessen binden sich die Frauen einen Plastiksack an der Stirn, den es so schnell wie möglich zu füllen gilt.
Schließlich ist das Pflücken Akkordarbeit. Die Büsche selber wachsen in dem milden Klima des Hochlands schnell, sodass alle fünf bis sechs Tage vom selben Busch geerntet werden kann.
Bevor wir uns die Fabrik ansehen, heißt es: Tea-Time auf der kleinen Terrasse von Mackwoods. Hier, auf rund 2000 Meter Höhe, lässt es sich aushalten,
genießen wir die Ruhe und den hier oben natürlich exzellent zubereiteten Broken Orange Pekoe (BOP). Sprich: die feinste Teesorte, für die nur die jüngsten, obersten Blätter der Büsche genommen werden.
In der Fabrik erklärt uns eine Mitarbeiterin, dass beim Tee nur die oberen drei Blätter gepflückt werden. Die älteren hätten eine zu schlechte Qualität. Nach dem Wiegen werden die Blätter in der obersten Etage der Fabrik auf großen Tischen ausgebreitet und 10 bis 14 Stunden lang gewelkt.
»Dadurch bekommen die Blätter einen weichen, gummiartigen Zustand und eignen sich für den Schritt der Produktion, das Rollen«, so die Mitarbeiterin. Beim Rollen werden die Blätter zwischen rotierenden Metallplatten zerrieben. Der Vorteil: sie werden ergiebiger und ziehen schneller als ungebrochener Tee.
Seine typische Färbung erhält der Schwarztee durch das Fermentieren. Dies ist zugleich der kniffligste Produktionsschritt. Denn durch den Kontakt mit Sauerstoff oxidiert der Zellsaft in den Blättern und werden sämtliche Wirkstoffe aktiviert. Damit der Tee gelingt, muss dieser Prozess im genau richtigen Moment gestoppt werden. Anschließend wird der fermentierte Tee getrocknet, nach verschiedenen Größen gesiebt und für den Export abgepackt sowie - in kleineren Mengen - zu günstigen Preisen im kleinen Fabrikverkauf angeboten.
Bei der Weiterfahrt nach Nuwara Eliya kommen wir an einigen weiteren Teeplantagen vorbei und treffen auch immer wieder echte Teepflückerinnen.
Als Biankara für einen Fotostopp hält, blicken sie kurz auf, lassen sich aber nicht weiter stören und kommen auch nicht mit ein paar Zweigen in der Hand angerannt, sondern arbeiten einfach weiter.
Im kolonialen Örtchen Nuwara Eliya (neben einem englischen Uhrturm gibt es hier zum Beispiel eine Pferderennbahn) verschwindet Saman kurz in einer Bäckerei. Als er wiederkommt, verteilt er mehrere, verschiedene Gebäckarten. Schmeckt das erste noch angenehm süß, treiben mir die Malu Paan, mit Fisch oder Fleischbällchen gefüllte Brötchen, sehr bald die Tränen in die Augen.
Aber egal, was heimisch ist, isst der Tourist. Während Hans-Werner nur einen kleinen Bissen herunter bekommt, leide ich die nächste Viertelstunde unter Schluckauf. Annette und Marlis vertragen die scharfe Zwischenmahlzeit zwar besser, sind aber auch froh, dass wir noch ein paar Zuckerbananen im Bus haben, welche die Schleimhäute ein wenig beruhigen.
Bei unserer ersten Fahrt durch das Hochland von Sri Lanka kommen wir in eines der wohl bedeutendsten Teeanbaugebiete der Welt. Kilometerweit reihen sich links und rechts der Straße unzählige Teesträucher aneinander. Dazwischen wuseln gelegentlich tamilische Frauen, die mit ihren flinken Fingern an den Büschen zupfen. Wir kommen an einer Sammelstation vorbei, an der die großen Körbe ausgeleert, ihr Inhalt gewogen und in Säcke auf Laster geladen wird.
Immer wieder weisen Schilder mit Namen wie Glenloch, Edinburgh und Somerset auf die britischen Gründer der Plantagen hin. Im 19. Jahrhundert waren sie es, die den Tee von China ins damalige Ceylon brachten. Nicht aber die Engländer waren es, welche dem Anbau zum Durchbruch auf der Insel verhalfen, sondern ein Schotte legte 1849 die erste Teeplantage im zentralen Hochland an. Seitdem hat sich der weltberühmte Ceylon-Tee zum Hauptexportartikel Sri Lankas entwickelt. Dabei gilt heute wie damals: je höher das Anbaugebiet, desto feiner die Qualität.
Entsprechend werden die verschiedenen Anbaugebiete nach ihrer Höhenlage in Tiefland-Tee (bis 610 m), Midland (610 bis 1220 m) und den begehrten Hochland-Tee (über 1220 m) eingestuft. Aber nicht nur die Höhenlage, sondern auch die Art des Pflückens bestimmen die Qualität des Tees: die obersten zwei Blätter mit der Knospe, das sogenannte »Broken Orange Pekoe«, ergeben die beste Qualität.
Das Teepflücken selbst gilt allerdings als eine niedere Arbeit, die schlecht bezahlt wird. Dabei pflückt eine Arbeiterin bis zu sechzehn Kilogramm Blätter am Tag, was für etwa vier Kilo Tee reicht. Oder mit anderen Worten: knapp zum Überleben.
