Am Abend ankerten in Finike, dem wohl zweitgrößten Yachthafen der Türkei. Aus Sicherheitsgründen ist es nicht erlaubt, auf den Gulets zu grillen. Also wurde der Pier in eine »Barbecue-Seemeile« verwandelt, an der Dutzende von Grillmeister das Fleisch brutzelten, nach welchem schon wenig später der ganze Hafen roch.
Auch unser Kapitän ließ es sich nicht nehmen, den Grillmeister zu spielen und brachte mit superleckeren Fleischküchle und Steaks einige Gesichter zum Strahlen. Kein Wunder, standen bis da doch eher leichte Speisen und damit recht wenig Fleisch auf dem Speiseplan.
Nach dem Essen kam ein Barbier auf die Atlantis, was für die Männer hieß: wer wollte, konnte sich für fünf Euro von diesem gründlich rasieren und verwöhnen lassen. Womit die Rasierten jedoch nicht rechneten: im Anschluss an die Rasur wurde die Haut mit einem in Petroleum (oder Öl?) getauchten Wattestab flambiert - wozu auch immer das gut sein soll.
Als wir schließlich nach Finike spazierten, war es leider schon ein wenig zu dunkel zum Fotografieren. War allerdings auch nicht weiter tragisch, weil Finike - ehrlich gesagt - nicht nach viel mehr als einem typischen Touristen-Futter-Ort aussieht.
So dient der Hafen wohl mehr den vielen Booten zum Abladen von Müll und Abwässern beziehungsweise zum Auffüllen der Essensvorräte und Getränke.
Gewöhnungsbedürftig war außerdem der Lärm, der die halbe Nacht von den Bars über den Hafen schallt. Da fanden wir die Nächte in den ruhigen Buchten schon angenehmer.
Auf dem Weg zur nächsten und leider auch letzten Bucht liegen wieder alle auf dem Deck, genießen die Ruhe nach Finike, lesen vielleicht ein paar Seiten oder dösen halbwegs vor sich hin. Nichts scheint die Ruhe stören zu können.
Plötzlich aber zerreißt ein Schrei die Stille. »Delfine!!!« Alles fährt hoch. Was? Delfine? Fast schon glauben wir falsch gehört zu haben, als Margot nochmals ruft: »Delfine, da vorne sind Delfine!« und dabei energisch in Fahrtrichtung zeigt. Jetzt sind alle hellwach, schnappen sich vielleicht noch flugs die Kamera und eilen vor zum Bug.
Und tatsächlich. Eine Delfinfamilie schwimmt mit der Atlantis um die Wette, tendelt vorm Bug hin und her. Wir sind begeistert und kämpfen mit den Schiffsmasten und der spiegelnden Sonne, um wenigstens ein gelungenes Foto aufzunehmen.
Minuten später sind die Delfine für ein paar Sekunden verschwunden. Dann aber springen sie vergnügt aus dem Wasser und begleiten unser Gulet ein Stück weit, bevor sie zurückbleiben und abreißen lassen. »Einfach herrlich und süß.« Und ein toller Vorgeschmack auf unseren späteren Delfin-Ausflug im Roten Meer.
Am späten Vormittag kommen wir in die Bucht von Ceneviz (Bucht der Genuesen). Wie in einem Bilderbuch wird die Bucht von schroffen und kahlen Felsen umrahmt. Ein paar der Felsen stehen in der Einfahrt und schauen wie spitze Haifischzähne aus dem Wasser. Damit heißt es Vorsicht bei den Matrosen, will sich doch keiner einen Schramme ins Gulets ritzen, geschweige denn, das Boot auf dem Grund der türkischen Riviera parken.
In der Bucht von Ceneviz
Während andere Boote bereits ein Stück näher am Strand ankern, hält die Atlantis selbst einen etwas größeren Abstand zum Ufer. Eigentlich nur unwesentlich mehr. Wie weit unwesentlich sein kann, durfte dann jeder erfahren, der mit uns die dumme Idee teilte, kurz vorm Mittagessen noch bis an den Strand zu schwimmen...
»Blaue Reise« im Gulet bedeutet in der ursprünglichen Form, mit einem Segelboot entlang der türkischen Küste bzw. der lykischen Küste zu segeln. Dementsprechend verstehen sich die Gulets auch heute als Segelboote beziehungsweise Motorsegler.
Tatsächlich stehen die Masten auf vielen Schiffen nur noch zur Zierde, wenn nicht, um Wäsche und Sonnendächer daran zu befestigen. Gulets, die ein Segel dabei haben, gibt es nur wenige und einige haben nicht einmal mehr den fürs Segeln nötigen Kiel unter den Planken.
Vielleicht hat sich die Crew von der allgemeinen Faulheit anstecken lassen, vielleicht hatten sie auch einfach so keine Lust, die Segel auszupacken. Jedenfalls schien es unserem Kapitän nicht in den Kram zu passen, dass wir wenigstens ein paar Seemeilen segelnd zurücklegen wollten.
Welch Glück, dass die Faulheit von Urlaubern zwar schlimm ist, aber keinesfalls mit der touristischen Hartnäckigkeit mithalten kann.
So wurde unser Betteln und Bitten schließlich doch belohnt, die Segel gehisst und (beinahe) richtig gesegelt.
Hektisch rannte die Crew über das Deck, löste hier Knoten, sortierte dort Schnüre und zog dann endlich die weißen Segel auf.
Richtig Segeln konnte man es allerdings nicht nennen, weil längst nicht alle Segel auf die Fahrt mitgenommen wurden, die aufgezogenen sich nur mäßig spannten und außerdem der Motor weiterhin lief. Schade eigentlich.