Beim Gasthof Jaufensteg und seiner kleinen Kapelle überqueren wir die Straße und stehen dann auch schon am oberen Eingang zur Gilfenklamm. Für den Erhalt der »Cascate di Stanghe« wird ein geringes Eintrittsgeld erhoben. Sollte bei der oberen Kasse niemand zu sehen sein, ist dieses nach dem Abstieg durch die Klamm beim unteren Kassenhäusle zu entrichten.
Nach nur wenigen Schritten befinden wir uns bereits mitten in der Klamm. Wie die Breitachklamm im Allgäu ist auch sie nach dem Ende der letzten Eiszeit entstanden. Angetrieben von gewaltigen Schmelzwasserströmen hat sich der Ratschingserbach binnen 12.000 Jahren tief in die hier anstehende Gesteinsschicht aus weißem Marmor geschnitten.
Dabei sind zahlreiche schäumende Kaskaden, Strudel und Becken entstanden, mit denen die Gilfenklamm zu den eindrucksvollsten Naturschauspielen der Alpen gezählt wird. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts galt diese wilde Enge für den Menschen als undurchdringbar. Zwischen 1893 und 1895 wurde sie dann mit Treppen und zwölf Brücken erschlossen, wozu auch etliche Felssprengungen erfolgten. Am 2. August 1896 wurde sie schließlich geöffnet.
Ihnen sowie dem Verschönerungsverein von Ratschings, er restaurierte den Steig 1961, verdanken wir heute spektakuläre Einblicke in und durch die Klamm. Während die Felsen zu beiden steil empor ragen, tost und gurgelt das Wasser unter uns in zahlreichen Auswaschungen, eh es über die nächste Kaskade weiter bergab rauscht. Teilweise verläuft der Pfad leicht unter den Felsen, sodass wir leicht gebückt gehen müssen.
Und dann ist es passiert: während ich schaue, ob meine Eltern sicher vorankommen, trete ich selbst auf eine glitschige Stelle und zieht es mir augenblicklich die Beine weg. Deutlicher hätte mich die Klamm nicht daran erinnern können, immer erst auf den eigenen sicheren Stand zu achten. Zum Glück aber lande ich auf dem Hosenboden, sodass ich nur ein wenig Dreck abklopfen muss.
Mit sensibilisierter Vorsicht passieren wir den 15 Meter hohen Wasserfall der Gilfenklamm. In diesem Bereich sollten sich alle eine Weile aufhalten, die unter Atembeschwerden leiden. Durch die starke Verwirbelung von Luft und Wasser ist die Konzentration der Sauerstoffionen hier besonders hoch. Glauben wir einer Infostele, kann diese Werte bis auf 50.000 Ionen pro cm³ Luft erreichen.
Das reicht zum einen, um neben Feinstaub und Pollen auch in die Schlucht eindringende Abgase der nahen Straße zu binden. Zum anderen erleichtern die Sauerstoffionen und die ebenfalls sehr hohe Luftfeuchtigkeit die Atmung, was auch wir als angenehm empfinden. Nach weiteren atemberaubenden Einblicken in die Enge der Klamm passieren wir eine in Stein gemeißelte Tafel.
Sie erinnert an Engl, der sich als kaiserlich-königlicher Bezirksrichter von Sterzing für die Erschließung der Klamm verdient gemacht hat. Unterhalb davon beruhigt sich der Ratschinger Bach allmählich. Der Weg führt uns einen alten Kalkofen vorbei zum unteren Kassenhaus. Es scheint unbesetzt. Noch bevor wir daran vorbei gelaufen sind, kommt allerdings eine Frau herbeigeeilt, um es extra für uns zu öffnen.
Egal, die paar Euro Eintritt zum Unterhalt der Klamm können wir uns leisten. Gleich nach dem Kassenhäusle geht der Weg in eine Straße über und durchlaufen wir den tiefsten Punkt unserer Wanderung. Wer geradeaus weiter läuft, kommt nach Stange. Wir indes biegen direkt nach dem ersten Haus rechts zur Ruine Reifenegg ab.
