In der Provinz Tigray verlassen wir die Hauptstraße und gelangen in ein schön anzusehendes, rotes Sandsteingebirge. Auf einer Anhöhe, inmitten der leicht geschwungenen Hügel, befindet sich dort die tigrayische Felsenkirche Abreha wa Atsbeha, unser zweites Ziel am Morgen nach Axum.
Der Name stammt von einem Bruderpaar, das als axumitische Könige herrschte. Als Gründer der äthiopisch-orthodoxen Kirche werden sie als Heilige verehrt. Während Abreha seinem Namen nach »das Licht« brachte, war es bei Atsbeha »die Morgenröte«. Angesichts der Umgebung passt beides bestens.
Laut der kirchlichen Schriften soll das Bruderpaar die Felsenkirche Abreha wa Atsbeha im Laufe des Vierten Jahrhundert erbaut haben. Wissenschaftler widersprechen dem allerdings. Ihre Untersuchungen haben ergeben, dass diese und auch die weiteren Felsenkirchen von Tigray erst in der Zeit des 11. - 13. Jahrhundert entstanden sein können. Dennoch haben die äthiopisch-orthodoxen Christen die Heiligen aus der Tigray-Gegend in ihrem Festtagskalender belassen. Es ist einer der Gründe, warum in Äthiopien bald jeder zweite Tag ein Feiertag ist.
Eindrücke von unserem Besuch des Klosters Abreha wa Atsbeha. Die Felsenkirche bei Tigray zählt zu den ältesten halbmonolithischen Kirchen der Welt.
Oben bei dem Gotteshaus angekommen, öffnet uns ein Priester die große axumitische Holztür und lässt uns in den Innenraum der Kirche hinein. Es ist deutlich zu sehen, dass sie halbmonolithisch erbaut wurde.
Das heißt, ein Teil wurde aus einer Felsnase im Sandstein herausgearbeitet, während der Vorbau gemauert ist. Das Mauerwerk wurde von den Italienern in den 1930er Jahren saniert und ausgebessert, nachdem es größtenteils zerstört war.
Dank ihrer Arbeit können wir auch heute noch den säulengestützten Innenraum mit den gut erhaltenen Fresken besichtigen. Durch schwere Vorhänge und Schließen der Türen achten die Priester darauf, dass nur wenig Licht in den Raum kommt und die immer noch kräftig leuchtenden Farben möglichst erhalten bleiben.
So entdecken wir den hl. Georg auf seinem Schimmel und die verehrten Erzengel Michael, Gabriel und Raphael. Aber auch die Kreuze und Ornamente, die in die gewölbte Decke eingearbeitet sind, ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Leider jedoch hat die Kirche mit Feuchtigkeit zu kämpfen, was bei dem Sandstein schwer zu beheben ist.
Ein Vogel nutzt lautstark die Akustik der Kirche und trällert uns fröhlich sein Lied. Fast lenkt er uns von den vielen Engeln ab, die wir schon aus dem Kloster Debre Berhan Selassie in Gondar kennen. Auch wenn die Decken hier unbemalt sind, werden wir überall in der Kirche von den typischen Engeln beobachtet, bevor wir uns wieder auf den Weg hinab zum Bus machen.