»Ganz schön zugig«, denke ich noch, als sich die Gondel mit uns auf den Weg nach oben, über den Wiener Prater macht. Sekunden später pfeift der Wind dann auch schon durch alle Ritzen. Fenster und Türen sind zwar geschlossen, wirklich dicht aber ist spürbar anders. Aber egal, denn dafür ist das schönste Riesenrad der Welt im Winter weit weniger besucht als an warmen Tagen.
Und außerdem haben wir je einen 40 Cent-Bon für Artikel im Souvenir Shop bekommen. Die Preise für die meisten Andenken gleichen den Wert des Gutscheins zwar bei Weitem nicht wieder aus. Wir aber sind ja nicht hier, um uns mit Krimskrams zu belasten, sondern wollen dieses absolute Muss in Wien erlebt haben und was sehen.
Denn genau dazu eignet sich das Riesenrad mehr als die meisten anderen Bauten in der Stadt. 65 Meter hoch und insgesamt 430 Tonnen schwer, wurde das Rad jedoch nicht für den Volksprater, sondern zum 50jährigen Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph (1898) konstruiert. Daher drehte es seine ersten Runden im Kaisergarten, was der Fahrt und dem Wiener Prater auch heute noch eine gewisse Note gibt.
In den alten Zeiten diente der Wiener Prater ausschließlich dem Jagdvergnügen des jeweiligen Monarchen und seines Hofes. Kaiserin Maria Theresia gestattete später ausgewählten Mitgliedern des Adels das Betreten des Praters. Es war üblich, dass solche Parkanlagen dem Adel vorbehalten waren. Doch am 7. April 1766 gab Kaiser Joseph II. als Mitregent Maria Theresias den Prater zur allgemeinen Benutzung frei.
Nachdem der Prater 1766 der Allgemeinheit geöffnet wurde, besuchten vor allem an den Sonn- und Feiertagen sehr viele Menschen die Parkanlage. Nach und nach haben sich Kaffeesieder und Wirte angesiedelt und hat sich auf dem weitläufigen Gelände ein Zentrum der Unterhaltung entwickelt. Zu den ersten Attraktionen auf dem Wiener Prater zählten Kasperletheater und Marionettenbühnen, Schaubuden und Kinos sowie, Ende des 19. Jahrhunderts, der wahrscheinlich erste Themenpark der Welt: »Venedig in Wien« mit der Lagunenmetropole als Kulisse, Kanälen mit Gondeln und allerlei Schaustellerbuden.
Bis auf das Riesenrad mussten die alten Buden, Wurf- und Ringelspiele leider den auch schon wieder altgewöhnlichen Karussellen weichen, die dem heutigen Wurstelprater ein nunmehr etwas plattes Ambiente verleihen. Da fänden wir es doch schöner, wenn die alten, von Elektronik freien Spiele, ein Hau-den-Lukas oder Hufeisenwerfen, zumindest in einem Teil des Parks nachempfunden werden können.
Uns zumindest würde es nicht wundern, wenn auf einmal ein längst vergessenes Spiel auf einmal wieder der große Renner wird. Doch das Grünareal des Praters ist zumindest teilweise geblieben. Es dient auch heute noch als ein beliebtes Ausflugs- und Erholungsgebiet mit einer großen Anzahl von Sportanlagen.