Bei strahlendem Sonnenschein kommen wir um neun Uhr bei der Siyabonga Jetty an. Der Pier befindet sich neben der Brücke bei der Ortseinfahrt von St. Lucia und ist somit selbst mit unserem eigenwilligen Navi leicht zu finden. Der Name »Siyabonga« stammt aus der Sprache der Zulu und heißt »Danke«. Vor Ort erwarten uns ein paar wenige Souvenirverkäufer und ein selbsternannter Parkwächter. Dem letzteren geben wir natürlich seinen Obolus und suchen daraufhin die Mitarbeiter der Heriatage Tours and Safaris.
Das Boot zumindest steht schon an der Jetty bereit. Im Gebäude jedoch finden wir nur ein verwaistes Gemeindebüro oder Museum. Ein Büro des Veranstalters ist nicht zu erkennen. Stattdessen sehen wir eine Frau mit einem Stehpult und einem Block auf den Pier zulaufen. Das ist also das Office der Heriatage Tours? Uns soll es Recht sein, denn immerhin steht »Annette 2« auf dem Zettel der Dame. Das wird uns gelten und tatsächlich dürfen wir sofort auf das Schiff gehen. Damit kann die Bootsafari Hippos and Crocodiles starten.
Wobei »Schiff« etwas übertrieben ist. Neben dem hoch gebauten Advantage Cruiser wirkt unser kleiner Kahn wirklich mickrig. Tatsächlich ähnelt das Boot mehr einem Floß mit Dach. Na egal, Hauptsache es schwimmt. Alles andere wäre fatal. Denn in dem Zulauf zur St. Lucia-Lagune wimmelt es nur so von Flusspferden. Und die mögen keine Touristen in ihrem Wasser.
So sitzen wir brav auf unserer Bank im Floß und warten auf die übrigen Gäste. Auch diese sind noch vor der planmäßigen Abfahrtzeit eingetroffen. Da höchstens 15 Leute auf das Boot dürfen, ist es schnell beladen und können wir überpünktlich starten. Der Vorteil der Heriatage Tours sind die kleinen Gruppen. Der Nachteil ist jedoch, dass frühzeitig gebucht werden muss. Denn die Touren sind beliebt.
Die Aussicht vom Floß ist perfekt. Bereits bei der Jetty werden wir grunzend von einigen Flusspferden begrüßt und reißt eines sogar sein Maul auf. In der Morgensonne leuchten seine riesigen, braunen Zähne im noch größeren rosa Mund. Na ja, einen Preis in Ästhetik würde es wohl keinen gewinnen. Aber beeindruckend und fast schon süß mit seinen Haaren auf der Nase ist es trotzdem.
Dem ein oder anderen Hippotamus oder kurz Hippo kann man nachts in den Straßen von St. Lucia begegnen. Sie werden »Townies« genannt und sind auf der Suche nach frischem Gras. Dabei machen sie auch vor Hotelanlagen keinen Halt. So wurden am Gartenpool des Nachbarhotels der Ndiza Lodge schon trinkende Hippos gesichtet.
Flusspferde bei St. Lucia
Unser Guide erzählt uns einiges über die Lebewesen im braunen Brackwasser. Außer den Hippos kommen hier auch Nilkrokodile und Haie vor. Damit sei die Lagune der einzige Ort auf der Welt, an dem diese drei Arten nebeneinander auftreten. Mit anderen Worten: es wäre eine ziemlich schlechte Idee, in diesem Gewässer schwimmen zu gehen. Denn auch wenn die Hippos lustig aussehen und gemütlich wirken, töten sie jährlich 2900 Menschen.
Das sind mehr als Büffel, Löwe, Elefant und Krokodil zusammen. Auch untereinander hegen sie einen nur wenig zimperlichen Umgang. Trächtige Weibchen müssen sich vor der Geburt ihrer Jungen von der Gruppe entfernen. Sie wissen ja nicht, ob sie ein Mädchen oder einen Jungen gebären. Mädchen werden sofort akzeptiert und die Mutter kann zur Gruppe zurückkehren.
Mit Jungs ist das weniger einfach. Die Mutter bleibt mit ihm gut zwei Wochen abseits der Herde, bis die Haut stabiler und dicker geworden ist. Erst dann gesellen sie sich wieder zu den anderen. Im Kreis der Artgenossen wird der Kleine sogleich, wenn auch nur spielerisch, attackiert.
Dabei könnte er leicht verletzt werden. Auf der anderen Seite birgt auch der Abstand zur Gruppe seine Gefahren. Dort lauern die Löwen auf solch einen zarten Hippo-Happen. Mutter und Kalb befinden sich in einer Zwickmühle, die dafür sorgt, dass der Anteil an Hippo-Männchen bei nur 40 Prozent liegt.
Zum Glück gibt es in den Familien, die wir sehen, reichlich Jungtiere. Da sind doch sicherlich ein paar Jungs dabei, die sich durchsetzen konnten. Auch die jungen Hippos versuchen sich im Maul aufreißen und zeigen uns stolz ihre rosa, zahnlosen Gaumen. Richtig süß! Weniger süß sind die gewaltigen Krokodile, die bewegungslos am Ufer liegen. »Die sind doch aus Plastik«, mutmaßt Lars. Unser Guide lacht, versichert uns, dass dem nicht so sei und lenkt das Floß ganz nah an die Panzerechsen heran.
Manch einem wird es schon mulmig. Dabei sind die Krokodile vergleichsweise harmlos. Unser Guide erzählt uns von Hippo-Angriffen auf Ausflugsboote: »Wenn die Hippos stinkig sind, legen sie sich sogar mit einem der doppelstöckigen Advantage Cruiser an und bringen das Boot ins Schwanken.« In unseren kleinen Kahn sehen sie hingegen keine Gefahr, sodass unser richtig schöner Bootsausflug etwas später frei von Zwischenfällen bei der Jetty endet. Na dann: Siyabonga.
Bootsausflug ab der Siyabonga Jetty von Saint Lucia, Südafrika. Aufnahmen von Nilkrokodilen und Flusspferden in der Lagune von Saint Lucia.