Die Fahrt von Surat Thani bis zum Chiew-Lan-See dauert anderthalb Stunden. Kurz bevor wir die Anlegestelle mit den Booten erreichen, können wir einen Blick auf die große Staumauer werfen. Es ist der Ratchaprapha-Staudamm, der seit 1982 den Khlong Saeng in diesem Bereich des Sees auf 90 Meter aufstaut. So schön die ersten Eindrücke vom Chiew-Lan-See auch sein mögen,
so können sie uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Landschaft, die hier geflutet wurde, ganz sicher noch einiges schöner war. Wegen der unabsehbaren Folgen für die Fauna - deren Rettung vor dem Ertrinken nur unzureichend gelang, sowie wegen der nötigen Umsiedlung von 13 Dörfern stand der Ratchaprapha Staudamm dann auch mit Start des Projektes in der Kritik.
Bei der Anlegestelle angekommen, lassen wir unser großes Gepäck zurück. Während dieses in die Art’s Riverview Lodge gebracht wird, steigen wir selbst mit unseren Rucksäcken in eines der am Ufer wartenden Ruea Hang Yao, einem sogenannten Langschwanzboot. So wie alle an Bord sind, stechen wir mit unserem Guide für die nächsten drei Tage, Adam, in See.
Prima, ein Name, den wir uns gut merken können. Und das ist von ihm auch so gewollt. Denn sein thailändischer Name sei so schwierig und lang, dass ihn sich kein Europäer merken könne. Da er an dieser Stelle des Berichts fehlt, muss ich dies wohl bestätigen.
Bevor das Tal des Khlong Saeng geflutet wurde, wurden die künftig überschwemmten Bereiche zur Abholzung frei gegeben. Etliche abgestorbene Bäume, die an vielen Stellen des Chiew-Lan-Sees aus dem Wasser ragen, verraten uns jedoch, dass auch dies nicht überall gelang. Für die Bootsfahrer heißt dies, dass sie den See sehr genau kennen müssen, um ihn sicher überqueren zu können. Denn je nach Wasserstand befinden sich ein paar der Bäume knapp unter der Wasseroberfläche.
Ob es mal zu Unfällen gekommen ist, fragen wir Adam? Er nickt, ein paar mal. Bisher ging es zum Glück immer glimpflich ab, sodass alle betroffenen Passagiere von dem nächsten Boot aus dem Wasser gefischt werden konnten. Entsprechend streng wird das Anlegen der Schwimmwesten gehandhabt- zumindest solange, bis man bewiesen hat, dass man gut schwimmen kann.
Am ersten Tag auf dem Chiew-Lan-See brechen wir nachmittags zu einer Bootstour ans Ende des Tals auf, in dem sich auch das Pleanprai-Rafthouse befindet. Neben Sonnenschutz sollen wir auch einen Mückenschutz und festes Schuhwerk mitnehmen, da wir später zu einem benachbarten See spazieren.
Für Getränke (Wasser) sorgen Adam und der Bootsführer. Und die Schwimmwesten? Sie werden natürlich in ausreichender Zahl mitgenommen. Da in unserer Gruppe zuvor jedoch alle beim Rafthouse ins Wasser gehüpft sind, müssen wir sie diesmal nicht anlegen. Zum Glück, da es nachmittags doch recht warm in dieser Gegend wird.
Nach zehn Minuten auf dem See - und einigen schönen Eindrücken von der einmaligen Landschaft rund herum - steuern wir auf eine provisorische Anlegestelle nahe des Jungleyoga Rafthouse zu. Vor uns sind bereits zwei andere Ruea Hang Yao, also Langschwanzboote, angekommen. Insgesamt aber ist es sehr ruhig in diesem Teil des Chiew-Lan-Sees.
So wie das Boot stabil liegt und alle ausgestiegen sind, geht es zu Fuß über einen Pfad durch den Wald. Dabei steigt der Weg bald an und lässt der lehmige Untergrund gut erkennen, dass es hier durchaus schnell rutschig werden kann. An den Stellen, an denen der Pfad ansteigt, geben deshalb Geländer zusätzlichen Halt.
Der Spaziergang auf die andere Seite des Walds dauert circa 30 Minuten. Dabei lohnt es sich, die Augen offen zu halten. Zum einen, weil wohl niemand gerne in das Netz einer riesigen Spinne läuft.
Zum anderen, weil es neben den Spinnen auch noch andere Lebewesen zu entdecken gibt. Wie die Agamen, die auf den Ästen sitzen oder sich am Stamm halten und in beiden Fällen so tun, als wären sie gar nicht da.
Auf der anderen Seite des Walds kommen wir zu einem weiteren Rafthouse. Da es in den Karten vom Khao Sok Nationalpark durchgestrichen ist, gehen wir davon aus, dass hier keine Touristen mehr über Nacht bleiben. Schade eigentlich, denn die Lage der Anlage ist durchaus attraktiv.
