Zwei Wochen, davon eine Woche als Rundreise durch Kappadokien, waren wir in der Türkei. Nach der Landung und einer Nacht in Lara, einem Vorort von Antalya, sind wir mit Berge & Meer in die Vulkanlandschaft von Kappadokien gefahren.
Die ersten beiden Stopps während der Rundreise waren bei der Waldmoschee in Esrefoglu und bei der heute noch sehr gut erhaltenen Karawanserei Sultanhan. Glück hatten wir, dass unser Reiseleiter auch als Journalist und Fotograf gearbeitet hat. So hatte er die Fahrt so geplant, dass wir kurz vor Sonnenuntergang und damit zur besten Zeit bei den drei Grazien in Kappadokien ankamen. Nach der ersten Nacht in einem leider etwas abgelegenen Hotel sind wir durch das bizarre, sehr idyllische Taubental gewandert.
Ein unbedingtes Muss dieser Reise ist der Burgfelsen bei Uchisar. Er stand bei uns zur Mittagszeit auf dem Programm. Damit hatten wir die Wahl: entweder in einem der liebevoll in Höhlen gestalteten Restaurants einkehren oder aber die ins Vulkangestein geschlagene Siedlung besichtigen. Ebenfalls zum Pflichtprogramm jedes Kappadokien-Reisenden zählt der Besuch der Felsenkirchen in Göreme. Weitere Highlights in Kappadokien sind die Teilnahme an einem kappadokischen Abend, die unterirdische Stadt Özkonak, das von unzähligen Felsnadeln geprägte Liebestal und die Ihlara-Schlucht. Leider hatten wir für diese nur Zeit für einen kurzen Abstecher. Dieser aber hat gereicht, um Lust auf eine Wanderung durch den Canyon zu bekommen.
Auf Fahrt zu den Kalksinterterrassen und der antiken Stadt Hierapolis bei Pamukkale mit ihrer Nekropole und dem sehr gut erhaltenen Amphitheater stand eine Übernachtung in Konya an. In der Millionenmetropole lohnt es sich, das Mevlana-Museum zu besichtigen. Das Museum ist vor allem für seine Kalligraphien bekannt. Die zweite Woche unseres Urlaubs verbringen wir, nach dem Besuch mehrerer teurer Fabriken bei Antalya, in einem Strandhotel östlich von Alanya. Ab dort unternehmen wir einen Ausflug nach Alanya.
Das Angebot »Zug zum Flug« ist ja schon etwas Feines. Auch fein ist ein Flieger, der um 6:20 Uhr in Richtung Urlaub abhebt. Beides miteinander kombiniert führt jedoch dann zu einer Nervenprobe, wenn sich der Zug zum Flughafen verspätet. So haben wir zwar vorsichtshalber einen Zug am Vorabend gewählt. Allerdings die letzte Verbindung des Tages, die Minute um Minute verliert. Erst als wir unseren Anschlusszug bereits abgeschrieben haben, folgt die Erleichterung. So erfahren wir kurz vor der Einfahrt in Singen, dass der ICE nach Stuttgart wartet. Schön, wenn man sich bei der Bahn darauf verlassen kann, dass sich im Falle einer Verspätung auch andere Züge verspäten. Damit kommen wir planmäßig sieben Stunden vor unserem Flug in Stuttgart an. Damit kann die Reise nach Kappadokien starten.
Unser erster Zwischenstopp in Beysehir brachte uns zu einer der ältesten Moscheen des Landes. Ende des 13. Jh. von den Selcuken erbaut, ist die ursprüngliche Architektur der Holzmoschee von Esrefoglu bis heute erhalten geblieben. Es gibt nur noch wenige islamische Sakralbauten mit hölzernen Säulenhallen und Holzdächern. Im Innern der Moschee (Schuhe aus, Haare, Schultern und Knie bedecken) lassen sich somit 46 Holzsäulen bewundern, die in 7 m Höhe eine Holzbalkendecke tragen, während einem außerhalb der Moschee Kopftücher, billige Holzschnitzereien und vor allem dicke Wollstrümpfe in jeder erdenklichen Größe angeboten werden.
Als wir bei der Moschee ankamen, nahte schon das Mittagsgebet, weshalb uns Erkin (unser Reiseleiter) dazu anhielt, keine Zeit zu verlieren, sondern zügig die Moschee zu betreten und erst nach seinem Vortrag zu fotografieren, rumzugucken, in der sommerlichen Hitze unangemessen dicke Strümpfe zu kaufen oder die Toilette aufzusuchen.
Fünf Minuten später, endlich hatte auch der letzte seine Schuhe ausgezogen und den Weg in die Moschee gefunden, gab es den ersten freundlichen, aber doch sehr bestimmten Tadel von Erkin. Er hat es sicher nicht böse gemeint, tatsächlich aber war er anschließend meist der letzte, wenn ein Zeitpunkt vereinbart wurde...
