Mit einem Jeep-Ausflug bis in die Schneelagen des Troodos-Gebirge verbinden wir mehrere schöne Ziele auf Zypern. Die erste Station unserer Rundfahrt ist Kykkos. Das bekannteste und reichste Kloster Zyperns liegt versteckt in den Wäldern des Gebirges. Danach schlemmen wir uns bei Pedoulas durch die deftige zyprische Kulinarik. Schließlich geht es hoch in den Schnee des Olympos, dem mit 1952 Metern höchsten Berg der Mittelmeerinsel.
Ausflug auf Zypern ins Troodo-Gebirge zum Kloster Kykkos. Weiterfahrt in das winterliche Skigebiet auf dem Gipfel des Olymp
Wir sind es gewohnt, auf eigene Faust loszuziehen. Doch manchmal mögen auch wir es bequem. Der Reiseveranstalter vor Ort bietet einen günstigen Ausflug in das Troodos-Gebirge an. Sich einen Tag lang über die Insel schaukeln lassen, klingt nett. So fällt uns die Zusage leicht. Am frühen Morgen werden wir von Ferdinand im Hotel abgeholt. Mit dem Geländewagen fahren wir vorbei am Asprokremmos Reservoir durch das schöne Diarizos-Tal, eine der Weinstraßen Zyperns. Die Straße schlängelt sich bald hinauf in einen idyllischen Kiefernwald. Inmitten der Wälder treffen wir auf eine alte venezianische Brücke. Das Kleinod befindet sich nur einen Steinwurf von der Straße entfernt. Damit bietet es sich für einen kurzen Fotostopp an. Doch unser Hauptaugenmerk liegt heute eindeutig beim Kloster Kykkos und beim Schnee des Olympos.
Gefühlt fahren wir in die hintersten Wälder des Troodos-Gebirges. Fast schon meint man, bald das Ende jedweder Zivilisation erreicht zu haben. Doch dann taucht vor uns das Eingangstor vom Kloster Kykkos auf. Die wenigen Parkplätze verschleiern, dass wir hier vor einem der bekanntesten Klöster von Zypern stehen. Einzig der markante und gepflegte Gebäudekomplex lässt einen gewissen Reichtum erkennen. Die Brüder des Klosters haben einen ausgeprägten Geschäftssinn. Sie verköstigen ihre Besucher in einer Waldwirtschaft oder beherbergen sie im Gästehaus. Wobei die Beherbergung den Zyprern sowie auch ausländischen Pilgern, Wanderern und Radfahrern vorbehalten ist. Die Hotelvereinigung sah in dem Kloster eine unerwünschte Konkurrenz, erhielt dann aber Zugeständnisse der Bruderschaft.
Tatsächlich brachten den eigentlichen Reichtum weder Kléftiko und Halloumi–Käse noch knarrende Betten für Pilger. Die Brüder des Kloster Kykkos sind im Besitz einer Ikone der Heiligen Jungfrau. Kaiser Alexios Komnenos schenkte diese um das Jahr 1140 dem Eremiten Isaias. Es war das Dankeschön für die Heilung seiner gichtkranken Tochter. Isaias erhielt mit der Ikone einen wahren Schatz. Der Apostel Lukas höchstpersönlich soll die Heilige Jungfrau darauf gemalt haben. Obendrein ist sie eine der drei Ikonen, deren Holz der Apostel vom Erzengel Gabriel empfangen hatte. Gemalt hat er sie scheinbar in der Wachsmaltechnik ägyptischer Mumienporträts. Demnach könnte die Ikone gut 2000 Jahre alt sein.
