»Ihr wollt am Sonntag in die Masca Schlucht? Tut euch das nicht an.« Mike, der Fernsehtechniker aus El Jaral, ist entsetzt. Als wir ihn fragend anschauen, erklärt er, dass Masca sonntags nicht nur das Ziel der Touristen, sondern auch vieler Einheimischer ist.
Dadurch sei der Ort dann völlig überlaufen. Einzig, wenn wir in der Schlucht nur wandern möchten, wäre es wohl okay, da es die Mehrzahl der Besucher nicht weiter als bis zu den Cafés und Restaurants oberhalb der Schlucht schafft.
Wir bleiben bei unserem Entschluss. Nicht nur, weil wir uns tatsächlich nicht allzu lange im Ort Masca aufhalten wollen, sondern auch, weil die aktuelle Wettervorhersage für Sonntag sonniges Wetter verspricht - und das will schließlich ausgenutzt werden.
So also brechen wir am besagten Sonntag schon um 8 Uhr und bei Temperaturen unter 10° Celsius auf, um möglichst schon vor dem Ansturm einen vernünftigen Parkplatz gefunden zu haben. Was wir noch nicht wissen: besser hätten wir unsere Wahl nicht treffen können.
Als wir um 8.20 Uhr in Masca ankommen, stellt sich uns zuerst die Frage, wo parken? Nicht, dass wir keine Parklücke fänden. Ganz im Gegenteil, sind vor uns erst zwei Fahrzeuge hier oben angekommen, sodass wir die Qual der Wahl haben, bevor wir in aller Ruhe rückwärts einparken.
Schwieriger ist es da schon, den Eingang in die Schlucht zu finden. Denn auch wenn wir nur dem Fußweg gegenüber des Restaurants Aqui me Quedo folgen müssten, so lassen wir uns doch von einer im Wanderführer als Anhaltspunkt genannten, 2007 abgebrannten Kapelle in die Irre leiten.
Nach einem Abstecher in Richtung des älteren Teils von Masca und mit Hilfe eines netten Herrn aber finden wir den Weg ins berühmte Felslabyrinth des Barranco de Masca. Zuvor aber kommen wir zu einem Schild, welches direkt beim Eingang darauf hinweist, dass der Weg wegen des Waldbrandes von 2007 geschlossen sei.
Aufgrund des Wegerechts sei es nicht möglich, Besuchern den Zugang in die Schlucht zu verwehren, jedoch wird dringend darauf hingewiesen, dass Teile der Infrastruktur fehlen und der Zutritt daher auf eigene Gefahr hin erfolge.
Ein zweites Schild macht uns darauf aufmerksam, dass der Abstieg drei Stunden dauert und wir Engpässe und Abhänge vorfinden werden. Genau das, was wir wollen. Wohl aber merken wir uns, dass die Katzen in der Schlucht und am Strand von Masca nicht gefüttert werden dürfen,
da die schwer zugängliche Masca-Schlucht verschiedenen seltenen Tieren als Rückzugsgebiet dient. Sehr vernünftig, wie ich finde. Dann aber steigen wir hinab zum Bachbett. Die Tour beginnt!
Auf den ersten Metern gleicht die Wanderung einem steilen, aber doch bequemen Spaziergang. So erreichen wir schon nach 15 Minuten eine Brücke, die uns auf die andere Seite der Schlucht führt. Noch sind wir frohen Mutes,
auch wenn ich zugeben muss, dass ich vor der Wanderung schlecht geschlafen hatte. Grund dafür ist ein Bericht, in dem es hieß, man müsse 100prozentig schwindelfrei sein, wenn man die Schlucht heile durchqueren will.
Ein Bericht, der leider (oder in diesem Fall zum Glück) irreführend ist. Denn schwindelfrei muss nur sein, wer die Masca-Schlucht nicht auf dem normalen Wanderweg durchqueren will, sondern die Variante von Garachico über den Barranco Seco wählt.
Diese nämlich folgt einer Wasserleitung, für die etwa 60 Tunnel in die Felsen geschlagen wurden und die einige Meter über dem Grund der Schlucht nur von einem schmalen Pfad begleitet wird - wenn überhaupt.
Wir haben auch Bilder gesehen, auf denen es direkt neben der Wasserleitung steil bergab geht. Doch auch, weil man wegen der vielen Tunnel ständig in gebückter Haltung kraxeln muss, können wir diese Variante keinem Normalurlauber empfehlen.
Wohl aber sollte man unbedingt trittsicher sein. Denn nachdem die letzten Terrassengärten von Masca hinter einem zurückbleiben und der Weg mehrmals die Bachseite wechselt, geht es immer wieder über Stock und Stein.
Dabei gibt es zuweilen verschiedene Möglichkeiten, eine Engstelle zu bewältigen. Zum Teil aber enden die Trampelpfade einfach in einer Sackgasse oder, mit ein wenig Glück, an einem Aussichtspunkt (an welchem es freilich auch nicht weitergeht).
