Vor unserem Game Drive im Nationalpark Pilanesberg fahren wir für eine Nacht nach Carletonville. Damit dies auf Anhieb klappt, haben wir uns am Vorabend die Koordinaten von Bernards und Sonjas zu Hause besorgt. Bei seiner Planung und den vielen tollen Vorschlägen für Ausflüge hatte er es irgendwie verschwitzt, uns seine exakte Adresse mitzuteilen. Aber was antwortet ein Südafrikaner auf die Frage, wo er wohnt? »Zu Hause natürlich«, also genau wie wir. Jetzt fehlt nur noch die Hausnummer. Doch die nette Nachbarin schickt uns an den richtigen Eingang.
Game Drive im Nationalpark Pilanesberg. Aufnahmen von Flusspferden, Elefanten, Gnus, Nashörnern und weiteren Tieren.
20 Meter weiter werden wir augenblicklich von vier Hunden angebellt. Auf Fremde macht das mächtig Eindruck. Zum Glück kommt Bernard Sekunden später um die Ecke und wandelt sich das Kläffen in ein freundlich wirkendes Willkommensbellen. Wir verbringen mit ihm, Sonja und Sarie einen weiteren schönen Abend in gemütlicher Runde. Sie zeigen uns ihr Fotobuch von ihrer Europareise mit dem Canal du Midi. Ich finde mich dort wieder. Damals hatte noch keiner gedacht, dass wir heute hier in Südafrika sitzen.
Nach einer ruhigen Nacht in Carletonville sind wir am nächsten Morgen mit den Hühnern auf den Beinen. Bernard und Sonja müssen zur Arbeit, während wir zu unserer großen Runde durch den Nordosten Südafrikas starten. Aber es bleibt genügend Zeit für ein leckeres Frühstück.
Dann aber schnappen wir unser Gepäck und lassen die alte Bergbaustadt hinter uns. Die Fahrt nach Pilanesberg dauert circa zwei Stunden. Bernard hat uns diesen kleineren Nationalpark empfohlen, um schon zum Auftakt unserer Rundfahrt in den Genuss einer Big-5-Safari zu kommen. Ob wir diesen wirklich begegnen? Wir lassen uns überraschen.
Etwas genervt sind wir bereits jetzt von unserem Auto. Anstatt eines Renault Duster haben wir einen Honda CR-V bekommen. Dafür gibt es eine zweite Rückbankreihe. Wir hätten lieber einen abgedeckten Kofferraum. Nun liegen unsere Koffer gut sichtbar im Auto. Obendrein verfügt der Honda nur über einen 30 Liter-Tank. Nach der Annahme am Flughafen hatten wir gedacht, der Wagen wäre nicht ganz voll getankt. Bald aber stellt sich heraus, dass die Tanknadel ehrlich ist und sich der Tank wirklich so schnell leert.
Er ist schlichtweg zu klein bemessen für ein Land, wo lange Strecken auf der Tagesordnung stehen. Zudem sind die Armaturen so angebracht, dass der Fahrer keinen freien Blick auf den Tacho hat. Um zu sehen, welche Geschwindigkeit die Tachonadel anzeigt, muss ein durchschnittlich großer Fahrer tief in den Sitz zu rutschen oder sich seltsam ducken. Na ja, zumindest kann sich Lars ans Navi halten. Denn das Auto (Lars: »Das ist eine rollende Unverschämtheit!«) zu reklamieren macht wenig Sinn. Es kostet nur unnötig Zeit und wer weiß, was als Nächstes kommt?
Trotzdem kommen wir gut beim Bakubung Gate an. Lars meldet uns an, während ich die ersten Affen auf dem Parkplatz beobachte. Eine Karte von Pilanesberg gibt es auch vor Ort. Leider aber mit zusammen mit einer CD, wodurch das Paket satte 100 Rand kostet. Zu Hause werden wir später feststellen, dass sie auf diese Weise eine Hotel-Werbe-CD finanzieren. Egal, denn irgendwie müssen wir uns in dem Park ja orientieren.
Zudem dauert es kaum zehn Minuten, bis wir einen See erreichen, an dessen Ufer Nilpferde in der Sonne baden. Da uns bei einer Rundreise durch Äthiopien Nilpferde entgangen waren, wollte ich diesmal unbedingt welche sehen. Kurz nach dem Start können wir also schon eines meiner primären Ziele abhaken und zufrieden und glücklich weiter auf Fotosafari gehen.
Der Nationalpark Pilanesberg liegt in einem alkalischen Vulkankrater, der natürlich längst erloschen ist. Umgeben ist der Krater von einer Hügelkette, in welcher der Pilanesberg mit seinen 1.687 Metern die höchste Erhebung der North-West Province bildet. Bis Mitte der 1970er Jahre wurde die Region von Farmern bewirtschaftet, welche zur Nationalparkgründung auf neue Siedlungsgebiete ausweichen mussten. Weitaus spektakulärer verlief die Operation »Genesis«. Hierzu wurden tausende große Säugetiere wie Löwen, Nashörner, Elefanten und Antilopen in den neuen Nationalpark umgesiedelt.
Ausflug in den Nationalpark Pilanesberg
Erklärtes Ziel war, mit Pilanesberg einen zusätzlichen Köder für reiche Touristen zu schaffen. Für diese Zielgruppe wurde parallel zum Park die Vergnügungsstadt Sun City – also das Las Vegas Südafrikas – aus dem Boden gestampft. Die ehemalige Bevölkerung indes zeigte nur wenig Begeisterung für den 570 km² großen Park. Für sie verschwand mit den Wildtieren eine traditionell wichtige Nahrungsquelle. Um den Kritikern den Wind aus dem Segel zu nehmen, beteiligte der erste Parkdirektor, Jeremy Anderson, die Bevölkerung an dem Park. Dazu zählte, dass er das Fleisch überzähliger Tiere an diese weiter gab. Zudem ging das Geld der reichen Trophäenjäger direkt an die angrenzenden Siedlungen, wo neue Arbeitsplätze entstanden.