In einer Höhe von bis zu 2300 m über dem Meer erstrecken sich bei Labukele (oder englisch: Labookellie) die Plantagen von Mackwoods. Das relativ kühle Klima und die starke Sonneneinstrahlung lassen hier die Teebüsche nur sehr langsam, aber konstant wachsen und bringen somit eine der besten Teesorten überhaupt hervor.
Auf der Fahrt zur Teefabrik von Mackwoods fallen uns viele Bäume auf, die einzeln stehend aus den Plantagen herausragen. Diese wurden nicht etwa aus Liebe zur Natur gepflanzt, sondern dienen in erster Linie als Schutz vor den teils heftigen Bergwinden. Aber auch die Bodenerosion versuchen die Singhalesen so entgegenzuwirken.
Die Teefabrik von Mackwoods gehört zu denen, die trotz Angst vor Werksspionage auch heute noch besichtigt werden kann. Fotografieren ist jedoch in weiten Teilen der Anlage verboten, nachdem US-Amerikaner ein paar Blätter auf dem Boden fotografiert haben und der Fabrik anschließend in einer Fernsehsendung unhygienische Verarbeitungsweisen vorgeworfen wurden.
In den oberen Räumen der Fabrik befinden sich große, leicht verdunkelte Fenster, die damals zur Trocknung der Blätter geöffnet wurden.
Weil diese halbwegs natürliche Trocknung allerdings recht zeitaufwendig ist, werden die Blätter heute mit Hilfe von riesigen Ventilatoren zehn bis vierzehn Stunden lang gewelkt. Damit könnte man heute ungefähr zwei bis vier mal so Tee welken wie ohne Ventilatoren. Da sich die Größe des Hochlandes aber leider nicht dem maschinellen Fortschritt angepasst hat, hat sich statt dessen die Zahl der Teefabriken entsprechend verringert.
Nach der Trocknung werden die Teeblätter schließlich auf langen Tischen fermentiert. Beim Fermentieren wird die Gerbsäure in den Blättern oxidiert. Dabei wechselt die grüne Farbe der Blätter zunächst ins kupferfarbene, bevor die Blattkrümel dunkel werden.
In der Fabrik erfahren wir, dass eine Fermentierung der Blätter nicht nötig wäre, um einen guten Tee zu bekommen. Der Grüne Tee, also der nicht fermentierte, kann im Gegensatz zum Schwarztee jedoch mehrmals aufgebrüht werden - und das war schon zu Kolonialzeiten gar nicht im Sinne der Plantagenbesitzer.
Nach einer guten Stunde des Gärens - den richtigen Zeitpunkt bestimmen die Fachleute in der Fabrik mit ihrem feinen Näschen - wird der Tee in großen Sieben gereinigt, nach Blattgrößen sortiert und anschließend in Leichtholzkisten verpackt. Nach diesem letzten Verarbeitungsschritt wird bei Mackwoods wenigstens einer jeder Reisegruppe gebeten, sich im Gästebuch einzutragen.
Den Teefabriken angeschlossen ist natürlich auch immer eine Teestube mit anschließendem Verkauf. Anders als bei anderen (überteuerten) Fabrikverkäufen, bei denen in erster Linie der Reiseveranstalter einen Reibach macht, bietet der Direktverkauf von Mackwoods hochwertige Teesorten zu nahezu lächerlichen Preisen. So haben wir für grade mal 12 Euro zehn Packungen »Broken Orange Pekoe« á 200 g erstanden und damit nicht nur jede Menge Mitbringsel für unsere Daheimgebliebenen bekommen, sondern außerdem uns selbst für einige Zeit mit bestem Tee eingedeckt.
Aber auch wer das feine Aroma des Hochland-Tees nicht zu schätzen weiß, erschließt sich zumindest von der Terrasse der Mackwoods-Teestube ein wunderschöner Ausblick über die angrenzenden Berghänge mit den unzähligen Teebüschen.
Schade an der Fahrt jedoch war, dass Sunil, unser Reiseleiter, erst blindlings durch die Plantagen fuhr, um dann wenige Meter vor der Fabrik lapidar zu bemerken, »leider sind heute keine Teepflückerinnen zu sehen.« Bei der Weiterfahrt fiel ihm dann plötzlich ein, dass die Frauen gerade in der Mittagspause waren. Einen Stopp bei wenigen, von der Arbeit kommenden Teepflückerinnen legte er dann auch nur unwillig ein. Genauso, wie er am liebsten bei einer Sammelstation vorbeigefahren wäre, an der wir dann doch noch zu ein paar Aufnahmen kamen.
Seit nunmehr 150 Jahren duften die hocharomatischen Sorten des schwarzen Ceylontees in den Teetassen aller Welt. Rotgolden beim Einschenken für jeden Teetrinker schon beim Anblick ein purer Genuss. Den Weltrekord im Teetrinken dürften dabei die Teetester für sich beanspruchen:
auf den Auktionen in der Hauptstadt Colombo trinken sie bis zu 300 Tassen am Tag, beziehungsweise spucken sie sogleich auch wieder aus, um nicht gleichzeitig den Weltrekord in »auf die Toilette rennen« aufzustellen.