Die Rigi trennt als Bergmassiv den Vierwaldstättersee vom Zugersee und dem Lauerzersee. Weil sie von diesen nahezu umschlossen wird, fühlt man sich leicht wie auf einer Insel. Das war die Rigi auch. Denn während der letzten Eiszeit flossen die Hauptgletscher um das Massiv herum. Noch heute können wir diesen Effekt nachempfinden, wenn bei Inversionswetterlagen die Seen von einer dicken Hochnebelschicht bedeckt sind. Scheint dann oben die Sonne, können wir uns über traumhafte Aussichten in praktisch alle Richtungen freuen. Dies ist umso leichter, da der Berg über die Rigi-Bahnen von mehreren Seiten touristische bestens erschlossen ist.
Abwechslungsreiche Streckenwanderung ab Rigi-Kaltbad über Unterstetten und Scheidegg bis nach Urmiberg.
Bei guter Wetterprognose und einigen Wolken am Firmament starten wir unsere erste Tour in Weggis. Nachdem unser Auto sicher auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz steht, gehen wir zur Luftseilbahn von Weggis. Mein Plan, mich in der Mitte der großen Kabine aufzuhalten, um die schwindelerregende Höhe nicht mitzubekommen, scheitert. Denn weil wir mit der ersten regulären Bahn hinauf zur Bergstation fahren, sind außer uns nur eine Hand voll Gäste mit in der 76 Platz großen Gondel. Dafür aber können wir uns frei bewegen und die Sicht über den See und die umliegenden Berge genießen.
Nach nur zehn Minuten Fahrt kommen wir 924 Meter weiter oben an der Bergstation in Kaltbad an. Wer will, kann mit der Zahnradbahn weiter bis knapp unter dem Gipfel der Rigi fahren oder eine der kürzeren Rundwanderungen in Angriff nehmen. Wir entscheiden uns für eine Streckenwanderung zum Urmiberg. Bevor wir loslaufen, flüchten wir jedoch vor dem ersten kräftigen, aber zum Glück nur wenige Minuten andauernden Regenschauer unters Dach der Zahnradbahn. Dann aber geht es endlich los und folgen wir den Wegweisern nach Rigi-First bzw. Unterstetten und Rigi-Scheidegg.
Bald lassen wir den ehemaligen Kurort Rigi-Kaltbad hinter uns und können erstmals die Aussicht über den Vierwaldstättersee genießen. Das einzige, was das weite Panorama stört, ist die dunkle Wolkenwand jenseits von Luzern. Auch über den Bergen auf der gegenüberliegenden Seite des Sees hängen einige Wolken. Wo immer sich die Sonne durchkämpft, aber erstrahlen die Gipfel und Berghänge in einem dramatischen Licht. Verstärkt wird dieser Effekt überall dort, wo sich der Schnee bis in den August gehalten hat.
Zugleich sind wir froh, unsere windfesten Jacken angezogen zu haben. Denn auch wenn der breite und bequeme Wanderweg nie oberhalb von 1.700 m verläuft, ist es am morgens doch recht frisch auf der Rigi. 20 Minuten nach unserem Aufbruch in Kaltbad erreichen wir Rigi-First (1.453 m). Wer mag, kann hier auf den Felsenweg nach Unterstetten wechseln. Weil es geregnet hat und der Felsenweg einen sicheren Tritt verlangt, bleiben wir jedoch auf dem breiten Wanderweg und folgen den Schildern weiter Richtung Rigi-Scheidegg.
Damit wechseln wir auf die andere Seite des Bergs, sodass wir auf den Zugersee hinuntersehen können. Schauen wir zurück, haben wir immer wieder freie Sicht auf den Gipfel der Rigi. Zudem entdecken wir die blaue Zahnradbahn, die zwischen Goldau am See und Kulm verkehrt, während wir selbst durch eine Berglandschaft mit sanften Kuppen und Tälern, saftig grünen Almen und Wäldern, vor allem aber etlichen Bergrindern wandern.