Mit beiden Beinen fest auf dem Boden, sind wir froh, dass sich meine Befürchtungen vor Ort als unbegründet erweisen. Und da wir immer noch keinen anderen Wanderern begegnen, können wir die fantastische Landschaft in vollen Zügen genießen.
Während beiderseits von uns die Felswände mehrere hundert Meter in die Höhe ragen, müssen wir nur den Biegungen des Baches folgen, um immer wieder neue Einblicke zu bekommen.
Nachdem der Weg zuerst eine Staumauer umgeht und etwas weiter in einem Rechtsbogen an einer Felsbarriere vorbeiführt, kommen wir in ein wahres Felslabyrinth. Im Rother Wanderführer wird dieser als der imposanteste Abschnitt der Wanderung beschrieben,
in dem von allen Seiten kleinere Barrancos in die Masca-Schlucht einmünden. Oder, wie es im Wanderführer heißt: »Ein Bergrücken nach dem anderen schiebt seine steilwandigen, manchmal gar überhängenden Felsen« in die Schlucht herein. Wir sind begeistert.
Nachdem wir durch ein Eisentor kommen, das ohne erkennbaren Grund in der Landschaft bzw. neben einem der Felsbrocken zu stehen scheint, dauert es nicht mehr lange, bis uns ein Felsklotz den Weg versperrt.
Auf der rechten Seite können wir diesen noch relativ gut umgehen. Eine gute Dreiviertelstunde und mehrere Bachüberquerungen später aber wartet ein richtiges Problem auf uns: ein weiterer Felsblock, der mitten in der Masca-Schlucht liegt.
Da links des Felsens der Bach verläuft, versuchen wir unser Glück zunächst auf der rechten Seite. Dadurch bekommen wir einen guten Blick zu einem Felsentor, das sich rund zehn Meter über dem Boden befindet.
Wirklich weiter geht es hier aber nicht - es sei denn, man klettert um einen Grad herum, wozu man allerdings geschickt und kräftig in den Händen sein sollte, um auf der anderen Seite entlang der Felswand zum rettenden Ufer zu kraxeln. Also zurück das Ganze.
Weil wir uns immer noch nicht vorstellen können, dass wir über die Kaskaden und damit durch den Wasserfall links des Felsens hinabsteigen müssen, klettere ich auf den Felsblock. Von unten sieht es nämlich so aus, als wenn es auf dem Hang, mit dem der Felsen über einen zweiten Felsen verbunden ist, einen Weg gäbe.
Ein Irrtum, wie ich feststelle, als ich drüben angekommen bin, einen Stein losgetreten habe (der krachend in die Tiefe stürzt) und merke, dass der Untergrund rutschig ist. So eine Sch ...! Und schon ruft auch Annette, dass ich da wegkommen soll, da es ein Stück weiter senkrecht bergab geht.
Das war gefährlich. Obwohl Annette meint, dass wir wohl umkehren müssten, schaue ich mir den Wasserfall dann aber doch noch einmal genauer an. Wären wir besser vorbereitet oder nicht alleine in der Schlucht gewesen, wären wir wohl ohne groß zu überlegen hinuntergeklettert. So aber lehne ich mich erst so weit wie möglich vor,
um eine mögliche Route durch das Wasser auszumachen. Nach einer Pause schließlich wagen wir den Abstieg über die Kaskaden, für den man zwar die Hände zur Hilfe nehmen muss, der aber gar nicht so schwierig ist, wie es von oben aussieht. Der Aufstieg jedenfalls wird uns später keine Probleme bereiten.
Aufstieg durch einen Wasserfall in der Masca-Schlucht im Südwesten von Teneriffa.
Froh, heile unten angekommen zu sein, lassen wir unsere Kameras bis zum Ausgang der Schlucht im Rucksack. Das wäre zwar nicht nötig, wir aber wollen jetzt erstmal beide Hände frei haben und unbeschwert die spektakuläre Landschaft genießen.
Mal abgesehen davon, dass wir auch hier ab und zu rätseln müssen, wo der Weg weitergeht, und uns noch das ein oder andere Hindernis erwartet, bei dem es ganz gut ist, sich festhalten zu können.
Zugleich hatten wir nicht gedacht, wie weit es von der genannten Schlüsselstelle bis zur Playa de Masca ist. So meinen wir bereits mehrmals das Meer rauschen zu hören, um hinter der nächsten Biegung dann doch nur wieder weitere Felswände zu sehen.
Da die Felslandschaft im unteren Teil der Schlucht noch einen Tick spektakulärer ist als vor der Kaskade, wäre es jedoch sehr schade gewesen, wenn wir auf diesen Abschnitt verzichtet hätten.
Nach etwa drei Stunden erreichen wir die Playa de Masca. Endlich geschafft - und endlich wissen wir es, welche der Zahlen unterwegs die höchste ist. Zur Erklärung: Bereits an der Stelle in Masca, wo es hinunter in die Schlucht geht, befindet sich die »1«. Man sieht sie nicht, da sie recht unauffällig angebracht ist.
