Erst nach Einbruch der Nacht erreichen wir Las Vegas. Damit zeigt sich uns die Spielerstadt von ihrer schönsten Seite. An jeder Ecke blinkt und glitzert es, werben Leuchtreklamen für M&M’s, den Verzehr von Fastfood oder den Einkauf neuer Klamotten.
Werbetafeln informieren über die aktuellen Shows und darüber strahlen uns die Namen der weltbekannten Casinos entgegen, um mit dem Paris, New York New York oder dem Cesars Palace nur ein paar Beispiele zu nennen.
Auf dem Weg nach Las Vegas wollten wir eigentlich Quarter (25 Cent-Münze) für die Einarmigen Banditen sammeln. Doch das kann man sich heute sparen. Denn inzwischen wurden die meisten Spielautomaten auf Wert- und Scheckkarten umgestellt.
Auch mit Dollarnoten lassen sie sich noch füttern. Das früher bei hohen Automatengewinnen typische Klimpern von Münzen jedoch gehört der Vergangenheit an. Ganz sind die Münzautomaten zwar noch nicht verschwunden, gesehen haben wir aber keinen.
Bei den Rundgängen durch die riesigen Spielhallen staunen wir über die Menge an Automaten. In den großen Casinos müssen es über tausend sein, die uns von allen Seiten mit ihrem Gedudel um den Verstand zu bringen versuchen. Schauen wir uns einen an,
stehen wir außerdem wie der Ochs vorm Berg. Natürlich wissen wir, wie ein normaler Spielautomat funktioniert. Aber hier stehen in der Mehrzahl Automaten herum, bei denen man bereits einen Haufen Geld verdaddelt hat, bevor man das Spiel überhaupt versteht.
Am ersten Abend in Las Vegas brechen wir zur Tour Las Vegas Lights auf. Natürlich lässt sich die Stadt auch auf eigene Faust erkunden. Dann jedoch stünden wir vor dem Problem, dass wir keine Ahnung haben, was es wann wo zu sehen gibt.
Und abgesehen davon, dass es vom Gold Coast gut 20 Minuten zu Fuß bis zum Strip sind, liefen wir außerdem Gefahr, an den interessantesten Sachen blindlings vorbei zu laufen. Also rein in den Bus und schauen, was die Nacht so bringt.
Wie schon bei der Fahrt zum Hotel sind wir bald Teil des dichten Verkehrs. Auf drei, vier Spuren je Richtung schieben sich die Autos und Busse durch das Zentrum von Las Vegas. Damit es bloß keine Entspannung gibt, drehen auch einige Fahrzeuge mit Werbetafeln auf dem Heck ihre Runden durch das Zentrum. Ein bestimmtes Ziel haben diese Autos nicht, außer dass sie möglichst viele Menschen auf nahezu textilfreie Shows aufmerksam machen wollen.
Das zähe Tempo aber kann uns nur recht sein, da wir so bei der Fahrt nach Downtown Las Vegas einige weitere Eindrücke von der Stadt sammeln können. Sind es links und rechts der Straße die kleinen, bis auf wenige Ausnahmen außer Mode geratenen Hochzeitskapellen, ist es über uns der 350 Meter hohe Stratosphere Tower mit seinem Drehrestaurant, dem Big Shot, X-Scream und dem Insanity - The Ride, eine Art Kettenkarussell mit freiem Blick in die Tiefe... man muss nicht alles mitmachen.
Unser erster Stopp in Downtown ist beim Hotel und Casino Golden Nugget. Der Name des Hotels ist Programm: in der Lobby ist der weltweit größte, öffentlich ausgestellte Klumpen Gold zu sehen. Die »Hand des Glaubens« wurde 1980 in Australien (siehe www.in-australien.com) entdeckt und wiegt satte 27,669 kg. Allein durch ihr Gewicht ist »Hand des Glaubens« inzwischen mehr als 1,4 Million US-Dollar wert. Größer noch war der Nugget mit dem Namen »Willkommen Fremder«. Er wurde 1869 ebenfalls in Australien gefunden und war 72,04 kg schwer, wurde aber eingeschmolzen.
