Ras Al Khaimah und die Geisterstadt Jazirah

Eine Privattour durch das Emirat

Anne in der Geisterstadt Al Jazirah Al Hamra Anne in der Geisterstadt Al Jazirah Al Hamra

Bei Reisen in das Emirat Ras al Khaimah stehen die Erholung und auch das innere zur Ruhe kommen im Vordergrund. So hatten wir es selbst ein Jahr zuvor in Salalah gehandhabt. Neues zu sehen und zu entdecken, gehört für uns allerdings genauso zur Erholung, wie für andere ein langer Tag am Strand. Angesichts der kurzen Zeit verzichten wir diesmal auf einen Leihwagen. Stattdessen haben wir schon im Vorfeld der Reise nach einem Veranstalter mit deutschsprachiger Reiseleitung geschaut. Als Privattouren sind somit zwei Ausflüge gut möglich. Der erste führt uns in die Hauptstadt Ras al Khaimah, was sich gut mit einem Stopp bei der Geisterstadt Al Jazirah Al Hamra verbinden lässt.

Auf Deutsch geführte Ausflüge mit Dubai-Privat

So haben wir Marion von dubai-privat.de kennengelernt, die mit ihrem Team auf Deutsch geführte Ausflüge anbietet. Mit ihr konnten wir schon daheim unsere Ausflugswünsche per E-Mail durchgehen und auch telefonisch vereinbaren. So steht Marion pünktlich um 9:30 Uhr auf dem Rondell vor dem Rotana Resort. Wir teilen unseren ersten Ausflug mit einem netten Paar aus dem Rheinland.

Das passt gut, sodass wir in freundlich-lockerer Atmosphäre in die für uns unbekannte Gegend aufbrechen. Wir haben das Rotana Resort ja mitten in der Nacht erreicht und seither keinen Grund gefunden, die Anlage zu verlassen. Umso deutlicher wird nun bei Tageslicht, dass wir in einer Einöde ohne jedweden spannenden Anziehungspunkt gelandet sind.

Ras al Khaimah ist das nördlichste der Vereinigten Arabischen Emirate. Es erstreckt sich entlang des Persischen Golfs bis auf die Halbinsel Ras al-Dschabal, wo es an den Oman angrenzt. Dabei handelt es sich jedoch um eine Exklave des Oman, also einem räumlich vom Staatsgebiet getrennten Bereich des Sultanats. Für diese Ecke der Arabischen Halbinsel ist dies nicht ungewöhnlich.

So ist auch der südliche Teil von Ras al Khaimah durch das ebenfalls zweigeteilte Fudschaira von den Orten im Norden abgetrennt. Doch wir konzentrieren uns auf die nähere Umgebung der Stadt Ras al Khaimah. Bislang wird diese nur am Rand vom touristischen Geschehen sowie auch sonstiger städtebaulicher Entwicklungen gestreift. Eine Megacity, wie man sie von den Dubai und Abu Dhabi kennt, werden wir also nicht sehen.

Video zur Geisterstadt Al Jazirah

Eindrücke der Geisterstadt Al Jazirah nahe Ras al Khaimah. Aufnahmen der aus Korallengestein erbauten Häuser und der der alten Moschee.

Die alte Geisterstadt Al Jazirah Al Hamra

Da trifft es sich ganz gut, dass unser Programm mit der Geisterstadt Al Jazirah Al Hamra startet. Im Oman hatten wir solch eine Stadt bei Mirbat besucht. Wir hatten ihr damals den Titel »Eine Altstadt vor dem völligen Zerfall« verliehen. Hier bei Al Jazirah ist man einen Schritt weiter.

Al Jazirah Al Hamra bedeutet eigentlich »Rote Insel«. Hier befand sich einst ein florierender Küstenort auf einer Gezeiteninsel. Bei Flut mussten die Einwohner rudern, wenn sie den Ort verlassen wollten. Oder sie blieben einfach zu Hause und warteten auf die nächste Ebbe.

