Eine der schönsten Wanderstrecken auf Teneriffa ist die Tour durch den Barranco del Infierno, der Höllenschlucht auf Teneriffa. Weil die Schlucht zugleich eines der beliebtesten Ausflugsziele im Süden der Insel ist, wäre sie eigentlich völlig überlaufen.
Das war sie auch. Um die einzigartige und intakte Natur zu erhalten, werden heute jedoch nur noch 200 Besucher am Tag und nicht mehr als 80 Personen zur gleichen Zeit in die Schlucht gelassen.
Für Wanderfreunde bedeutet dies, dass sie sich rechtzeitig anmelden sollten (Tel. 922 782885). Das hatten wir auch versucht. Leider aber haben wir ausgerechnet am Neujahrstag angerufen, an dem das Büro geschlossen war.
Als Folge endet unsere erste Fahrt zur Schlucht damit, dass wir uns für den nächsten Morgen eine Einlasszeit reservieren. Als Alternative hätten wir etwa drei Stunden warten können. Aber drei Stunden Wartezeit bei bestem Wanderwetter? Das muss nun wirklich nicht sein.
Am nächsten Morgen klappt alles wie gewünscht. Als Zeichen, dass wir den Eintritt gezahlt haben, bekommt jeder eine Klebeplakette an den Rucksack, für zwei Euro gibt es eine Broschüre dazu,
und dass wir eine Viertelstunde vor der reservierten Zeit ankommen, ist auch kein Problem. Also los! Oder, wie einer der jungen Führer von irgendwelchen Urlaubern aufgeschnappt hat: »Ab mit Euch!«
Nachdem wir eine Treppe rechts des Kassenhäuschens hinunterlaufen, kommen wir auf einen gemütlichen Wanderweg, der von Wolfsmilch und Kandelaberwolfsmilch gesäumt ist. Schon nach wenigen Metern aber wandelt sich die Landschaft, bleibt hinter uns Adeje zurück und eröffnet sich vor uns eine fantastische Schlucht,
deren Ursprünge sieben Millionen Jahre zurückliegen. Oder, wie es im Infoblatt heißt: »Im Barranco del Infierno, der Höllenschlucht, können Sie betrachten, wie das kontinuierliche, geduldige Wirken des Wassers [...] diese Landschaft geprägt hat.«
Doch auch der Mensch hat in dieser einzigartigen Naturlandschaft schon früh seine ersten Spuren hinterlassen. So lebten hier einst die Ureinwohner wegen der Wasservorkommen in der Schlucht. Nach der Eroberung Teneriffas und der Ausrottung der Ureinwohner begann man,
das Wasser für die Bewässerung und Trinkwasserversorgung zu kanalisieren. Zudem wurden die fruchtbarsten Böden der Schlucht von der Landwirtschaft genutzt, wovon heute noch ein paar Kastanien und Feigen zeugen.
Schön finden wir, dass der Wanderweg durch verschiedene landschaftliche Abschnitte führt, und es Miradore gibt, welche einem schöne Einblicke bis hoch zum Rand der Schlucht und hinab zum tief in die Felsen eingeschnittenen Bachbett ermöglichen.
Wie beim Gran Mirador an der »Grenze zwischen zwei Welten«, ab der wir den Stadtlärm Adejes hinter uns lassen, um ganz in das »Reich des Steilen, des Senkrechten« einzutauchen. Welche Dramatik!
Nach gut einer Stunde erreichen wir die Stelle, welche »La Cogedera« (die Zange) genannt wird. Hier ist zugleich der letzte Punkt, an dem man für eine kleine Rast anhalten darf. Danach nämlich muss verstärkt mit Steinbruch gerechnet werden. Wie groß die Gefahr tatsächlich ist, lässt sich für uns natürlich nicht einschätzen.
Wohl aber sehen wir später einen Mitarbeiter der Umweltbehörde, der unentwegt die hohen Felswände wie auch die Wanderer im Blick behält, um im Fall des Falles die Leute zumindest warnen zu können, bevor irgendwelche Steine auf sie niederprasseln.
Direkt hinter der Zange ändert sich das Aussehen des Barrancos komplett. So lassen wir das obere Ende der gefassten Wasserleitungen hinter uns zurück und kommen nun in einen Bereich, in dem uns das Wasser als kleiner Bach entgegenplätschert.
Neben ein paar Kastanien säumen die selbst auf Teneriffa seltenen Kanaren-Weiden den Bachlauf. Viel Zeit, uns umzusehen, haben wir jedoch nicht. Denn im hinteren Bereich der Schlucht wird der Weg doch ein wenig schwieriger, wechselt mehrmals die Seite des Baches und führt auch mal über einen etwas schwierigen Felsbrocken, bei dem man die Hände zur Hilfe nehmen muss, wenn man nicht die Abkürzung (oben rüber) nimmt.
Andertviertel Stunden nach dem Aufbruch erreichen wir das Ende der Schlucht und stehen erst vor einem kleineren, dann, nach der letzten Biegung, einem etwas größeren Wasserfall. Die Enge hat etwas Beklemmendes, denn der Barranco del Infierno endet in einer Art Kessel, der von den Felswänden fast komplett umschlossen ist.
Da wir bei trockenem Wetter ankommen, ist der Wasserstrahl keine wirkliche Bedrohung. Bei einem Wolkenbruch kann sich dies jedoch binnen weniger Stunden ändern und so viel Wasser in den Kessel stürzen, dass ganze Felsbrocken und Bäume das Flussbett heruntergespült werden.
Dann aber geht es auch schon wieder heraus aus dem Kessel und wandern wir auf derselben Route zurück nach Adeje. Dabei zeigt sich, dass wir recht hatten, eine frühe Zeit zu wählen. Denn auch wenn es immer noch vormittags ist und wir mitten im Winter nach Teneriffa geflogen sind,
so ist es inzwischen doch warm geworden und kommen uns sogar mehrere Touristen mit freiem Oberkörper oder mit Rock und Bikinioberteil entgegen. Auf den sonnigen Abschnitten mag das ja gehen. Der hintere Teil aber liegt den ganzen Tag über im Schatten und wird den zu luftig bekleideten Wanderern einen kühlen Empfang bereiten.
Wanderung durch den Barranco del Infierno, der Höllenschlucht im Süden der Insel nahe Adeje.
Von der Autobahn TF-1 bei Adeje abfahren und der Beschilderung ins Zentrum des Ortes folgen. Dort über die Calle Piedra Redonda und Calle Castillo hoch zum Parkplatz vom Barranco del Infierno bzw. zum Restaurant Otelo fahren.
Für die Begehung ist eine vorherige Anmeldung erforderlich. Möglicherweise ist der Wanderweg bzw. der Zugang zum Barranco del Infierno wegen Steinschlag gesperrt.
Ausgangspunkt | Eingang beim Restaurant Otelo |
Koordinaten | N 28.1260, W 16.7239 |
Gehzeit | 2 bis 2.30 Stunden |
Distanz | 6,4 km für Hin- und Rückweg |
Anstiege | ca. 430 HM |
Anforderungen | T3 |
Einkehr | Restaurant Otelo am Eingang zur Schlucht |
GPS-Daten | Wanderung Barranco del Infierno gpx |
KML-Daten | Wanderung Barranco del Infierno kml |