Wer nach dem Ohhh-Faktor Lust auf Nervenkitzel hat, empfehlen wir eine Fahrt mit der großen Wasserrutsche des Hotels. Denn bevor man in der großzügig gestalteten Poollandschaft landet, rauscht man in einer durchsichtigen Röhre mitten durch ein Aquarium mit Haifischen. Wie die Haie darüber denken, ist natürlich die andere Frage.
Nachdem wir das 3.500 m2 große Casino vom Golden Nugget durchquert haben, kommen wir in eine überdachte Passage. Während eine Tänzerin und laute Musik für etwas Unterhaltung sorgen, warten bereits einige Besucher auf die Show. Andere üben sich darin, den legendären rauchenden Cowboy oder die leuchtende Peepshow-Reklame zu fotografieren. Dann wird es einen Moment lang ruhig,
eh bunte Illuminationen zum Klang von Rockmusik in dem Dach über uns erscheinen. Zu verdanken haben wir das Lichterspiel der Erkenntnis, dass es heute längst nicht mehr reicht, die Besucher allein durch das Casino anzulocken. Es ist der Versuch, die Leute auf andere Weise nach Downtown zu locken, in der Hoffnung, dass sie anschließend bleiben, um ihr Geld auf den Kopf zu hauen. Wir fahren weiter.
Auch wenn die Casinos in Downtown ihre Attraktivität ein Stück weit zurück gewonnen haben, so behält der Vegas Strip doch die Nase vorn. Allabendlich zieht es unzählige Besucher auf die berühmte Flaniermeile Amerikas, um das besondere Flair zu erleben. An den Engstellen und dort, wo sich Straßenverkehr und Fußgängerwege kreuzen, liegt Hektik in der Luft. Angst, hinterrücks überfallen oder um die Brieftasche erleichtert zu werden,
muss man aber nicht mehr als in jeder anderen Stadt haben. Denn die Stadtverwaltung wie auch der Staat Nevada sind sich bewusst, wie stark sie vom Massentourismus abhängig sind. Beamten in Uniform begegnen wir zwar nur selten. Dafür aber können wir sicher sein, alle paar Meter von einer getarnten Kamera erfasst zu werden.
Unser erstes Ziel auf dem Strip sind die Wasserspiele vom Bellagio. Die Fontänen vor dem großen Hotel werden jeden vor Ort in ihren Bann ziehen. Mehr noch, die Hotelführung ist sich sicher, dass die aus Wasser, Musik und Licht sorgfältig verwobene Show ihre Bewunderer hypnotisieren wird.
Verstärkt werde die ehrgeizige, choreographisch komplexe Show von der wunderschönen Kulisse unter dem lavendelfarbenen Himmel Las Vegas’. Nun gut, natürlich kann man sich auch einfach zu den vielen anderen Schaulustigen stellen und die frei zugängliche Show einfach nur genießen.
Nicht ganz so spektakulär, aber wenigstens genauso sehenswert sind die Gärten im Bellagio, die alle paar Wochen neu gestaltet werden. In der Zeit um Weihnachten und Neujahr sind es natürlich reich geschmückte Tannenbäume. Zu entdecken gibt es noch vieles mehr: von der Glaskuppel des Hotels hängen riesige Kugeln, in den Beeten stehen tausende rote und weiße Weihnachtssterne,
eine Lokomotiven umkreist einen der Bäume und in der Luft scheint ein Rentiergespann mitsamt Santa Claus in die Hotelhalle zu schweben. Alles zusammen ist es ein wunderbarer Kitsch, der es sogar ermöglicht, dass Pinguine und Eisbären friedlich nebeneinander um die Aufmerksamkeit der Besucher buhlen.
