Auf der Fahrt von Hollywood zu den Universal Studios werden wir Zeuge von Dreharbeiten. Das heißt, wir kommen an eine Ampel, bei der die Polizei den gesamten Verkehr stoppt. Bis auf einen dunklen BMW, auf den die versteckten Kameras gerichtet sind. Das ist hier ganz normal und wohl mit ein Grund dafür,
warum die Autofahrer der Filmmetropole Los Angeles nur selten die Hupe benutzen. Mehr noch; hier kann es auch schon mal zehn, zwanzig Sekunden dauern, bis die Autos bei einer grünen Ampel anfahren - ohne dass sich auch nur irgendjemand groß daran stört.
Als wir bei den Universal Studios ankommen, herrscht Hochbetrieb. Wir haben Glück, dass wir für eine deutschsprachige Studiotour angemeldet sind. Denn während sich die Pkws schon weit vor den Parkplätzen stauen, wird unser Bus über eine andere Spur zum Eingangsbereich gelotst. Dem nicht genug, dürfen wir im Freizeitpark der Universal Studios entgegen der Laufrichtung zu den Tourbussen laufen - und damit an unzähligen anderen Besuchern vorbei.
Dass wir damit nicht nur ein bis zwei Stunden Zeit gewonnen haben, sondern außerdem doppeltes Glück hatten, erklärt unsere Tourleiterin Claudia. Sie hat erfahren, dass sich 40.000 Besucher auf dem Gelände der Universal Studios befinden und der Park wegen Überfüllung geschlossen wurde. Zwanzig weitere Besucher, die an der deutschsprachigen Fahrt teilnehmen wollten, hatten das Nachsehen.
Zum Beginn der Tour passieren wir einige Poster von aktuellen oder sehr erfolgreichen Filmen der Universal Studios wie Little Fockers (die kleinen Fockers), die Fortsetzung von »Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich«. Passend dazu sehen wir auf einem Bildschirm kurze Ausschnitte, bevor wir zu den Produktionshallen der Studios kommen. Hier müssen wir Claudia glauben, dass zum Beispiel in Studio 25 die Krimiserie »CSI - den Tätern auf Spur« gedreht wird, da die Hallen von außen alle ähnlich aussehen.
Da sie von außen auch nur wenig spektakulär sind, erfahren wir einiges über die Geschichte der Filmfabrik. Carl Laemmle, ein Einwanderer aus dem oberschwäbischen Laupheim, hatte die Studios 1910 gegründet. Mit der Independent Motion Picture Company gehörte er damals zu den Filmproduzenten, die sich dem Monopol der Motion Picture Patents Company widersetzten.
1920 war Laemmles Firma Universal Pictures der größte Filmproduzent der USA. Zu den auch heute noch bekannten Produktionen zählen »Der Glöckner von Notre Dame«, »Das Phanton der Oper«, »Im Westen nichts Neues« sowie die Horrorfilme Dracula und Frankenstein.
Zu den späteren Serien zählen Knight Rider und The Monsters.
Während das Haus der Monsters heute in der Wysteria Lane von Desperate Housewives steht, ist das Set von Knight Rider leider am 1. Juni 2008 zusammen mit dem Set der Trilogie »Zurück in die Zukunft« abgebrannt - und das, obwohl die Universal Studios so groß sind, dass sie ihre eigene Gemeinde inklusive Feuerwehr gründen konnten.
Direkt nach den Produktionshallen fahren wir durch die Straße mit den Großstadtkulissen, die von dem Großbrand betroffen waren. Zu den wenigen, welche die Flammen verschonten, zählen die der Serie Ghost Whisperer. Alles andere wurde innerhalb zwei Jahre wieder aufgebaut - oder auch einfach nur aufgemalt.
So können wir aus der Nähe deutlich erkennen, wie unecht die Gebäude sind, welche in den Serien und Filmen nur unscharf in der Ferne zu sehen sind. Dennoch ist kaum zu glauben, wie eng sich hier Straßenzüge aus New York neben Kulissen für London und italienischen Vierteln befinden.
Richtig spannend wird die Tour aber erst, wenn man die Studiohallen und Kulissenwände hinter sich lässt und zu den dauerhaft eingerichteten Drehorten sowie verschiedenen Animationshallen kommt. So fahren wir direkt in ein rundum 3D-Kino (360 Grad), wo unser Bus von Dinosauriern angegriffen wird.
Zum Glück ist ihnen King Kong auf der Spur, der sie umwirft oder mit in die Tiefe reißt. Dabei wird auch der Bus, ähnlich wie bei einem Flugsimulator, durchgerüttelt, so dass wir das Gefühl haben, mitsamt den Ungeheuern und unserem Helden durch eine Schlucht zu stürzen, bevor wir die Szenerie unbeschadet verlassen.
Ebenfalls spektakulär ist die Showeinlage der Autos aus The Fast and the Furies, die mit Flammen und Rauch vor uns in die Luft fliegen. Wobei der Begriff Autos die Sache allerdings nicht wirklich trifft: es sind zwei Roboter,
deren oberes Ende in einer hohlen Autoattrappe endet, die sie durch die Gegend schleudern und doch sicher festhalten. Zum Abschluss der Fast und Furies-Show führen sie sogar noch ein Tänzchen auf, bevor wir weiter nach Amity Island fahren.
In dem ruhig daliegenden Ort verbreitete einst der Weiße Hai Angst und Schrecken. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei, wie die Jagdtrophäe neben einem Bootshaus beweist. Auch ein Taucher in dem Wasser vor Amity Island zeigt mit dem Daumen, dass es hier nichts mehr zu befürchten gibt. Plötzlich aber verschwindet er von der Bildfläche.
Sekunden später steigen Luftblasen und etwas Rotes nach oben. »Du meine Güte«, schreit Claudia, »es gibt noch einen zweiten Hai!« Ja, und der beschädigt dummerweise die Schiffstankstelle direkt neben uns, sodass Treibstoff austritt und sich entzündet. Also nichts wie weg!
Nachdem wir ein rauchendes Flugzeugwrack aus Krieg der Welten passieren, schlittern wir in die nächste gefährliche Szene: aus einem Motel taucht ein Mann auf, der eine verpackte, blonde Frau zu seinem Ford trägt und im Kofferraum verstaut. Wer Psycho kennt (wer außer mir hat Alfred Hitchcocks weltbekannten Schocker nicht gesehen?), weiß, dass es sich um Norman Bates handelt. Leider bemerkt er uns und kommt ganz langsam mit dem Messer in der Hand auf uns zu gelaufen. WARUM FÄHRT DER BUS NICHT???
Uns allen stockt der Atem. Wer Claudia ins Gesicht blickt, weiß, dass dies hier nicht vorgesehen war. Auf wen hat er es abgesehen? Wir erfahren es zum Glück nicht. Im letzten Augenblick schafft unser Fahrer, den Bus wieder flott zu kriegen: Mit quietschenden Reifen rasen wir davon. Hinter der nächsten Kurve, in Whoville, können wir endlich aufatmen: die Bewohner von Whoville sind friedfertige Menschen, die für uns einen lebensfrohen Tanz aufführen.
Eindrücke von den Universal Studios bei Los Angeles mit Aufnahmen der Wisteria Lane aus Desperate Housewives, von Grinch Christmas, dem Set vom Weißen Hai und einigem mehr.