Am Abend fuhren wir weiter in die Bucht von Üçagiz, dem idyllischen Dorf Kaleücagiz. Es ist offensichtlich, dass hier das Einkommen mit dem Tourismus verdient wird. Doch ist es hier bei Weitem nicht so überlaufen ist wie bei Urlaubszentren bei Bodrum, Side oder Alanya.
Während unser Gulet Atlantis weiter draußen ankerte, brachte uns das kleine Beiboot ans Ufer, beziehungsweise zu einen der klapprigen Holzstege, über den wir die kleine, aber malerische Hafenpromenade erreichten.
Das Leben in Üçagiz ist auch heute noch recht einfach. Und dennoch wurden wir von mehreren kleinen Restaurants empfangen Restaurants, welche uns zum Beispiel mit dem Versprechen »Bester Koch am Mittelmeer« an die Tische zu locken versuchten und gleichzeitig klarstellten: Deutsch ist hier kein Fremdwort.
Auf Abendgarderobe wird hier übrigens kein Wert gelegt, da die Straßen recht uneben, staubig und anstrengend sind und es auch so kaum möglich ist, trockenen Fußes an Land zu kommen.
Nur wenige Meter vom Hafen entfernt erwartet uns ein kunterbunt aus Gassen, kleinen Läden und Lokalen. Selbstgefertigte Tischdecken, Taschen, Schmuck und Folklorekleider werden angeboten.
Hier und da blühen ein paar Geranien und Petunien in umfunktionierten Behältern jedweder Art, fangen Eimer das Tropf- und Gießwasser einer Klimaanlage auf.
Trotz des aufkeimenden Tourismus haben sich Einwohner hier ihr einfaches Leben erhalten. Aufdringliche Verkäufer, die uns mit nervigen »nur gucken«-Sprüchen in die Läden oder an den Stand locken wollen, gibt es hier nicht.
Dafür laufen Ziegen und verspielte Hunde frei herum, toben Kinder über den staubigen Straßenbelag und freuen sich - ein wenig abseits des dörflichen Treibens - zwei Enten über ein Bad in in ihrem ganz eigenen kleinen Wasserlauf. Für uns einfach ein Dörfchen zum Schlendern und Wohlfühlen.
Überall entlang der steilen Wege wachsen lecker aussehende, reife Kaktusfeigen. Nachdem Lars letzten Sommer aber erst alle möglichen Früchte in sich hineinstopfte (vor allem Melone)
und dafür beinahe den halben Türkeiurlaub krank büßen musste, halten wir uns jedoch lieber fern von den Kaktusfeigen, selbst wenn diese überall im Ort verkauft werden.
Wenn einen schon die Leute weitestgehend in Ruhe lassen, so versucht doch zumindest ein kleiner süßer Hund, Leute in ein Restaurant zu locken. Nun, eigentlich ist dieses kaum mehr als ein Bretterverschlag mit Bedienung, der in luftiger Höhe irgendwie um ein paar Bäume herum gebaut wurde und wohl mehr von der Hoffnung als einer stabilen Statik gehalten wird.
Die Angst, alles könnte schon im nächsten Moment zusammenbrechen, konnte einen großen Teil unserer Gruppe allerdings nicht davon abhalten, die Besichtigungstour zu beenden, um sich statt dessen in luftiger Höhe von den Strapazen des kleinen Aufstiegs zu erholen. Wir indess spazieren zur Landseite und ins Hinterdorf von Üçagiz.
Auf der anderen Straßenseite vernehmen wir ein helles Piepsen und tatsächlich: ein paar Küken stolpern durch das Gestrüpp und kämpfen sich durch abgebrochene Grashalme. Auch sie können sich frei bewegen, wenn auch immer unter den wachsamen Augen ihrer Hühnermama.
Allmählich wird der Weg flacher, ein paar alte Autos kommen uns auf ihrem Weg in das Dorf entgegen. Nach einem TÜV braucht hier keiner fragen. Und doch ist Üçagiz im Gegensatz zu anderen Siedlungen entlang der lykischen Küste auch über den Landweg zu erreichen.
Wer die türkische Mittagshitze kennt, der weiß, das ist kaum die Zeit zum Arbeiten. Nun wird aber auch in Üçagiz die Arbeit durch eine ausgedehnte Mittagspause nicht weniger und so sehen wir trotz einsetzender Abenddämmerung noch überall Menschen, welche ihre Tiere versorgen, die Blumen gießen oder auch ihre Häuser instand halten.
Wenig später heißt es dann auch schon wieder Abschied nehmen. Vom Bootssteg schauen wir noch einmal zurück zur kleinen Dorf-Moschee, dann schon holt uns das Beiboot wieder ab und bringt uns - pünktlich zum Abendessen - zurück zur Atlantis.
Nach der stürmischen Nacht in der Bucht von Adrasan hatten wir diesen Abend wieder Glück mit dem Wetter. Kaum ein Lüftchen rührte sich in Üçagiz und da sich die Bucht fern jeder größeren Siedlung geschweige denn Industrie befindet, ist die Luft so sauber, dass über uns ein sternenklarer Himmel aufging. Nie zuvor hatten wir die Milchstraße so deutlich gesehen.
Dem nicht genug, überraschte uns ausgerechnet in dieser Nacht der Meteorstrom der Perseiden, der schon im Juli begonnen hatte und hier nun seinen Höhepunkt erreichte. Mit anderen Worten: in dieser Nacht regnete es nur so Sternschnuppen vom Himmel, so dass wir schon nach kurzer Zeit gar nicht mehr wussten, was wir uns wünschen sollten.
Was unsere Mitreisenden übrigens nicht wussten: Lars erster Wunsch war, dass nur seine Wünsche in Erfüllung gehen. Frech aber nicht unbegründet, werden die Perseiden doch auch »Laurentius-Tränen« genannt.