Als wir zum Figlmüller in die Wollzeile 5 gehen, sehen wir einige Leute vorm Eingang des kleinen Restaurants warten. Was tun? Wir haben bereits online reserviert und wissen, dass wir pünktlich erscheinen sollen. Mit der Reservierungsbestätigung in der Hand bleibt uns nichts anderes übrig, als uns bei den Wartenden vorbei und durch den engen Eingang des Restaurants zu schieben.
Wir sind nicht die einzigen mit einer Reservierung, sodass der Türkellner alle Hände voll zu tun hat, die Gäste zu ordnen. Während er andere auf später vertrösten muss, dürfen wir mit drei anderen Paaren im Restaurant auf unseren Tisch warten.
An den Wochenenden, die bei Touristen besonders beliebt sind, ist dies eine bekannte Situation im Figlmüller. Darauf hat sich auch die Weinbodega gegenüber vom Eingang eingestellt, welche für die Wartenden mehrere Stehtische in der Passage der Wollzeile eingerichtet hat.
Trotz des Andrangs arbeiten die Kellner im Figlmüller ohne Hektik. Niemand soll hier das Gefühl haben, sich mit dem Essen beeilen zu müssen. Auch wissen die Wiener, dass man zum Schnitzel essen Armfreiheit braucht. So bekommen wir, wie das Paar vor uns, einen Tisch, an dem auch vier Personen Platz nehmen könnten.
Die Speisekarte des Restaurants bietet neben einer Reihe einfacher, guter Speisen Spezialitäten wie Wiener Tafelspitz, glacierte Kalbsleber und Kalbsrahmgulasch mit Butternockerln. Bei unserem ersten Besuch im Figlmüller bestellen wir hingegen den Klassiker: Figlmüller Schnitzel gebacken und dazu einen Erdäpfel-Vogerlsalat mit steirischem Kernöl.
Weitere Beilagen wie Pommes (die nicht einmal angeboten werden) kann man sich getrost sparen. Denn abgesehen davon, dass das Figlmüller Schnitzel so platt geklopft wird, dass man den Teller darunter verstecken kann, ist es für normale Esser eine echte Herausforderung.
Wer Schnitzel mag, aber wird das Figlmüller Schnitzel lieben. Weil das Restaurant ausschließlich Fleisch von der weniger sehnigen Karreerose (hinterer Rücken vom Schwein) verwendet und die 250 Gramm schweren Schnitzel bis zu einem Durchmesser von etwa 34 Zentimeter klopft, zergeht einem das Fleisch mitsamt der knusprigen Panade auf der Zunge.
Weil sich dies herumgesprochen hat, ist das 1905 gegründete Restaurant längst nicht mehr in der Lage, die Nachfrage zu bedienen. Deshalb gibt es wenige Meter weiter in der Bäckerstraße einen zweiten Figlmüller, der neben den genauso schön eingerichteten Gasträumen im Parterre weitere Plätze im Gewölbekeller bietet.
Und weil wir auch dort essen waren, können wir bestätigen, dass das Figlmüller Schnitzel in der Bäckerstraße genauso lecker und sättigend ist - Annette hat nämlich weder das eine noch das andere geschafft ...
Das Café Demel am Kohlmarkt
Das Café nennt sich noch immer Hofzuckerbäckerei und seine Sachertorte gehört zur Tradition von Wien, wie das Schnitzel vom Figlmüller. Und die Geschichte des Hauses verkörpert sämtliche Klischees der Stadt.