Dass wir dabei kaum Höhenmeter bewältigen müssen, hat einen einfachen Grund: Denn Teile der Höhenwanderung befinden sich auf der ehemaligen Trasse der Rigi-Scheidegg-Bahn. Sie wurde als Panoramabahn 1875 fertiggestellt und brachte ihre Fahrgäste von Rigi-Kaltbad bis zum Scheidegg. Die damals höchstgelegene Adhäsionsbahn (auch Reibungsbahn, da der Antrieb allein über die Haftung der Räder erfolgt) Europas war die zweite Schmalspurbahn der Schweiz. Nach dem aufwendigen Bau, für den unter anderem ein 70 Meter langer Tunnel und eine 50 Meter lange Brücke bei Unterstetten errichtet werden mussten, aber hat sich die Panoramabahn leider nie rentiert. Am 21. September 1931 zogen die Betreiber die Reißleine und stellten den Betrieb ein.
Bei Unterstetten (1.422 m) verlassen wir die ehemalige Bahntrasse gleich nach der Brücke über wechseln auf den schmalen Wanderweg. Damit müssen wir erstmals auf kurzer Distanz einige Höhenmeter bewältigen. Dafür aber entschädigt uns schon nach wenigen Minuten der nächste schöne Ausblick über den Vierwaldstättersee. Wenn doch nur nicht die schwarze Wolkenwand so bedrohlich nah wäre ...
Bis wir den Grat zwischen Rigi-Kulm und Rigi-Scheidegg passiert haben, belohnt uns der schmale Weg noch mit mehreren reizvollen Blicken über die Landschaft mit kleinen Bergbächen, grünen Fichtenwäldern und Hangwiesen. Gerne würden wir glauben, dass wir diese abgeschiedene Bergregion unbehelligt durchwandern können und einen kühlen, aber doch trockenen Wandertag erwischen. Gut anderthalb Stunden nach unserem Aufbruch in Kaltbad werden wir dann aber doch von der Wirklichkeit eingeholt.
Die nächste halbe Stunde prasselt ein richtig kalter Schauer auf uns nieder. Abbrechen aber lohnt sich nicht, da die nächsten Gaststätten vor uns um einiges näher sind als die Seilbahn von Kaltbad. So bleibt uns nichts anderes übrig, als Tempo zu machen. Und insgeheim zu überlegen, dass ein leichtes Sweatshirt unter der Jacke vielleicht die bessere Wahl als unsere leichten T-Shirts gewesen wäre. Sei es drum. Eine knappe halbe Stunde später erreichen wir Scheidegg und flüchten bergauf in das Berggasthaus Rigi-Scheidegg.
Neben einigen Feriengästen treffen wir dort auf die weiteren, wenigen Wanderer, die sich vom Wetter nicht schrecken lassen wollten. Dabei sind sich alle einig: jetzt etwas Warmes! Da wir keine Zeit zum Frühstücken gefunden hatten, entscheiden wir uns für eine deftige Gulaschsuppe. Oder so etwas in der Art. Denn leider finden wir so wenig Fleisch in der großen Suppenschüssel, dass die Suppe fast als vegetarisch durchgehen könnte. Eigentlich schade - zumal das Berggasthaus für die Suppe einiges mehr verlangt als ein kleines Gasthaus, das wir zwischen First und Unterstetten gesehen hatten.
Immerhin aber dauert unser Aufenthalt im Berggasthaus lange genug, dass es draußen nur noch ein wenig tröpfelt, als wir wieder aufbrechen und hinunter zu unseren Wanderweg steigen. Wobei allerdings Vorsicht geboten ist. Denn die Stufen, die vom oberen Ortsteil hinab auf den Weg nach Urmiberg führen, sind aus Holz und damit bei Nässe extrem glitschig. Im Gegensatz zu unserer Wanderung zur Gletschermühle bei Todtmoos reißt es mir zwar nicht die Füße vom Boden. Dass ich nicht falle, habe ich (neben meiner Reaktion) aber vor allem Annette zu verdanken.