Die Trophäenjagd ist inzwischen eingestellt. Heute freuen sich die Touristen an den lebenden Tieren. Zehn Minuten nach dem Start unserer Rundfahrt erspähen wir ein Elefant im Gestrüpp. Wir machen langsam und wollen ihn beobachten. Leider zeigt der Fahrer hinter uns weniger geduldig und überholt uns. So läuft das Tier direkt vor denen über die Straße und ist uns der Blick versperrt.
»Wenn wir Glück haben und der Bulle stinkig wird, bekommen wir vielleicht spektakuläre Aufnahmen«, mutmaßt Lars. Aber es gibt in Pilanesberg reichlich Elefanten. Und die nächste Herde lässt nur kurz auf sich warten. Diesmal sind einige Jungtiere dabei – soooo schön. Zwischen drin sehen wir außerdem mehrere Nashörner.
Schopffrankolin und Helmperlhuhn in Pilanesberg
Etwa zur Mittagszeit verlassen wir die asphaltierte Park-Hauptstraße und fahren auf Nebenstrecken zum Mankwe Dam. Auf dem Weg dorthin treffen wir einen geführten Game Drive und berichtet uns der Guide von einem Leoparden in einem nahen Baum. Tatsächlich haben wir den besagten Baum bald gefunden. Zu erkennen ist dieser allein schon an der Menge Autos auf den Pisten drum herum.
Einzig vom Leoparden fehlt inzwischen jede Spur. Offenbar war der plötzliche Tumult der meist im Verborgenen lebenden Großkatze zu viel. Ohne die erhofften Leoparden-Bilder machen wir wenig später Mittagspause am Mankwe Dam. Dort dürfen wir aussteigen und einen Picknickplatz besuchen. Leider empfängt uns ein kräftiger Sturm auf der Anhöhe über dem See, sodass sich nur ein kurzer Aufenthalt lohnt.
Am Nachmittag begegnen uns hauptsächlich Antilopen. Wir klappern einige Wasserlöcher in den Senken von Pilanesberg ab. Auch an diesen Stellen darf man das Auto verlassen und ermöglichen zum Teil Beobachtungshütten einen besseren Einblick in die Tierwelt des Nationalparks. Allerdings suchen bei unserem Besuch nur wenige Tiere das Wasser auf.
Dafür herrscht auf den Nebenpisten weniger Verkehr und haben wir das Glück, nur einen Steinwurf von der Straße entfernt Nashörner zu entdecken. Wie es scheint, suchen die Dickhäuter am Malatse Dam ihre Ruhe. Mit diesem schönen Eindruck machen wir uns langsam auf den Rückweg, auch wenn uns für die Big Five, den Großen Fünf, immer noch drei fehlen.
Das Kingdom Resort liegt außerhalb von Sun City und zählt zu den günstigeren Übernachtungsmöglichkeiten im Umfeld der Vergnügungsstadt. Beim Eingangstor müssen wir uns sowie auch unseren Mietwagen registrieren. Wenige Meter weiter wiederholt sich das Prozedere bei der Rezeption. Insgesamt entpuppt sich die Anreise durch diese Bürokratie als zäh und langwierig.
Ganz anders verhält es sich beim Service. Auf ein Begrüßungsgetränk wird verzichtet. Stattdessen bekommen wir sogleich das Schlüsselkärtchen in die Hand gedrückt, eine Info, wo sich unser Zimmer befindet und … Ja, das war es auch schon. Doch wir können in der Nähe von unserem Bungalow parken.
Unser Zimmer ist zwar klein, aber gemütlich, modern und sauber. Für die eh nur kurze Zeit passt das also ganz gut. Wir haben eine schöne Terrasse und können von dort direkt in den Garten spazieren. Auf der anderen Seite befindet sich der Pool, der mit Felsen und kleinen Wasserfällen garniert ist und natürlich wirken soll. Uns jedoch ist es zu kalt zum Schwimmen gehen, sodass wir lieber das windgeschützte Restaurant aufsuchen. Hier bekommen wir ein leckeres Abendessen.
Am nächsten Tag steht eine lange Fahrt bis in den Norden Südafrikas auf unserem Reiseprogramm. Darum gehen wir früh ins Bett. Doch was hätten wir auch sonst machen sollen? Das Kingdom Resort bietet keinerlei Abendveranstaltung.
Uns bleibt lediglich das Internet, womit wir Bernard und Sonja zumindest mitteilen können, dass wir den ersten Tag alleine in Südafrika gut überstanden haben. Licht aus, Augen zu und die ruhige Nacht im Kingdom Resort genießen.
Frühstück haben wir keines gebucht. Wir haben genügend Reiseproviant dabei und bereiten uns einen Kaffee im Zimmer zu. Dann heißt es auch schon, Koffer packen und auf in den Nordosten von Limpopo. Zuvor aber müssen wir einkaufen. Denn unsere nächste Unterkunft ist eine Self Catering Lodge nahe Musina. Zum Glück gibt es im nahen Mogwase ein Einkaufszentrum, wo wir alles bekommen, was wir in den nächsten Tagen brauchen. Da dort überall Wachpersonal herumrennt, können wir außerdem getrost am Bankautomaten frische Südafrikanische Rand zapfen.