Jugendstilfassaden, Laubengassen und ein gemütlicher Spazierweg, auf dem schon Sissi, die Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, während ihrer Winterkur flanierte – Meran besitzt eine historische Altstadt, in der man sich gut verweilen kann. Nach dem Besuch der Gärten von Schloss Trauttmansdorff bleibt noch Zeit für die Gassen und Winkel in der Südtiroler Kurstadt.
Wir nutzen den Thermenparkplatz, der sowohl unterirdisch angelegt wurde als auch durch einen Tunnel angefahren wird. Die Parkgarage befindet sich also vorbildlich unterhalb der Meraner Thermen verborgen. So starten wir unseren Stadtrundgang zentral, da sich die Altstadt von Meran nördlich der Passer, gleich gegenüber der Therme befindet.
Los geht es beim Kurhaus, einem der Wahrzeichen von Meran. Als Teile dieses Prunkbaus 1874 öffneten, war hier noch alles unter einem Dach vereint: Kur- und Badeanstalten, Veranstaltungssäle und Restaurants. Mit dem Aufstieg Merans zum beliebten Modekurort des Hochadels musste jedoch ein neues Kurhaus her, entworfen von Friedrich Ohmann. Er hätte sich einige Zeit und Mühe für das Projekt sparen können.
Denn lediglich ein Drittel seines Projektes wurde umgesetzt. Als Ende 1914 die ersten Abschnitte des Kurhauses öffneten, tobte im Europa bereits der Erste Weltkrieg. An einen Weiterbau war nicht mehr zu denken. Heute zieren Säulen, Balkone und eine Skulptur tanzender Mädchen auf dem Dreiecksgiebel den Kuppelbau des Eingangsfoyers. Zusammen bilden sie einen würdigen Rahmen für Feste und Veranstaltungen.
Wir spazieren zum Bozener Tor. Es klebt förmlich am Palais Esplanade, einem ehemaligen Wirtshaus für Händler und Reisende. Das Tor ist Teil der alten Stadtmauer von Meran. Eine Stube im Innern des Turmes wird »Henkerstübchen« genannt. Hier soll sich der Meraner Scharfrichter gerne bei der Stadtwache aufgehalten haben. Beim Palais im herrlichen Jugendstil warten Straßencafés am Sandplatz auf Kundschaft.
Sowie wir daran vorbeigehen, stehen wir vor der »Muttergottes am Sand«. Es ist eine barocke Marienstatue aus weißem Marmor. Die Meraner haben sie 1706 aus Dankbarkeit dafür gestiftet, dass ihre Stadt im bewaffneten Konflikt Tirols mit Bayern im Jahr 1703 von Überfällen verschont blieb.
Durch die schmale Gasse der Via Gardine gelangen wir zur Winterpromenade entlang der Passer. Direkt am Flussufer lädt das Caffè Wandelhalle mit seinen Plätzen zu einer entspannten Pause ein. Es ist Zeit für eine Latte macchiato. Die Wandelhalle selbst entstand im Jahr 1850.
Zunächst stieß das Projekt bei den Meranern auf nur wenig Begeisterung. Weil dieser Uferabschnitt der Passer traditionell dem Bleichen von Stoffen und Trocknen von Wäsche diente, übten einige Widerstand. Doch die Proteste wichen schon bald dem Charme der neuen Flaniermeile.
In der Wandelhalle traf sich ab dem Frühjahr die Kurwelt zur frühmorgendlichen Molkekur. Begleitet von der Kurmusik, musste die Molke auf nüchternen Magen bei gleichmäßigem Wandeln genossen werden. Die Firma Gridl aus Wien ersetzte 1891 die aus Holz gebaute Wandelhalle gegen eine Eisenkonstruktion.
Durch Bauwerke wie das Palmenhaus von Schönbrunn bei Wien, war die Firma Gridl bei diesen damals neuen Konstruktionen richtungsweisend. Seither dient die Wandelhalle als Austragungsort für Konzerte und Veranstaltungen. Zugleich ist sie ein Treffpunkt für die Liebhaber der schönen Künste.
Wir bleiben auf der Winterpromenade. Sie entstand in den späten 1850er Jahren, um den Kurgästen in der kalten Jahreszeit den Aufenthalt im Freien zu ermöglichen. Natürlich nutzte auch Sissi bei ihren ausgedehnten Spaziergängen regelmäßig diesen Weg, der uns zur Ponte Romano, dem Steinernen Steg bringt. Hier, an der schmalsten Stelle der Passer, stand einst die älteste Brücke Merans. Bereits zur Römerzeit soll der heutige Stadtteil Mais durch eine Brücke mit dem Küchelberg verbunden gewesen sein.
Ab dem Spätmittelalter wurde die Stadt über einen hölzernen Steg mit Trinkwasser versorgt. Es gab einen »Hohen Steg«, welcher überdacht und durch Türen gesichert war. Andrä Tanner aus Brixen ließ dann 1617 den Steinernen Steg erbauen. Die Wasserversorgung verlief durch überdeckte Rinnen, wodurch der Steg seither begehbar ist. Wunderschön öffnet sich hier die Sicht auf das Tal der Passer und die Zenoburg darüber.
Nach unserem Umkehrpunkt beim Steinernen Steg gelangen wir durch das Passeirer Tor zu den Altstadtgassen. Wie der Name erahnen lässt, diente das Tor zur Überwachung des Zugangs vom Passeiertal her.
Hier begann für die Händler der Weg nach Norden, bis hin nach Bayern. Aber auch die Grafen von Tirol zogen durch dieses Tor, wenn sie vom Schloss Tirol oder der nahen Zenoburg in die Stadt Meran kamen.
Als Händlerstadt hat Meran seine Pfarrkirche dem Handels- und Wasserheiligen Nikolaus von Myra geweiht. Die Kirche steht auf dem zentralen Platz im Marktort Meran. Hier ist der Ausgangspunkt der mittelalterlichen Laubengasse, welche die Grafen von Tirol errichten ließen. Zierliche Erker und zahlreiche Torbögen schmücken die Gasse. Hier reihen sich bis dato traditionsreiche Geschäfte und Wirtsstuben aneinander.
Inmitten der Gassen versteckt sich die Landesfürstliche Burg Castello Principesco. Erzherzog Sigmund ließ diese für sich und seiner Gemahlin Prinzessin Eleonora von Schottland, als fürstliche Residenz bauen. Nachdem die Burg dem Zahn der Zeit Tribut leisten musste und der Abriss drohte, griffen die Stadtväter ein. Nach der erfolgreichen Restaurierung sowie dank des alten Inventars verströmt die Burg noch immer eine spätmittelalterliche Atmosphäre.
Für einen Besuch sind wir allerdings etwas spät dran. So kehren wir langsam wieder zurück zur alten Postbrücke, die sich im Jugendstil über die Passer spannt. Jenseits der Brücke befindet sich das Sissi-Denkmal von Meran. Wir indes bleiben auf der rechten Flussseite und folgen der Passerpromenade bis zur Thermenbrücke, wo dieser kurzweilige Stadtrundgang nach gut drei Kilometern endet.