Die Bergbauwelt Ridnaun zählt zu den klassischen Schlechtwetterzielen im Ridnauntal. Ein Besuch des alten Bergwerks lohnt sich aber natürlich auch bei jedem anderen Wetter. Was uns betrifft, so hatten wir uns schon einige Tage zuvor angemeldet und erwischen zufällig einen Morgen, bei dem man keinen Hund vor die Tür scheuchen will. Da zusammen mit uns nur wenige Besucher auf die erste Führung warten, können wir uns also mehr auf eine spannende Führung durch die alten Stollen sowie zu verschiedenen Aufbereitungsanlagen freuen.
Immerhin liegen vor uns 800 Jahre Bergbaugeschichte. Ab dem 12. Jahrhundert schürften hier etliche Generationen an Bergbauleuten am Südtiroler Schneeberg nach Silber, Bleierze, Kupfererze und Zinkblende. Dadurch lässt sich hier die ganze Palette an Entwicklungen im Bergbau, angefangen bei einfachsten Geräten wie Schlegel und Eisen im Mittelalter bis zum Einsatz moderner Technik, nachvollziehen. Im Jahr 1985 wurde der Betrieb eingestellt, die Anlagen aber auch danach weiter gewartet. Dadurch wäre es jederzeit möglich, den Betrieb wieder aufzunehmen.
Mit der alpinen Lage des Bergbaureviers zwischen 1400 und 2700 Meter gingen hohe Anforderungen einher. So mussten die Bergarbeiter auf der einen Seite extremen klimatischen Bedingungen trotzen. Und auf der anderen Seite musste das gewonnene, erzhaltige Gestein mit einem enormen Aufwand zu den Betriebsstätten im Tal geschafft werden. Für den Transport aus den Hochlagen wurde im 19. Jahrhundert eine Übertageförderungsanlage gebaut. Bei ihrer Fertigstellung war sie die längste Anlage dieser Art. Als letzter Abschnitt war der Seemoos-Wassertonnen-Aufzug bis ins Jahr 1967 in Betrieb.
Als weitere Transportanlage führt uns Fabian die Funktionsweise eines alten Steinlifts vor. Wegen des hohen Gefälles der Strecke werden hier die Loren mit dem erzhaltigem Gestein auf einen mit Keil bestücktem Förderwagen transportiert. Im Tal angekommen, wurden die Loren entleert und anschließend mit Wasser aufgefüllt. Dieses diente als Gegengewicht, welches verhinderte, dass die mit Erz beladenen Loren mit zu hoher Geschwindigkeit talwärts sausten. Das Wasser konnte anschließend oben für andere Zwecke eingesetzt oder auch einfach ausgeleert werden. Umgekehrt war es möglich, Wasser oben in die Loren zu leiten, um damit schwere Lasten vom Tal hoch auf den Berg zu hieven.
Mit Schutzhelm ausgerüstet, passieren wir eine Nische mit einer Skulptur der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin des Bergbaus. Gleich danach vermittelt uns ein Blick in einen der alten Seitenstollen, wie eng es in einem solchen Bergwerk zuging. Dabei gilt: je primitiver die Werkzeuge der Bergmänner waren, desto enger folgten sie den einzelnen Erzadern. Nicht erzhaltiges Gestein wurde nur weggeklopft, wenn dies nötig war, um der Erzader zu folgen oder um den Abtransport mit der Lore zu ermöglichen.
Daneben wird uns die Versorgung unter Tage veranschaulicht. Über einfachen, steilen Hühnerleitern erfolgte etwa die Versorgung mit Wasser. An einer anderen Stelle dürfen wir uns selbst darin üben, im gebückten Gang durch einen kurzen Stollen zu laufen. Während die Kinder unserer Gruppe hier leichtes Spiel haben, komme ich durch meinen Rucksack nur mit Mühe voran, schaffe es dann aber doch, mit an den Steinen vorbei- und herumzuzwängen, eh ich beim anderen Ende mit Applaus empfangen werde.
Schön finden wir, dass die Maschinen unter Tage auch vorgeführt werden. So übt sich ein Mann darin, einen Drucklufthammer in den Fels zu treiben. Die ersten elf Hammer dieser Art kamen hier 1927 zum Einsatz. Nicht ganz so laut ist als Nächstes der Betrieb einer Lademaschine. Dass auch sie mit Pressluft betrieben wird, ist kein Zufall. Für den Antrieb mit Druckluft mussten zwar etliche Leitungen installiert werden. Der Einsatz von Maschinen mit Verbrennungsmotor kam wegen der damit verbundenen Abgasproblematik unter Tage nicht infrage. Wohl aber wurde ab 1680 Schwarzpulver und ab 1920 Dynamit für den Stollenvortrieb verwendet.
Wieder im Freien, kommen wir zu einem Pochwerk. Diese Anlage besteht aus mehreren Stampfen, die sich durch den Antrieb eines Wasserrads heben. Ab einem gewissen Punkt fallen sie wieder hinunter und zerkleinern auf diese Weise das erzhaltige Gestein. Aus heutiger Sicht wirkt das Pochwerk primitiv. Früher aber war es eine große Erleichterung, da das Gestein zuvor von Hand zerkleinert werden musste. Einen entsprechenden Stellenwert hatte der Beruf des Pochsteigers. Von dem Mühlrad geht es in ein weiteres Gebäude. In den nachfolgenden Arbeitsschritten werden die Steine weiter zerkleinert, gesiebt und gewaschen und chemisch aufbereitet, bis schließlich reines Erz gewonnen ist.
Neben der uns gewählten kurzen Tour sind weitere Führungen beim Bergwerk möglich. So kann man etwa den harten Alltag der Knappen nacherleben. Wie bei uns beginnt auch diese Tour um 9:30 Uhr mit der Führung durch den Schaustollen. Nach der Mittagspause erhält man jedoch eine komplette Bergmannsausrüstung samt Stiefel, Helm und Stirnlampe. Nach der Fahrt hoch zum Poschhausstollen auf 2000 Meter Höhe fährt man mit einer originalen Grubenbahn in den dreieinhalb langen Poschhaussstollen ein. Durch erwartet den Versuchsknappen ein abenteuerlicher Rundgang durch Schächte, Wasserläufe, Engstellen und so genannte Schrägaufbrüche.
Als dritte Tour ist es während der Sommermonate möglich, entlang der alten Knappenwege durch das Lazzachertal und über die Schneebergscharte nach St. Martin am Schneeberg zu wandern. Die alten Halden schlummern heute noch Mineralien und Erzstücke, die auf ihre Entdeckung warten. Der spätere Abstieg erfolgt in Richtung des Passeiertals über Seemoos bis zum Karlstollen. Von dort geht es erneut durch den Berg, erst zu Fuß, die letzten dreieinhalb Kilometer mit der Grubenbahn bis zurück ins Lazzachertal.
Informationen zu allen möglichen Führungen und den aktuellen Öffnungszeiten sind direkt beim Bergbaumuseum erhältlich.
Besuch der Bergbauwelt Ridnaun Schneeberg im Ridnauntal in Südtirol. Aufnahmen von der Arbeit unter Tage.