Bevor wir mit Sultan Han unser zweites Ziel ansteuerten, lernten wir bei der Weiterfahrt durch das Taurusgebirge den Geschmack von 24 Karat kennen. Nein, Erkin fand bei einem Straßenhändler (Hülsen-) Früchte des Johannisbrotbaumes, dessen Samen (Karat genannt) früher zum Wiegen von Gold und Edelsteinen benutzt wurde.
Die Hülsenfrüchte sind essbar, schmecken leicht süßlichmehlig und wirken angeblich aphrodisierend, weshalb vor allem die Männer kräftig zulangen sollten. Ob es wirkt, konnten wir nach zwei kleinen Bissen nicht feststellen, aber lustig war’s allemal, zumal ein paar unserer Gruppe die (edelsteinharten) Samen zu verbeißen versuchten.
42 Kilometer vor Aksaray erreichten wir den Ort Sultan Han mit der gleichnamigen Karawanserei, dem Motel der früheren Kamelkarawanen. 42 Kilometer bedeutet, dass wir damals nach Sultan Han noch eine weitere Karawanserei auf dem Weg nach Aksaray aufgesucht hätten, weil die Karawansereien im Abstand von höchstens einer Tagesreise entlang der Karawanenstraßen errichtet wurden, und das waren damals 30 km. Wie die Esrefoglu Moschee wurde Sultan Han ebenfalls im 13. Jh. von den Selcuken als Stiftung des Sultans Alaeddin Keykubat I. erbaut, war bis zu ihrer Restaurierung im Jahr 1975 allerdings sehr verfallen und diente in jüngeren Zeiten als Filmkulisse.
Sehr positiv: wer sich zur Zeit der Seldschuken bzw. der Osmanen als Händler in einer Karawanserei aufhielt, brauchte für die ersten drei Tage nichts zu zahlen. Ausgerüstet mit einem Bad (hamam), Krankenhaus, Arzneien, Betten und Geschirr sowie dem obligatorischen Gebetsquader war Sultan Han dabei nicht nur die größte der Karawansereien. Vielmehr war es das 5*****Kamelmotel, in welchem jeder auch nachts Ankommende eine warme Speise bekam.
Insgesamt 600 km Fahrt bringen uns von der Stadt Antalya ins Herz von Kappadokien, wo uns ein malerischer Sonnenuntergang empfängt. Bei besten Lichtverhältnissen legt unser Reiseführer flugs einen Fotostopp beim Catalkaya Tal ein. Von einem Kamm aus blicken wir auf die Drei Grazien, auch die Drei Schönen oder auf türkisch Üç Güzeller. Es sind die berühmten Catalkaya-Gabelfelsen, welche als das Wahrzeichen der Stadt Ürgüp gelten. Die Feenkamine weisen hier eine besonders interessante und originelle Pilzform auf. Zudem ist die Lage direkt an der D302 für sämtliche Reisebusse der perfekte Anlaufpunkt.
So kommen wir kurz vor der Dämmerung in unserem Hotel an. Glück für uns: unser Reiseleiter darf sich stets vor den anderen Führern die Unterkunft auswählen. Dadurch bekommen wir die etwas besseren Hotels. Gleiches gilt allerdings auch für die Gruppe von Selcuk, der seine Leute dazu anhält, vor den anderen Stillschweigen zu bewahren. Ebenfalls positiv: Obwohl die Teilnehmer der Reise in zwei Busse gepasst hätten, werden aus Gründen der Bequemlichkeit drei Busse eingesetzt,. Dabei bewegen sich alle drei Gruppen nahezu unabhängig voneinander.
Kaum im Hotel angekommen schalten alle Teilnehmer der Rundreise sämtliche möglichen elektrischen Geräte ein. Sekunden später provozieren sie so den ersten Stromausfall der Reise. Dumm, wenn man sich da bereits auf dem Weg nach unten befindet. Saudumm, wer circa eine Sekunde, nachdem das Licht wieder angeht, die Treppe herunterrutscht *grrr*. Dafür ist zumindest Annette bestens versorgt, nachdem sie den Hotelzoo mit Enten, Wachteln, kleinen Hunden und Kaninchen entdeckt.
Das Hotel selbst befindet sich außerhalb von Ürgüp, sodass wir abends einen kleinen Spaziergang einlegen müssen, um in das nächste Dorf zu gelangen. Leider führt der Weg mitten durch die Dunkelheit an einem schwarzen, großen und vor allem bösartigen Hund vorbei. Nachdem er erst anknurrt, kommt er auch schon auf uns zugerannt. Grund genug für Annette, einen halberstickten Panikschrei in die Nacht zu entsenden.
Tatsächlich sind so Begegnungen gar nicht witzig. Zumal in der Dunkelheit weder ein Stein noch Knüppel zu sehen ist und ich denke, gleich angefallen zu werden. Flugs drücke ich Annette hinter mir, schrei den Hund scharf an und habe dann Glück, dass ein Türke herbeieilt. Er schreit ebenfalls schrie und wirft außerdem mit Steinen, womit es ihm gelingt, die Situation zu entschärfen. Weiche Knie kann dies indes nicht verhindern.
