Eigentlich wollten wir erst nach der Rundreise zur Safari in den Nationalpark Yala West starten. Weil wir bei der Rückfahrt aus dem Hochland jedoch ganz nah daran vorbeikommen, rät uns Saman, die Tour schon heute durchzuführen.
Dadurch sind wir zwar erst am späten Abend zurück im Hotel, sparen uns aber zugleich ein paar Stunden Fahrtzeit. Sekunden später fest: Yala, wir kommen!
Nach dem Mittagessen, eine singhalesische Pizzeria mit chinesischen Gerichten, geht es direkt mit einem großen Pick-up zum Park. Im Gegensatz zu den klimatisierten Geländewagen haben wir in jede Richtung und vor allem nach vorne freie Sicht.
Zugleich aber auch freien Fahrtwind. So bin ich schon nach wenigen Metern froh, meine Sonnenbrille dabei zu haben. Denn bis zum Eingang gibt es nicht viel zu sehen, was heißt: der Fahrer fährt zu, was geht - erst auf gut asphaltierter Straße, später auf rotem Sand.
Der Park ist nach Westen durch einen Zaun geschützt. Ab und zu entdecken wir auch schon die deutlichen Hinterlassenschaften von Elefanten. Allein blicken lassen sich keine. Bei der zweiten Kontrollstation steigt ein Rancher zu. Im Gegensatz zu den Tourenveranstaltern ist er nicht privat, sondern wird von der Parkverwaltung bezahlt.
Dass einer mitfährt, ist Pflicht. Genauso wie der Besuch des kleines Parkmuseums, in dem die Knochen und Schädel von Elefanten und Leoparden, präparierte Krokodile, aber auch Karten und Pläne des Nationalparks ausgestellt sind. Dann aber geht es endlich richtig los und hinein in die Wildnis.
Nach dem Museum dauert es nicht mehr lange, bis wir jede Minute irgendwo anders ein Tier oder auch eine ganze Herde entdecken. Aussteigen ist jetzt nicht mehr erlaubt. Zurecht.
Denn neben zahlreichen Wasserbüffeln und Bunt-Störchen (am rosa Fleck leicht zu erkennen) begegnen uns ein paar Mungos, was heißt, dass es in Yala West auch Schlangen geben muss. Und diese sind leider giftig.
Auf den roten Sandpisten treffen wir außerdem immer wieder auf andere Geländewagen. Nach kurzem Gespräch zwischen den Fahrern erfahren wir, dass wir schon nach wenigen Minuten sehr viel mehr als die anderen Gruppen gesehen haben.
Das übrigens dank Saman, der wie ein Luchs durchs Unterholz späht und selbst gut versteckte Hirsch-Rudel und Elefanten findet. Zunächst aber fahren wir durch eine Graslandschaft, in der die Bunt-Störche, Ibisse, aber auch Löffelreiher nach Amphibien suchen.
Dann endlich ist es soweit: Ein Elefant steht nur wenige Meter von der Piste entfernt und wackelt nur ein wenig mit den Ohren, sodass wir ihn in aller Ruhe anschauen können. Wem es übrigens nur um die grauen Dickhäuter geht, empfehlen wir den Nationalpark Uda Walawe. Dieser ist von der Westküste aus besser zu erreichen, einiges kleiner,
hat dafür aber sehr viel mehr Elefanten zu bieten als Yala-West. »Nach Uda Walawe bringen die Leute die Problemelefanten, die Schaden auf den Feldern der Bauern angerichtet haben«, erklärt Saman. »Es kann sein, dass man dort an einem Tag über 200 Elefanten sieht.«
Nun fehlt eigentlich nur noch ein Leopard, denke ich mir, um die perfekte Safari zu haben. Zuvor aber fliegen uns zwei, eigentlich sehr scheue Tukane ins Bild, entdecken wir den nächsten Mungo, beobachten etliche Bienenfresser und treffen sogar auf ein ausgewachsenes Krokodil. Nachdem es sich kein bisschen rührt, behauptet mein Vater, dass es aus Plastik sei.
Aussteigen und nachsehen mag er aber nicht. Eigentlich schade, denn da hätte ich ihm grad die Kamera mitgeben können. Leider nämlich liegt das Reptil genau vor der Sonne, sodass ein gutes Foto nicht wirklich möglich ist. Dafür aber liegt es genauso da, wie wir es alle aus Tierfilmen kennen: am sonnigen Ufer, das Maul ganz weit offen und doch jeden Moment bereit, zuzuschnappen.