Seit über 200 Jahren liegt die Ikone hinter einer Platte aus getriebenen Silber und einem roten Brokatvorhang verborgen. Im Lauf der Zeit hat die Bruderschaft einiges an Wissen über die Reliquie zusammengetragen. Ob alles wahrheitsgetreu ist, sei dahingestellt. Doch wer getraut sich schon, dies zu überprüfen? Die Ikone ist so heilig, dass jeder Sünder beim Anblick geblendet werden soll. Es erinnert ein wenig an die Geschichte mit dem ersten Stein. Fakt ist jedoch, dass die Ikone oder besser der Schrein, in dem sie verborgen liegt, einige Feuersbrünste und Erdbeben überstand. Zudem stellte sie sich bald nach der Klostergründung als Wunder wirkend heraus. Während einer langen Trockenzeit kamen Bauern und Großgrundbesitzer nach Kykkos und baten die versteckte Jungfrau um Regen. Irgendwann zog ein Tiefdruckgebiet über Zypern und brachte den ersehnten Niederschlag. Als Dank wurde das Kloster mit Gold, Silber und diversen Kunstwerken bedacht. Bis dato bedanken sich Gläubige für etwaige Wunder, die sie der Ikone zusprechen, mit Schenkungen oder gar Erbschaften. Manche erhoffen, sich damit den Weg ins Paradies ebnen zu können.
Uns fehlt der Sinn für solch Wunder bringende Devotionalien. Dafür begeistern uns die vielen kunstvollen Mosaiken. Bereits am Eingangstor durfte sich der Künstler mit seinen farbenprächtigen Motiven austoben. Die unteren Arkadengänge zum Innenhof sind teilweise mit gemalten Fresken verziert. Doch ein Großteil der Bildnisse sind aus Mosaiksteinchen der verschiedensten Farbschattierungen gesetzt. Sie zeigen interpretierte Geschichten aus der Bibel wie auch die Klostergründung durch die Übergabe des Gnadenbildes an den Eremiten Isaias.
Folgt man dem anmutigen Geruch des Weihrauchs, zieht es einen automatisch in die Kirche mit der Reliquie. Da bei unserem Besuch niemand zum Beten anwesend ist, erlaubt man uns zu fotografieren. Ansonsten ist der Raum dem Gebet und der Andacht vorbehalten. Wir stehen vor einer gewaltigen Ikonostase aus Gold und Silber aus dem Jahr 1755. Auffallend ist die blank polierte, silberne Ikonen-Platte, hinter der sich das heilige Bild verbirgt. Riesige Straußeneier gehören zum prächtigen Interieur der orthodoxen Kirche. Sie zieren die aufwendig gestalteten Kerzenleuchter über uns.
Befasst man sich intensiver mit den Bildern oder besucht das angebundene Museum, können leicht Stunden vergehen. Wir erleben eine angenehme Ruhe. Doch es kann auch anders sein. Sonntags, insbesondere im Sommer, geht es hier zu wie in einem Taubenschlag. Denn eine Taufe im Kloster Kykkos soll mit besonders viel Segen einhergehen. Neidisch blickt so mancher Dorfpfarrer auf das Kloster, wenn hier eine Taufgesellschaft der nächsten quasi die Klinke in die Hand gibt. Dazu besitzt Kykkos eine weitere Besonderheit. Jedes Geschlecht hat hier nämlich sein eigenes Taufbecken. Fatal wäre es, wenn diese vom Pfarrer vertauscht würden. Denn wer im selben Becken getauft wird, ist fortan miteinander verwandt. Wird ein Mädchen im Becken der Knaben getauft, in dem ihr Auserwählter die Taufe erhielt, ist die Hochzeit nicht möglich. Schließlich sind dann ja beide miteinander verwandt. Es ist eine Logik, die zum Stirnrunzeln verführt.
Nach dem Studium weiterer Mosaike verlassen wir das Kloster. Der Hunger meldet sich! So fahren wir in das nahe gelegene Bergdorf Pedoulas. Im Winter wirkt diese Gegend unbelebt. Doch im Restaurant des Two Flowers Hotels ist bereits eine große Tafel für uns gerichtet. Eigentlich mögen wir solch Gruppenspeisungen gar nicht. Als Teil der einzigen kleineren Gruppe fühlen wir uns jedoch wohl. So bietet der Raum eine traumhafte Aussicht über Pedoulas bis in die Gipfelregion des Olympos. Zudem gibt es hier eine gemütliche Kaminecke, bei der ein wärmendes Feuer vor sich hin flackert. Mit Koupepia, das sind gefüllte Weinblätter, gebackenem Halloumi-Käse, Macaronia tou Fournou und vielem mehr ist der Tisch reichlich gedeckt. Dazu gibt es üppig zyprischen Wein in rot und weiß. Es sind wahrliche Leckereien, die uns vom freundlichen Koch des Two Flowers Hotels aufgetischt werden.