Von dem Schrecken noch nicht wirklich erholt, kommen wir in der Ortschaft an. Vor Ort werden wir mit einer Führung durch ein griechisches, über kappadokische Höhlen errichtetes Gebäude entschädigt. Der Besitzer der »noch Ruine« nimmt sich für deutsche Verhältnisse erstaunlich viel Zeit, uns die meisten der stark sanierungsbedürftigen Räume zu zeigen. Schlißelich erklärt er uns, wo das Restaurant des Vaters und seine Disco bis zum nächsten Jahr entstehen sollen. Mit 50 Leuten wollen sie es über Winter schaffen. Im angrenzenden Laden werden wir wieder auf einen Apfeltee eingeladen, bevor Annette einen kleinen Glücksanhänger geschenkt bekommt.
Nicht Teil des gebuchten Programms, dafür um so mehr zu empfehlen ist ein Kappadokischer Abend mit Folklore und Bauchtanz. Unter der Erde in angenehm kühler Luft und gemütlicher Atmosphäre werden bei kleinen Speisen (Obst, Erdnüsse...) und freien Getränken zwei Stunden lang historische Tänze und Bräuche aufgeführt. Bauchtanz darf da natürlich ebenso wenig fehlen wie der berühmt berüchtigte Raki.
Nachdem uns die Tänzer den Ablauf einer türkisch-kappadokische Hochzeit darbieten, dürfen alle Gäste zu einer orientalischer Polonaise antreten. Plötzlich wird Annette herausgezogen und zu einem Stuhl mitten auf der Tanzfläche geführt. Wenig später muss sie zunächst mehrere fremde Männer ablehnen, bevor ich selbst auf die Tanzfläche gezerrt wurde, meine grün verschleierte Braut zu umwerben. Kurz danach sind wir ein zweites Mal innerhalb zwei Wochen verheiratet, diesmal eben auf Kappadokisch. Eigentlich wollten wir dies für uns behalten. Dann aber müssen wir uns den Fragen Erkins stellen. Und damit wissen bald alle Teilnehmer der Rundreise von unserem Glück.
Aber wie ist das mit dem Bauchtanz? Ich weiß ja nicht, wie Bauchtänzerinnen so ticken. Aber bei jedem Auftritt bekommen sie irgendwann das Gefühl, ein paar Männer auf die Fläche holen zu müssen. Also: Männer können sich nicht so bewegen, wie es die Bauchtänzerin vormacht. Zum einen fehlen uns die Übung und Gelenkigkeit, und außerdem fehlt uns da anatomisch etwas, was die Tänzerinnen gerne wackeln und hüpfen lassen. Anbei ein herzliches Dankeschön an unseren Reiseleiter, der dafür sorgt, dass auch ich zu den Auserkorenen gehöre.
Nicht ganz so Leid tut mir, als einziger von der Bauchtänzerin das Hemd ausgezogen zu bekommen, auch wenn dies zwangsläufig böse Blicke meiner Braut auslöst. Die Darbietung an sich... Hm, es ist nicht leicht, erst zu gucken, was die Tänzerin vormacht, dieses dann versuchen, erkennbar zu kopieren, um dann festzustellen, dass sich die nette Türkin schon wieder ganz anders bewegt. Zum Abschluss immerhin dürfen wir der Türkin je einen Schmatz auf die Wange drücken. Es gibt erneut warnende Blicke seitens Annettes.
Tag | Reiseverlauf und Ausflugsziele |
1 | Flug von Stuttgart nach Antalya und Transfer zum Hotel in Antalya-Lara. Fahrt mit dem Dolmus ins Zentrum, erster Spaziergang durch Antalya. |
2 | Fahrt über das Taurusgebirge nach Kappadokien. Unterwegs Stopp bei der Waldmoschee in Esrefoglu, Besuch der Karawanserei Sultan hani. Fotostopp bei den drei Grazien. |
3 | Wanderung durch das Taubental und Ausflug zum Burgfelsen Uchisar mit Spaziergang. Teilnahme am Kappadokischen Abend mit Folklore und Bauchtanz. |
4 | Wanderung ins Liebestal und Spaziergang durch das Kameltal. Besuch der unterirdischen Stadt Özkonak und Ausflug zu den frühchristlichen Felsenkirchen in Göreme Besichtigung mehrerer Feenkamine und Wohnfelsen in der Vulkanlandschaft von Kappadokien. |
5 | Wanderung hinab in die Ihlara-Schlucht. Weiterfahrt nach Konya mit Stopp beim kreisrunden See nahe Obruk han. Nachmittags Besichtigung des Mevlana-Museums in Konya. |
6 | Weiterfahrt nach Pamukkale, Besichtigung der Kalksinterterrassen von Pamukkale sowie des benachbarten Amphitheaters und der Nekropole. Übernachtung in einem Thermalhotel. |
7 | Rückfahrt nach Antalya mit Stopp bei einer Teppichknüpferei sowie einer viel zu teuren Industriegoldschmiede. |
8-14 | Badeverlängerung in einem Strandhotel östlich von Alanya. Fahrt mit dem Dolmus ins Zentrum von Alanya und Teilnahme an einer Bootsfahrt. |
15 | Rückreise nach Deutschland. |