Den nächsten Abschnitt können wir auf dem Wanderweg 1A gerne langsam angehen. Es geht recht steil bergauf durch einen schmalen Waldstreifen und über einige Wurzeln hinweg. Wo die Bäume nochmals den Blick freigeben, haben wir eine schöne Sicht auf den Mareiter Stein. Nachdem wir den Burchtbach überquert haben, halten wir uns bei der Gabelung rechts.
Wir folgen dem Wanderweg 1A damit weiter steil bergan, durchlaufen zwei, drei Kehren und haben die Burgruine Reifenegg nach einem weiteren Ausblick dann auch schon erreicht. Allzu viel dürfen wir allerdings nicht erwarten. Von der einst imposanten Festung haben nur spärlicher Reste der Ringmauer, des Palas und des Wohnturms die Zeit überdauert. Von Interesse sind allenfalls die Buckelquader des Wohnturms, die zu den eindrucksvollsten in Tirol zählen.
Die Festung selbst wurde um 1220 durch den Hochstift Brixen errichtet. Nur 23 Jahre später wechselte die Burg Reifenegg in den Besitz der Grafen von Tirol. Diese nutzten die Anlage, um den alten Handelsweg über den Jaufen zu kontrollieren. Am Turm ist das Wappen der Trautson zu sehen, welche von den Grafen als Ministerialfamilie eingesetzt waren. Die Blütezeit der Reifenegg endete bereits im Mittelalter, sodass im 17. Jahrhundert nur noch von einer Ruine die Rede ist.
Oberhalb der Festung queren wir erneut den Burchtbach und gelangen nach rund 300 Meter rechts in die Jaufenpassstraße einbiegen. Nach zwei Kurven verlassen wir den Wald und öffnet sich die Sicht über das Ratschingser Tal. Mit erneut herrlicher Sicht auf den Mareiter Stein passieren wir die Häusergruppe Burghof (Burco), tauchen nochmals in den Wald ein und halten uns beim nächsten Abzweig erneut rechts.
Auf der Jaufenpassstraße geht es nun relativ zügig wieder hinunter ins Tal. Sowie wir den Moserhof passiert haben, biegen wir am Ende der Straße abermals rechts ab, überqueren als Nächstes den Ratschingserbach und befinden uns wieder beim Jaufensteg. Von dort können wir links einfach dem Talweg zurück nach Bichl folgen, wo wir auf eine abwechslungsreiche, auch am Nachmittag gut machbare Runde zurückblicken können.
Wanderung ab Ratschings durch die Felsenenge der Gilfenklamm, Rückweg über den Jaufensteg und Talweg von Ratschings.
Die Anfahrt erfolgt über die Passstraße SS44 von Sterzing ins Passeier-Tal. In Gasteig im Kreisel auf die LS/SP36 nach Stange abbiegen. Dort auf die LS/SP38 nach Ratschings abzweigen und der Bergstraße bis Ratschings folgen. Wir sind als Gäste direkt beim Hotel Bergblick gestartet. Es ist aber möglich, die Wanderung bei der Talstation der Bergbahn Ratschings-Jaufen oder ab dem Wanderparkplatz bei Stange (noch vor der Gilfenklamm) zu starten. Im letzten Fall kann man sich den Abschnitt auf dem Ratschinger Talweg sparen.
Ausgangspunkt | Hotel Bergblick in Ratschings-Eller (1.230 m) Parkplatz der Bergbahn Ratschings-Jaufen Wanderparkplatz Gilfenklamm bei Stange |
Koordinaten | N 46.86890, E 11.32910 (Hotel Bergblick) N 46.86410, E 11.31030 (Bergbahn) N 46.88150, E 11.37990 (Wanderparkplatz Gilfenklamm, Stange) |
Gehzeit | 3 Stunden |
Distanz | 10 km (gut 12 km ab Parkplatz Bergbahn) |
Anstiege | ca. 300 HM |
Grad | T2 |
Einkehr | Jaufensteg, in Ratschings |
GPS-Daten | Wanderung Gilfenklamm gpx |
KML-Daten | Wanderung Gilfenklamm kml |