Pedoulas selbst ist ein Bergdorf am oberen Ende des Marathasa-Tales, das für sein Obst und die gute Wolle bekannt ist. Es ist die Sommerfrische, welche die Zyprer und Touristen hierher lockt. Jetzt im Winter ist es ruhig im Dorf. Von den rund 650 Wohnungen sind nur noch 100 ganzjährig bewohnt. Doch mit dem Kirchlein Archangelos Michail hat der Ort zumindest einen kleinen Anziehungspunkt. Das unscheinbare Gebäude zählt seit 1985 zu den UNESCO-Welterbestätten. Über der Nordtür hängt ein Porträt der Stifterfamilie. Der Priesters Basil Chamados überreicht darauf dem Erzengel Michael ein Modell der Kirche. Die Frauen darauf trugen damals im Jahr 1475 bereits Kleider mit den Mustern, die noch heute im Handarbeitsdorf Lefkara gestickt werden.
Nach dem Mittagessen fahren wir weiter in die Höhe. War bei Pedoulas die Landschaft noch grün, so ändert sie sich bald in winterlich. Kaum sind wir zehn Minuten die Kurven hinaufgefahren, ist alles weiß. Mächtige Schwarzkiefern werden mehr und mehr von frostiger Kälte umhüllt. Wir nähern uns der Gipfelregion des Olympos. Mit 1952 Metern bildet er das Dach Zyperns. In den Wintermonaten gilt er als schneesicher. Die Zyprioten nennen ihn wohl auch deswegen Chionístra, was so viel bedeutet wie Frostbeule oder auch Schneestelle. Und es ist wirklich kaum zu glauben. Nach knapp 20 Minuten Fahrt ab Pedoulas stehen wir inmitten einer traumhaft idyllischen Winterlandschaft.
Wir parken beim Sun Valley Olympos Cafe und Restaurant. Hier befindet sich der Anfänger-Schlepplift des Cyprus Ski Clubs. Es dauert nicht lange, bis uns der erste Snowboarder entgegenkommt. An der Nordseite des Olympos befindet sich eine anspruchsvollere Abfahrt für Skifahrer. Hier beim Café lässt es sich jedoch besser durch den Wald und über die Schneedecke spazieren. Die tiefhängenden Äste der Kiefern sind dick in Eisgebilde eingehüllt. Feuchtigkeit, ein gewaltiger Frost und viel Wind lassen waagerechte Eiszapfen entstehen. Der Olympos ist die meiste Zeit in Nebel gehüllt. Doch einige Male lichtet sich dieser und wir genießen die Winterlandschaft mit azurblauem Himmel. Es ist faszinierend hier oben.
Es ist wirklich besonders, dass wir am Morgen noch im Meer hätten baden können und nun inmitten einer Winterlandschaft stehen. Da wir nicht sicher sind, ob unser Leihwagen wintertauglich sein wird, hat sich der Jeep-Ausflug mit Ferdinand auf jeden Fall gelohnt. Auf der Fahrt vom Tróodos hinunter ans Meer besuchen wir zum Abschluss das Winzerstädtchen Omodos im Gebirge und Petra tou Romiou an der Küste. Da der Himmel inzwischen stark bedeckt ist, sind beide für uns nur noch Beiwerk. Es sind Ziele, die wir die nächsten zwei Wochen nochmals, dann mit mehr Zeit besuchen und genießen werden. Aber der Schnee war ein toller Stimmungsmacher für den morgigen Heiligabend und das folgende Weihnachtsfest auf der Insel der Götter.