Die aus dem Altertum stammende Stadt Ephesos soll an unserem letzten Tag in der Westtürkei auch der Höhepunkt der Reise sein. Leider schleppt uns der Reiseveranstalter vorher noch in eine Schmuckfabrik. Doch wie in der Teppichknüpferei, finden wir auch dort keinen Grund für einen Einkauf. Jedoch nimmt die Veranstaltung nur wenig Zeit in Anspruch und es kann bald weiter gehen nach Ephesos.
Die Celsus-Bibliothek ist zwar das bekannteste Fotomotiv von Ephesos. Doch die muss noch etwas warten. Denn es gibt noch reichlich andere Ausgrabungsstätten, welche das riesige Areal zu bieten hat. Und auch wenn schon jede Menge Brunnen, Tempel, Marmorstraßen und die Hanghäuser freigelegt worden sind, so ist es nur ein Bruchteil von dem, was damals erbaut wurde. So können wir heute die Arbeiter beobachten, welche unter Aufsicht von österreichischen Archäologen, den Schutt vorsichtig bei Seite schaffen. Sie sind immer auf der Suche nach weiteren antiken Schätzen in der Erde.
Nur das große Theater hat an Flair verloren. Es ist riesig, jedoch wurde es umfassend erneuert, sodass hier heute Konzerte stattfinden können. Vor kurzem war Sting hier und begeisterte sein Publikum zwischen den antiken Ruinen von Ephesos.
Der Hadriantempel ist ein Heiligtum von Ephesos. Der Tempel wurde durch Publius Quintilius Valens Varius um 117 nach Christus zu Ehren des römischen Kaisers Hadrian errichtet. Erdbeben setzten dem Gebäude zu. Es wurde aber im 4. Jahrhundert wieder aufgebaut. Die Säulen und Pfeiler der großzügigen Vorhalle sind geschmückt mit korinthischen Kapitellen, Akanthusblättern und anderen pflanzlichen Motiven.
Die Scholastikia-Thermen beim Hadriantempel waren einst die öffentliche Badeanstalt von Ephesos. Noch heute sind die Latrinen gut erhalten. Unter den Toiletten entsorgte ein Kanal mit fließendem Wasser die Fäkalien. Vor der steinernen Sitzbank verlief eine Rinne mit klaren Wasser für die Reinigung. Levent, unser Guide, ist richtig stolz darauf,
dass die Menschen damals schon sauberer und ordentlicher waren als die Franzosen. Versailles entstand viel später und trotzdem wurde das Parfüm erfunden um die Gerüche der Unreinheit zu übertünchen. Trotzdem ist es für uns unvorstellbar, gemeinsam und nebeneinander auf dem Abort zu sitzen. Doch damals war das ganz normal.
Nun erreichen wir die berühmte Celsus-Bibliothek und sind froh, dass wir außerhalb der Saison hier sind. Denn hier werden massenhaft Touristengruppen für ein Andenkenfoto hingestellt. Zur kälteren Jahreszeit halten sich diese jedoch in Grenzen. Und es ist kaum zu verdenken, dass sich hier die Touristen drängen. Die antike Bibliothek aus römischer Zeit ist wirklich schön, auch wenn sie stark zerfallen ist.
Bibliotheken aus dem Römischen Reich wurden oft von reichen und einflussreichen Personen gestiftet. So war es auch bei der dem Ritterstand angehörigen Familie des Suffektkonsuls Iulius Celsus, welche das Gebäude in Ephesos zwischen 117 und 125 erbaute. Lange Zeit war es eine Bibliothek, später wurde der Bau in ein Wohnhaus integriert. Ihre Überreste wurden 1903 bei Ausgrabungen des antiken Marktplatzes entdeckt.
Amphitheater und Großes Stadion bei Ephesos
Ephesos war während des Römischen Reiches eine große Hafenstadt. Noch immer ist die Hafenstraße zu erkennen. Sie führt jedoch ins Nichts. Der Meander-Fluss hat das Land immer weiter ins Meer wachsen lassen. Es entstand um Ephesos herum eine große Sumpflandschaft.
Mit vielleicht über 200.000 Einwohnern war Ephesos eine der bedeutendsten und großen Städte des Römischen Reiches. Somit entstanden hier zahlreiche öffentliche Bauten. Im großen Amphitheater soll sogar der Apostel Paulus eine Szene aus der Apostelgeschichte erlebt haben. So gibt es unzählige Geschichten über die Stätte und man kann unglaublich viel Zeit hier verbringen. Doch wir müssen langsam weiter, weil das Ephesos-Museum noch auf dem Plan steht.
Zu einem Besuch von Ephesos gehört unbedingt auch der Besuch des Ephesos-Museums in Selcuk dazu. Das Museum besteht seit 1929 und beherbergt Fundstücke der benachbarten Grabung in Ephesos sowie von Fundstätten in der Umgebung.
Darum sind die Fundstücke nicht nach dem Zeitalter sortiert, sondern thematisch zusammengefasst. Das unterschiedet dieses Museum von anderen archäologischen Museen. So finden wir im »Saal der Hausfunde« Fundstücke aus den sogenannten Hanghäusern. Das sind zwei private Wohngebäude am Südhang des Bülbüldag. Aber auch die anderen Gebäude des Stadtgebiets sind hier vertreten.
Im »Saal der Brunnenfunde« sind Exponate zu sehen, die im Bereich des Pollio-Nymphäums und anderer Brunnen gefunden wurden. Zu den bekanntesten Funden beim Pollio-Nymphäum zählen ein Zeus-Kopf und der aus dem ersten Jahrhundert nach Christus stammende ruhende Krieger.
Die weiteren Räume beherbergen den »Saal der neuen Funde« mit zahlreichen Münzen, Öllampen, Abbildungen von Bienen (die Biene steht symbolisch für Ephesos) und anderen Kleinfunden, der »Saal der Grabfunde« mit Grabbeigaben aus der näheren Umgebung, der »Saal des Kaiserkults« mit Statuen römischer Kaiser und der Saal der Artemis mit drei Statuen der ephesischen Artemis.
Zu den auffallendsten Fundstücken im Außenbereich zählen eine weitgehend erhaltene Sonnenuhr, der Musensarkophag aus der Nekropole und Architekturfragmente aus dem Mausoleum von Belevi und anderer Gebäude sowie einige Grabstelen aus verschiedenen Jahrhunderten.
Die Johannes-Basilika fehlt leider auf unserem Plan. Wir sahen diese nur in der Ferne, als wir noch Halt beim Artemis-Tempel Halt machen. Der Tempel befindet sich außerhalb der Ephesos-Stätte, am Rande der Ortschaft Selcuk. Als größter Tempelbau gehört dieser zu den »Sieben Weltwunder« der Antike. Die Amazonenkönigin Otrere soll ihn erbauen lassen und der olympischen Gottheit Artemis gewidmet haben. Artemis war die Göttin der Jagd, des Waldes und Hüterin der Frauen und Kinder.
Der Tempel der Artemis ist aber auch die letzte Station auf unserer Reise durch die Westtürkei. Es geht nun zum Flughafen von Izmir und dann zurück nach Hause. Wir haben viel erlebt und wurden von so manchem Wetterereignis überrascht. Mit »antikem Regen« rechnet man ja hier.
Aber wer erwartet in der Türkei einen ausgiebigen Graupelschauer? Trotzdem ist die Jahreszeit für solch eine Tour perfekt. Wir konnten die vielen Tempel mit weniger Touristen und vor allem bei günstigen Temperaturen besichtigen. Denn wer will bei knapp 40°C durch die Celsus-Bibliothek spazieren?