Da es keine offene Verbindung zum Chiew Lan See und auch keine Zufahrt in dieses entlegene Gebiet gibt, scheinen die Anreise mit Gepäck und die Versorgung jedoch zu schwierig zu sein, als dass der Betrieb hier lohnt. Damit sind es vor allem Ausflügler, welche zu dem Rafthouse kommen, um von hier zur nahen Korallenhöhle zu fahren.
Da andere vor uns zu der beliebten Tropfsteinhöhle gefahren sind, haben wir etwas Aufenthalt bei dem Rafthouse, eh wir mit einem sehr einfach gebauten Boot zur Coral Cave übersetzen. Sehr einfach gebaut heißt: Das Boot wird lediglich von Bambusrohren über Wasser gehalten, die in zwei Lagen übereinander vertaut sind. Im hinteren Teil des Boots sind die Sitze angebracht.
Zu meinem Bedauern heben sich die Sitzflächen kaum gegenüber dem Schiffsboden ab. Nicht, dass ich Probleme damit hätte, später wieder aufzustehen. Es ist nur so, dass ausgerechnet vor meinem Sitz eine Querstange angebracht ist, an der das Wasser nach oben spritzt ...
So dauert es nicht lange, bis ich die auch hier wunderschöne Berglandschaft rund um den See mit leicht nassem Hintern bewundern kann. Verglichen mit unserer Fahrt in ein Langhausreservat auf Borneo ist das bisschen Wasser allerdings kaum der Rede wert. Zumal wir schon nach knapp zehn Minuten bei den Muschelkalkfelsen mit der Korallenhöhle und weiteren Höhlen ankommen.
Der Eingang in die Korallenhöhle befindet sich einige Meter oberhalb vom See. Zum Glück. Denn eine andere Tropfsteinhöhle, die Nam Thalu Cave (auch Nam Tha Loo), kann wegen einem Fluss, der durch die Höhle fließt, nicht immer betreten werden.
Und wenn, dann kann es sein, dass man ständig durchs Wasser laufen muss. Zwar gibt es natürlich auch in der Coral Cave nasse Stellen, im Gegensatz zur Nam Thalu Cave ist hier aber kaum möglich, zu Ertrinken.
Bereits im Eingangsbereich der Coral Cave gibt es einige schöne Tropfsteine. Ein besonders bizarr geformtes Kalkgebilde wird uns als Kopf eines Alien beschrieben. Beim Blick nach oben bestätigen wir gerne, dass die Form tatsächlich an ein außerirdisches Wesen
- wie man es aus Filmen kennt - erinnert. Daneben sind weitere Stalaktiten mehrere Meter von der Decke nach unten gewachsen. Ein paar von ihnen bilden eine Art Grotte, in der heute ein kleiner Schrein steht.
Vom Eingang geht es wieder ein Stück weit nach unten in die Höhle. Während wir uns an das wenige Licht gewöhnen, entdecken wir immer wieder neue Gebilde. Mit etwas Fantasie lässt sich ein kleiner Elefant auf einem Stalagmiten erkennen. Andere Tropfsteine wiederum haben eine so dünne Wand gebildet, dass das Licht einer Taschenlampe reicht, um durch den Stein zu leuchten.
Schließlich entdecken wir am begehbaren Ende der Höhle ein Reptil. Wovon es sich ernährt, bleibt uns ein Rätsel. Gut zu erkennen ist jedoch, dass es schon lange als Höhlenbewohner lebt. Denn die Haut hat jegliche Pigmentierung verloren. Faszinierend.
Nach einer Viertelstunde kehren wir zum Ausgang der Höhle zurück. Bei der Fahrt zurück zum Rafthouse kommen wir an weiteren, unerschlossenen Tropfsteinhöhlen vorbei. Wie viele solcher Höhlen es gibt, ist nicht bekannt. Es müssen eine Menge sein. Wobei es auch welche geben muss, die als Bindeglied zwischen den zwei Seen dienen. Denn eine oberirdische Verbindung fehlt.
Bei herrlichen Lichtverhältnissen erreichen wir schließlich wieder das Rafthouse. Schade. Denn der Ausflug auf dem See hätte ruhig länger dauern können - zumal ich bei der Rückfahrt einen der Plätze ergattern konnte, auf denen man trocken bleibt. So aber gehen wir nach der kurzen Fahrt wieder an Land und erfreuen uns abermals an den Agamen, die wir auf dem Weg zum Chiew-Lan-See sehen.
Eindrücke vom Chiew-Lan-See im Khao Sok Nationalpark mit Fahrten über den riesigen Stausee und Besuch einer Tropfsteinhöhle.