Etwas außerhalb des Zentrums, kommen wir mit der Tram 58 zum Schloss Schönbrunn. Es ist die beliebteste und nach dem Stephansdom meistbesuchte Sehenswürdigkeit in Wien. Leider jedoch sind wir hier zur genau falschen Zeit, war doch dies die Sommerresidenz der Habsburger. Entsprechend karg erscheinen die Schlossgärten.
Zwar laufen die Brunnen und sind die geometrisch geschnittenen Eiben und Buchsbäume ansehnlich, sämtliche Stockrosen aber verbergen sich hinter weißgrauen Tüchern, womit sie den Gartenparterres ein gespenstisches Aussehen verleihen.
Andererseits kommen durch den fehlenden Blumenschmuck die Diagonalen des barocken Gartens wie auch der Neptunbrunnen auf der Achse zur Gloriette und die vielen Götter-, Nymphen- und Engelsfiguren auf den Brunnen und Nischen um so besser zur Geltung.
So lässt sich für uns zumindest erahnen, welche Pracht sich hier bei den Festen während der K.u.K.-Monarchie (1867 - 1918) beziehungsweise Donaumonarchie entfaltet hatte.
Wie in Versailles liegen die Anfänge des Schlosses in der Jagd. Genauer: in dem Jagdgebiet der »Schöne Brunnen«, welches Mitte des 16. Jahrhunderts in den Besitz der Habsburger wechselte. In der Folge ließen die Habsburger hier einen bürgerlichen Herrensitz zum kaiserlichen Jagdschloss ausbauen.
Nachdem die Türken dieses zerstört hatten, plante Fischer von Erlach zunächst, auf dem Terrain ein zweites Versailles zu errichten, bevor ihn Kaiser Leopold I. auf den Boden der Tatsachen (sprich: des Finanzierbaren)
zurückholte und die Anlage in den Grenzen seines zweiten Entwurfs in mehreren Zügen gebaut und wieder verändert wurde.
Vor allem an sonnigkühlen Wintertagen ist das Palmenhaus wärmstens zu empfehlen. In den Jahren 1881 und ´82 nach Plänen von Franz Xaver Segenschmids erbaut, ist es mit seinen 113 Metern Länge, 28 Metern Breite und 25, 28 oder auch 30 Metern Höhe (selbst die offiziellen Angaben sind sich leider nicht einig) das letzte und größte Palmenhaus dieser Art in Europa. In seinem Kalthaus, dem Tropenhaus und dem temperierten Mittelpavillon simuliert es drei verschiedene Klimazonen und beherbergt Pflanzen aus den Urwäldern aller Kontinente.
Bevor wir uns die Orchideen, die seltene Seychellennußpalme, die durch ihre Größe von der Säge bedrohte Livitona chinensis-Palme und einen etwa 350 Jahre alten Ölbaum anschauen, sind wir jedoch erstmal froh, uns im »Kalthaus« etwas aufwärmen zu können.
Dieses war nämlich nicht immer möglich. So war der Besuch des Palmenhauses während des Winters 1923 den Schulklassen untersagt, da durch das ständige Öffnen der Türen zu viel Wärme entwich und die Pflanzen geschädigt wurden.
Auf leicht erhöhtem Terrain thront die Gloriette über die Gärten von Schönbrunn. Mit ihrem weit ausladenden Arkadengang ist sie das bekannteste und größte Bauwerk dieser Art auf der Welt. Ein Widerspruch in sich ist jedoch die Widmung als Denkmal für den gerechten Krieg, der zum Frieden geführt hat.
Offenbar hat sich erst später (und bis heute leider noch nicht überall) herumgesprochen, dass es keinen gerechten Krieg geben kann. Genauso wie es auch keinen Weg zum Frieden gibt - da der Frieden selbst der Weg ist. Aber das nur am Rande.
Sei es drum, was viel wichtiger ist: in der Mitte der Arkaden lädt ein erstaunlich hohes Café zum Verweilen und, was bei der Kälte noch viel wichtiger ist, zum Auftauen ein.
Durch die sehr hohe Decke ist es zwar nicht so einfach, den Raum ausreichend aufzuheizen. Nach ein paar Minuten gewöhnen wir uns jedoch daran, dass ein Café nicht zwangsläufig 23 bis 25 Grad warm sein muss. Umgekehrt dürfte es dafür hier im Sommer angenehm kühl sein. Am Rande: zu den Klos geht es sehr weit nach unten, sodass wir schon fürchteten, wieder am Fuß des Hügels zu landen.