Dorf der Perlenzüchter bei Ras Al Khaimah

Die wirtschaftliche Grundlage von Al Jazirah Al Hamra war die über Jahrhunderte betriebene Zucht von Perlen. Was eher langweilig klingt, hatte durchaus seine Schattenseiten. Denn mit dem Wert der Perlen stieg auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Streitigkeiten zwischen den einzelnen Familien kam. Auch gegenüber Piraterie mussten sich die Perlenzüchter behaupten. Erst um 1820 erstellte man Regelungen zur Perlenzucht und zog Grenzen zwischen den einzelnen Gebieten.

Blütezeit und Niedergang der Perlenzucht

Eine wirtschaftliche Blütezeit erlebte das Dorf um 1900. Damals unterhielt der Stamm der Zaab eine Flotte von 25 Perlenfischerbooten. Dazu kamen rund 500 Schafe und 150 Rinder. Ab dem 1920er Jahren setzte dann der Niedergang der Perlenzucht ein. Stattdessen rückte in den folgenden Jahrzehnten das Erdöl ins wirtschaftliche Interesse der Menschen. Die alten Siedlungen mussten weichen. 1968 verließ dann auch ein Großteil der Bewohner von Al Jazirah Al Hamra den Ort. Dennoch ist es heute das letzte historische Dorf aus der Zeit der Perlenzucht. 

Wohnraum für jedermann

Leider finden die Emirate vor lauter Wüste kaum Platz zum Wohnen. So wurde die Lagune Mitte der 1970er Jahre aufgeschüttet und Neuland gewonnen. Eine moderne Kleinstadt entstand und versprach einen höheren Lebensstandard. Also siedelten die Menschen von Jazira in die neuen Häuser über und ließen ihre alten Hütten leer zurück. Teilweise zumindest, denn in den Emiraten ist es so, dass keiner obdachlos sein muss.

Jeder, der Wohnraum benötigt, bekommt ihn; vollklimatisiert, mit Wasser und Strom, und was es sonst noch alles für ein zivilisiertes Leben braucht. Das gilt auch für die Gastarbeiter. Allerdings hat der Luxus seinen Preis. Doch bevor zu viel vom Verdienst für die Miete draufgeht, zieht es manch einer vor, in einem der halb zerfallenen Häuser von Jazira zu hausen. Die meisten Gastarbeiter kommen damit tatsächlich gut zurecht. Aus ihrer Heimat sind sie nichts Besseres gewohnt.

Unser Spaziergang führt über verstaubte Wege zur alten Moschee. Das windschiefe Minarett steht scheinbar nur noch aus Gewohnheit. Die Dächer der meisten Häuser sind längst eingebrochen. Hie und da bieten sie zumindest den Tauben einen überdachten Unterschlupf. Um so besser lässt sich dafür das Baumaterial der damaligen Zeit erkennen. Der Boden ist übersät vom Korallengestein in den verschiedensten Formen. Alles zusammen stehen wir einer Kulisse gegenüber, die all das bietet, was einen Lost Place, einen verlorenen Platz, ausmacht.

Von der Geisterstadt zum Welterbe?

Irgendwann hat auch das Emirat davon Wind bekommen und in der Geisterstadt Al Jazirah Al Hamra Potenzial für eine neue Sehenswürdigkeit entdeckt. Immerhin handelt es sich um das letzte Dorf der Perlenzüchter in der Golfregion. Durch die Einrichtung eines Heritage Centers, also Besucherzentrums hofft man, von der UNESCO als Welterbe anerkannt zu werden. Bei unserem Besuch war man allerdings noch weit davon entfernt. Inzwischen aber scheint das Gebäude fertig zu sein. Das Village aber wartet noch seine Restaurierung. So haben wir zuletzt auf der Seite des Zentrums gelesen, dass das Freilichtmuseum unbewacht ist und sich viele der Gebäude in einem nach wie vor baufälligen Zustand befinden. Hoffen wir mal, dass sich dies baldmöglichst ändert.

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