Neben den wenigen beschriebenen Highlights gibt es noch eine Fülle weitere Shows und Gebäude in Las Vegas, die einen Besuch lohnen. Ganz gleich, ob die Pyramide von Luxor oder die Schlacht um Treasure Island, der originalgetreue Nachbau vom Eiffelturm oder das Märchenschloss vom Excalibur -
Möglichkeiten, etwas zu erleben, ohne auch nur einmal am Automaten oder Spieltisch gezockt zu haben, gibt es genug. Wir belassen es ein paar ausgesuchten Stationen und kehren um etwa 24 Uhr zum Gold Coast Hotel zurück. Nur so viel: das absolute verblüffende Highlight für uns war der Aufenthalt im Venetian Resort. Doch dazu später mehr.
Eindrücke vom Vegas Strip mit der Show beim Golden Nugget und der Pyro-Show beim Venetian.
Machen wir uns nichts vor: das Gold Coast Hotel & Casino ist kein Ort zum Wohlfühlen, bei dem man seinen unbeschwerten Urlaub verbringen möchte. Nein, so wie wir die Lobby betreten, sehen wir uns einer Armada an bunten Spielautomaten gegenüber. Überall klimpert und blinkt es in den riesigen Sälen des Hotels. Schauen wir in die Gesichter der Spielenden, sehen wir meist in matte Augen, erkennen Stumpfsinn und Anspannung.
Etwas besser sieht es an den Spieltischen für Roulette, Poker und Black Jack aus. Fröhliches Lachen ist zwar auch dort rar. Dafür haben die Gambler aber wenigstens etwas Unterhaltung mit Gleichgesinnten. Um es nicht falsch zu verstehen: Las Vegas ist ganz klar der Ort des Glücksspiels. Aber selbst den Barbereich mit Automaten zu bestücken und komplett auf Ambiente zu verzichten, ist nichts, mit dem sich Annette und ich anfreunden können.
Bei den Zimmern zeigt sich uns ein gemischtes Bild: bekommen wir bei unserem ersten Aufenthalt noch ein modernisiertes, schönes Zimmer (Nr. 444) mit Schiebetür zum Bad und Glaswand zur Dusche und einem großen, bequemen Bett im 4. Stock,
teilt man uns beim zweiten Mal einen dringend sanierungsbedürftigen Raum mit Nasszelle im 1. Stock zu. Annette ekelt es und auch ich möchte hier nur so viel Zeit wie unbedingt nötig verbringen.
Als wir am nächsten Morgen zum Frühstück gehen, passieren wir einige Gäste, die noch immer vor den Automaten und an den Spieltischen sitzen. Es sind auffallend viele alte Leute, welche die Automaten füttern. 70- bis 90jährige sind hier keine Seltenheit, während die Jüngeren nur rar zu finden sind. Offenbar scheinen sich die Interessen zu wandeln und die reinen Casinos damit unter Zugzwang zu kommen.
Beim Frühstückssaal angekommen, werden wir mal freundlich, mal schnippisch empfangen und zu einem der vielen freien Tische geführt. Selbst hinsetzen gehört sich nicht.
Leider hat der Saal keine Fenster, sodass hier eine eher triste Atmosphäre herrscht. Das Frühstück selbst ist für Gäste, die am frühen Morgen gerne schon zu Mittag essen, reichhaltig. Wer es bei leichter bekömmlichen Sachen wie Brötchen und Konfitüre, Joghurt, Kelloggs (die Milch wird an den Tisch gebracht) und Früchten belassen möchte, findet diese aber auch. Ebenfalls an den Tisch gebracht werden Kaffee, Tee und Orangensaft. Wobei man sich die Gläser allerdings gut anschauen sollte, da auch mal die Reste von Tomatensaft daran kleben können...
Neben dem Casino ist das Gold Coast für seine etwa 100 Bowlingbahnen bekannt. Diese befinden sich im ersten Stock direkt über dem Spielbereich und sind vor allem ab dem späten Nachmittag im Gebrauch.
Außerdem gibt es im Außenbereich einen Pool mit Whirlpool, was wir aufgrund der Kälte Ende Dezember jedoch nicht genutzt haben. Mal abgesehen davon, dass uns die Ausflüge wichtiger waren, als ein wenig im Wasser zu planschen.