Von Rigi Scheidegg führt uns der Weg über Burggeist (1.551 m) in Richtung Gätterli und Brunnen. Wer schon hier zum Vierwaldstättersee hinabsteigen möchte, kann alternativ den Schildern nach Gersau oder Vitznau folgen. Wir aber wollen auf der Höhe bleiben und passieren kurz nach dem Wegweiser das Berggasthaus Rigi Burggeist, bevor uns der Weg über Almen und Grasmatten wieder hinauf zum Grat führt. Da die Wege nur selten genutzt und wegen der nur kurzen Zeit, in der hier Wanderungen überhaupt möglich sind, auch nur sporadisch instand gesetzt werden, ist griffiges Schuhwerk unabdingbar.
Auch ist ein guter Orientierungssinn sicher von Vorteil. Denn nachdem man ein Stück weit direkt am Kamm mit Sicht auf den Lauerzersee läuft, setzt der Wanderweg auf einer Hochalm teilweise aus. Stellenweise ist der Pfad nur an Trittschäden zu erkennen, die schräg hinab in den Wald (mit einem Drehkreuz) führen. Erst im Wald (und mit den nächsten schönen Ausblicken über den Vierwaldstättersee) wird der Weg wieder besser. So können wir das nächste Teilstück unserer Wanderung mit Blick auf den Gipfel des Hochflue (1.699 m) in vollen Zügen genießen. Das einzige, was lästig bleibt, sind die kleinen Regenschauer.
Beim Gätterli-Pass müssen wir zunächst den Wegweisern Richtung Brunnen folgen, bevor unser Ziel angeschrieben wird. Dabei umwandern wir die Hohenflue, den südlichen der drei Rigi-Gipfel. Im Gegensatz zum höheren Rigi-Kulm ragt er schroff aus dem Felsmassiv heraus und ist nur für geübte, schwindelfreie Kletterer zugänglich. Also lassen wir das und folgen dem zunächst breiten Wanderweg zum Berggasthof und der Seilbahn Urmiberg. Nach fünfeinhalb Stunden inklusive Pause oder 13,5 Kilometer Strecke und nochmals fünf Minuten im Regen erreichen wir schließlich unser Ziel. Und das keinen Augenblick zu spät, da gerade eine der Gondeln anlegt und wir sofort hinab ins Tal fahren können. Ob dies in Zukunft auch noch möglich ist, ist fraglich. Denn nachdem sich der Betrieb für die Inhaber wegen der aufwendigen Wartung der Bahn nicht rentiert, stehen der Berggasthof und die Seilbahn zum Verkauf.
Die Anfahrt zur Gondel-Seilbahn auf die Rigi erfolgt über die A 4 Zürich - Schwyz. Bei Ausfahrt 36 Richtung nach Küssnacht abfahren. Weiter über die Zugerstrasse bzw. 2 und 2b nach Weggis, dort den Schildern zur Luftseilbahn folgen. Oder weiter über die Seestrasse bis Vitznau fahren und mit der Bergbahn hoch auf die Rigi bis Kaltbad-First fahren.
Ausgangspunkt | Rigi-Kaltbad (1438 m) |
Koordinaten | N 47.03370, E 8.44070 (Weggis) N 47.00980, E 8.48340 (Vitznau) |
Gehzeit | 5 Stunden |
Distanz | 13,5 km inkl. Abstecher zum Berggasthof Rigi-Scheidegg |
An-/Abstiege | ca. 675/950 HM |
Anforderungen | T2 |
Einkehr | bei Rigi-Kaltbad und First, Scheidegg, Zum Gätterli, am Urmiberg |
GPS-Daten | Wanderung Rigi Kaltbad Urmiberg gpx |
KML-Daten | Wanderung Rigi Kaltbad Urmiberg kml |