Auf einmal sitzt er er da. Natürlich hatten wir alle darauf gehofft, einen Leoparden in freier Wildbahn zu sehen. Aber dass er einfach nur da sitzt, wenige Meter von unserem Fahrzeug entfernt, während ich die ganze Zeit über die Bäume absuche? Das hätte ich nicht geglaubt. Und doch sitzt er da und schaut zu uns rüber, als wenn er sagen will: »Hey Leute, wolltet ihr mich nicht fotografieren? Dann macht mal!«
Tatsächlich haben wir irrsinniges Glück. Denn auch die anderen Fahrer wissen natürlich, dass der Leopard hier ab und zu vorbei schaut. Wir aber sind die ersten und haben als einzige freie Sicht. Nachdem unser Fahrer den Motor abstellt, dreht sich Annette nach hinten, damit auch die anderen ihre Fahrzeuge abstellen. Stattdessen regen diese sich darüber auf, dass wir nicht weiterfahren. Ganz ehrlich: dadurch hat es uns noch ein klein wenig mehr gefallen... (-;
Nach dem Erlebnis mit dem Leoparden fahren wir ans Meer. Vor den Resten eines Fundaments erklärt Saman, dass hier bis zum Tsunami ein Strandrestaurant gestanden hatte. Als um 9.20 Uhr des 26. Dezembers 2004 die erste der drei Tsunami-Wellen auf die Küste traf, riss sie 47 Menschen in den Tod.
»Von einer Gruppe mit 15 Japanern hat nur einer überlebt«, so Saman. Auf unsere Frage, ob man die Welle nicht sehen konnte, erklärt er, dass sie unter der Wasseroberfläche zum Ufer gerollt sei und damit nicht zu sehen war. Zugleich räumt er ein, dass ein Japaner die Welle gesehen hatte, bevor er vom Strand weg lief.
An der Stelle des Strandrestaurants erinnert ein Denkmal an die Naturkatastrophe. Drei Bleche zeigen dabei die Höhe der aufprallenden Tsunami-Wellen, das vierte steht für das ablaufende Wasser. Außerdem erinnert ein Gedenkstein an den Tod der 47 Menschen.
Zwei Jahre nach dem Unglück sind die meisten Spuren beseitigt und ist die Küstenstraße dank japanischer Unterstützung weit besser zu befahren als noch vor der Katastrophe.
Wohl aber soll sich das Klima geändert haben. So hatten wir bereits in den Bergen erfahren: »Wir haben viel mehr Regen als früher - daran ist der Tsunami Schuld.« Nun gut, von der Luftverschmutzung in Indien und den Auswirkungen auf das Wetter wird hier kaum jemand etwas wissen.
Zum Abschluss fahren wir noch ein, zwei Runden durch den Nationalpark Yala West. Einen Bären bekommen wir zwar nicht zu sehen, wohl aber ein kleines Krokodil und mehrere Schwärme Bienenfresser, die sich im warmen Staub der Straße baden.
Als die Sonne untergeht, haben sich die Wasserbüffel längst in den vielen kleinen Seen zur Nachtruhe gesammelt, während sich die Hirsche am Rande einer Baumgruppe ihr Abendgras schmecken lassen.
Eine Überraschung hält die Rückfahrt für uns parat. Denn wegen Hochwasser ist der übliche Weg überschwemmt, sodass wir denselben, kaum befestigten Weg wie zu Beginn der Safari zurück müssen.
Als wir zu einer Reihe tiefer Pfützen kommen, sehen wir zwei Jeeps im Dreck festsitzen. Flugs checkt Saman die Lage. Als er zurückkommt, berichtet er, dass vier Jeeps stecken geblieben sind. »Zwei haben sie schon rausziehen können.«
Nach einer Viertelstunde gelingt es den Fahrern, auch die anderen zwei Jeeps aufs Trockene zu bringen und schafft es das Fahrzeug vor uns, zur anderen Seite zu gelangen. Wir sind die letzten und fürchten schon, dass uns im Zweifelsfall die Hunde beißen.
Doch auch unser Fahrer schafft es auf Anhieb durch das Schlammloch. Erst danach sehen wir, dass tatsächlich alle anderen Fahrer gewartet haben und hier keiner im Stich gelassen wird.
Damit geht ein wundervoller Tag, der schönste dieser Rundreise zu Ende. Zwar wartet wieder eine lange Fahrt auf uns, bevor wir am spätabends - oder auch in der frühen Nacht - beim Hotel ankommen.
Aber dafür haben wir den Kopf voll mit wirklich schönen Erlebnissen, freuen uns, dass ausgerechnet wir als einzige Gruppe den Leoparden gesehen haben, und bekommen sogar noch ein warmes Essen in der Wilden Ananas, bevor wir erschöpft ins Bett fallen.