Auf halber Höhe des Felsens gelangen wir über eine enge Wendeltreppe zu den Wolkenmädchen: anmutig, verträumt, aber auch vollbusig bezaubern die schönen Fresken seit jeher ihre Besucher. Von den ursprünglich 500 Wandmalereien sind leider nur 19 Stück in einer Nische erhalten geblieben. Und bei genauerer Betrachtung müssen wir sogar feststellen, dass die übrig gebliebenen nicht mal mehr dem Original entsprechen.
Das liegt daran, dass sich im Laufe der Jahrhunderte mehrere Künstler daran versucht haben, die Wolkenmädchen zu restaurieren. Und dabei haben sie ihren eigenen Geschmack mit einfließen lassen. Dabei aber Farbe mit schlechterer Qualität verwendet, sodass die alten Farben inzwischen wieder durchscheinen. Dadurch wissen wir heute, dass sich das Schönheitsideal von einem leicht hängenden Busen zu König Kasyapas Zeiten zu einen eher üppigen Busen gewandelt hat.
Mittlerweile lassen sich die Originalfresken schemenhaft unter der oberen Farbschicht erkennen. So war zum Beispiel einer der Restaurateure augenscheinlich der Ansicht, dass die Busen der Wolkenmädchen zu sehr nach unten hängen und hat zur Abhilfe die Brustwarzen ein Stück versetzt.
Andere waren mit den Gesichtsausdrücken nicht ganz einverstanden und haben Augen oder Nase etwas verschoben. Als Ergebnis besitzen die Wolkenmädchen nunmehr vier Brustwarzen, verschwommene Gesichtszüge und teilweise mehr als fünf Finger an der Hand.
Unterhalb der Felsnische treffen wir auf eine 150 Meter lange Galerie, der »Spiegelwand«. Bei ihrer Errichtung wurde die Mauer mit Eiweiß und Harzen eingerieben und anschließend glatt poliert. An dem Fels gegenüber der Galerie schmückten damals ebenfalls zahlreiche Wolkenmädchen den Weg, diese Fresken sind aber leider nicht erhalten geblieben. Damit den letzten Schönheiten nicht das gleiche Schicksal ereilt, dürfen sie nur ohne Blitz fotografiert werden. Uns unverständlich, hören wir hinter uns eine Frau Jammern, sie könne den Blitz an ihrer Kamera nicht ausschalten.
Noch während ihr Annette die Kamera erklärt, blitzt es bereits neben der Frau. Sofort ist ein Aufpasser zur Stelle, die 500 Rupies (gut vier Euros) Strafe einzukassieren. Leider wird dies nicht ausreichen, die Leute vom Blitzen abzuhalten. Auch trifft man immer noch Knipswütige, die es als kleinen Streich betrachten, in einem unbeobachteten Moment schnell doch mit Blitz zu fotografieren. Da diese Unsitte nicht nur die Stimmung auf den Bildern, sondern außerdem die Farben der Malereien zerstört, wird es wohl bald ein völliges Fotografierverbot bei den Wolkenmädchen geben.
Nachdem wir hier bei unserem ersten Besuch halbwegs durchgedrängt worden sind, können wir uns die Malereien beim zweiten Mal in aller Ruhe anschauen. Mehr noch: weil wir die einzigen Besucher sind, räumt einer der beiden Aufpasser die kleine Absperrung im hinteren Bereich beiseite und gibt den Weg auf ein paar Bretter frei (die sicherlich viel besser gesichert sind als es scheint).
Durch eine vorgehängte Schutzplane ist es hier zwar recht dunkel, zum Fotografieren öffnet der Angestellte die Plane aber immer für einen kurzen Moment, sodass ich bei jeder der Schönheiten genug Licht für die Aufnahme habe. Trinkgeld haben dann natürlich beide bekommen.
Das angedrohte Fotografierverbot ist also mit dem Wegbleiben der Touristen recht schnell vergessen.