Beim Volk der Arbore im Great Rift Valley

Zum Überleben braucht es Anpassungsfähigkeit

Im Great Rift Valley, nahe der kenianischen Grenze, erreichen wir das Volk der Arbore (auch Marle oder Ebore). Aus diesem Gebiet stammen höchstwahrscheinlich die ersten Menschen. Auch Lucy aus dem Nationalmuseum von Addis Abeba wurde in dieser trockenen und heißen Gegend gefunden. Wer hier überleben will, braucht ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit bei solch extremen Bedingungen. So haben sich die Arbore auf den Anbau von Sorghum, einer Hirsenart, spezialisiert. Sorghum kann zweimal im Jahr am Ende der Trockenperioden geerntet werden.

Die Erntezeit heißt hier »gar mar«. Das bedeutet soviel wie »nahe am Hunger« und erklärt sich wohl von selbst. Darum müssen zur Erntezeit alle mit anpacken. Auch die Kinder, die mit Hilfe einer Zwille und Lehmklumpen von kleinen Plattformen aus einfallende Vogelschwärme verscheuchen.
Die zweite Grundlage der Arbore sind ihre Herden, die ihnen Milch, Fleisch und Blut als Nahrung geben. Die Rinder sind mitunter die Namensgeber dieser kleinen Bevölkerungsgruppe. Ar bedeutet Bulle und Bore Land.

Ohne Beschneidung gibt es keine Hochzeit

Die Gesellschaft der Arbore ist in Clans gegliedert. Zudem gehören sie verschiedenen übergreifenden Klassen, wie Alters- und Generationsklassen und Heiratsklassen an. Diese bestimmen die Verhaltens- und Heiratsregeln. Es werden je ein religiöser und ein politischer Führer gewählt, die bis zu 40 Jahre an der Macht sind, bevor sie diese an die nachfolgende Generationenklasse übergeben.

Schon an den Regenzeiten erkennt man, dass Männer höher gestellt sind. Von der großen Regenzeit heißt es, sie sei kräftig und zuverlässig wie ein Mann, während die kleine Regenzeit launisch wie eine Frau sei. Um als Frau gesellschaftlich anerkannt zu sein, muss diese vor der Hochzeit beschnitten werden. Ohne Beschneidung gibt es keine Hochzeit.

Playlist zu unserer Rundreise durch Äthiopien

Videos zur Äthiopien-Rundreise ab Addis Abeba.

Die Religion der Arbore ist muslimisch

Die Arbore wohnen in igluähnlichen Hütten, die wie ein Halbmond angeordnet sind. In der Mitte befindet sich eine Art Dorfplatz. Es ist mal wieder recht angenehm, durch das Dorf zu schlendern. Auch die Arbore haben das mit dem Fotogeld spitz gekriegt und überrennen die Geländewagen bei unserer Ankunft. Deshalb bleiben die meisten aus der Gruppe bei den schattenspendenden Bäumen, etwas entfernt von den Hütten, sodass wir im Dorf so gut wie alleine sind. Die Religion der Arbore ist muslimisch geprägt. Deshalb laufen die Frauen mit Kopftuch herum, was sie aber auch vor der Sonne schützt. Ansonsten ist die Muslimin »oben ohne«. Eine strenge Kleiderordnung wie bei anderen muslimischen Gemeinschaften sucht man hier vergebens. Wichtiger als sich die nackte Brust zu bedecken ist den Arbore-Frauen der viele Perlenschmuck am Hals.

Arbore lassen sich gerne fotografieren ... und bezahlen

Ein paar der Einwohner sind im Dorf geblieben und lassen sich auch dort gerne fotografieren. Allerdings sind insbesondere die Frauen alles andere als umgänglich. Schnell haben sie heraus, dass Lars zur Sicherheit immer gleich einige Bilder hintereinander macht. Und sie wollen natürlich für jeden »Klick«, den sie hören, fünf Birr.

Von wegen, es ist dennoch nur ein Motiv! Ich lasse Lars mit dem abgezählten Geld stehen und gehe. Nachdem sie sich weigern, dieses anzunehmen, legt er es ihnen einfach zu Füßen, schaut sie freundlich an und dreht sich genauso freundlich grinsend um. Es wird wohl nicht so schlimm gewesen sein. Denn auch die beiden Mädels grinsen nun, bevor sie das Geld an sich nehmen.

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