Die Zahlen zwei bis fünf sind ebenfalls, da sie zum Teil an den Stufen geschrieben sind, auf dem Hinweg so gut wie nicht zu sehen. Irgendwann aber fällt einem auf, dass es alle 100 (150 ?) Meter Markierungen in der Schlucht gibt, die durchnummeriert sind. Das ist dann der Zeitpunkt, an dem man sich fragt, bis zu welcher Nummer es geht. Es ist die 55.
Wenn ich bedenke, dass ich unterwegs mal gedacht hatte, wir erreichen bei 32 oder so das Meer ... nun ja. Die Schlüsselstelle befindet sich jedenfalls zwischen der 39 und 40, von wo es dann immer noch eine Dreiviertelstunde bis zum unteren Ausgang der Masca-Schlucht ist. Aber gut, geschafft ist geschafft und wir freuen uns auf die wohlverdiente Pause am Masca-Strand.
Je nach Jahreszeit und Witterung soll es hier einen schmalen Sandstrand geben. Wie uns erwartet auch die anderen Wanderer (wir sind zum Schluss überholt worden) aber nur ein steiniger Strand vor einer unruhigen See. Dann also kein Spaziergang durchs Wasser.
Hätten wir uns oben im Ort ein Ticket für die Boote gekauft, könnten wir uns ab dem Felsen im Meer, zu dem ein Steg führt, bequem um die Felsen von Los Gigantes herumfahren lassen und danach per Taxi zurück nach Masca fahren.
Wir aber wollen die Schlucht in beide Richtungen durchwandern und genießen lieber den Blick über das Meer, bevor wir die zweite Hälfte unserer Tour und damit 600 Höhenmeter in Angriff nehmen.
Befanden wir uns auf dem Hinweg die meiste Zeit im Schatten, liegen ab dem Mittag weite Teile der Schlucht in der Sonne. Schon allein, weil sich dadurch die Lichtverhältnisse stark ändern, lohnt es sich, den Weg auch wieder zurück nach Masca zu wandern.
Da wir jetzt ständig anderen Wanderern begegnen, ist es zudem einfacher, den richtigen Pfad zu wählen, sodass wir eigentlich kaum mehr in irgendwelche Sackgassen hineinstolpern.
Wohl aber treffen wir mehrmals auf größere Gruppen, in der das Stolpern sehr wohl Thema ist. Denn weil die Masca-Schlucht ein Highlight auf Teneriffa ist, wird sie natürlich so gut wie möglich vermarktet. Im Prinzip ist es ja nicht falsch, an einer geführten Wanderung teilzunehmen. Leider aber nehmen die Führer so ziemlich jeden mit, der die Tour noch gerade so bewältigen könnte.
Als Folge sehen wir bei den Gruppen auch 70jährige, die offenbar schon Schwierigkeiten haben, bevor die wirklich kniffligen Stellen kommen. Während andere die Tour genießen können (oder sich langweilen, weil sie ständig warten müssen), geht es für sie einzig darum, die Tortour irgendwie zu meistern.
Da haben wir ganz andere Probleme: konditionelle. Einen Großteil der Schlucht meistern wir zwar ohne Mühe, wie den Wasserfall, der auf dem Rückweg etwas weniger Wasser führt, im oberen Drittel aber freuen wir uns dann doch über jeden kleinen Abschnitt, den wir bewältigt haben.
Bis wir schließlich wieder bei der Brücke unterhalb von Masca (Nr. 6) ankommen und ich Annette Meter für Meter überreden muss, nicht stehen zu bleiben (ein sturer Esel könnte nicht schlimmer sein).
Nach drei Stunden Aufstieg bzw. insgesamt 6 Stunden, 50 Minuten erreichen wir wieder Masca und werden oben von anderen Urlaubern für diese herausragende Wanderleistung bewundert. Dann aber entschwinden wir in eines der Cafés und genießen eine gefühlt lebensrettende Cola Light, bevor es zurück zur Finca geht, wo hoffentlich eine angeheizte Sauna auf uns wartet.
Die Anfahrt erfolgt über die Autobahn TF-1 und TF-82 von Adeje nach Santiago del Teide. Bei Santiago del Teide auf die TF-423 abbiegen und der Landstraße bis Masca folgen. Parkmöglichkeiten befinden sich entlang an der TF-423. Die Anreise mit öffentlichen Bussen ist möglich. Die nächste Bushaltestelle befindet sich direkt bei Masca (Haltestelle Masca (Bis)).
Ausgangspunkt | Masca |
Koordinaten | N 28.3055, W 16.8401 |
Gehzeit | 6 Stunden |
Distanz | 8,8 km |
Anstiege | durch das ständige Auf und Ab an die 800 HM |
Grad | T3 |
Einkehr | Auf der gesamten Strecke gibt es keine Einkehrmöglichkeiten, weshalb auf jeden Fall reichlich Wasser und auch etwas Verpflegung mitgenommen werden sollte. Wir empfehlen hier auch Traubenzucker oder elektrolytische Getränke, um gegebenenfalls schnell wieder fit zu werden. In Masca gibt es einige Restaurants und Cafés. |
GPS-Daten | Wanderung Masca Schlucht gpx |
KML-Daten | Wanderung Masca Schlucht kml |