Trotz des Wechsels in das saubere Hotel Sabean müssen wir am nächsten Morgen natürlich wieder zurück ins Hotel Arc. Dort bestätigt ein Blick in den düster gehaltenen und schmucklosen Frühstücksraum, dass unsere Entscheidung, das Hotel zu wechseln, richtig war. Also nicht, dass das noch nötig gewesen wäre.
Vor Ort erhalten wir verblüffte Reaktionen. Allgemein bestätigen alle: »Recht habt ihr damit«. Dazu gesellt sich Yitbareks: »Ihr verarscht mich doch.« Allein sein überraschter Blick hat doch was. So vergeht tatsächlich keine halbe Stunde, bis die nächste Reisende unserer Gruppe ganz spontan ein Zimmer im Sabean bucht.
Ziel unseres ersten geführten Ausflugs ist der Stelenpark in Axum. Allein die Anzahl an Stelen und der darunter errichteten Grabkammern veranschaulicht die große Bedeutung des einstigen Königreichs Axum. Die Entstehung des Aksumitischen Reichs wird zwar erst um das Jahr von Christi Geburt datiert.
Die ersten Hochkulturen, wie das von Saba abhängige Di'amat haben die Region um Axum jedoch schon Mitte des ersten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung beeinflusst. Der Aufstieg Axums wurde vom Handel begünstigt. Denn hier kreuzten sich Warenströme aus Indien, Schwarzafrika und Ägypten.
Besichtigung des Stelenparks in der alten Königsstadt Axum. Eindrücke aus den alten Gräbern.
Mit dem Hafen Adulis hatte Axum Zugang zum Roten Meer. Dadurch konnte das Aksumitische Reich auch nach Südarabien expandieren. Belegt ist die Ausdehnung des Reichs im dritten Jahrhundert, als die sich Aksumiter mit dem sabäischen König Alhan Nahfan verbündeten. Allerdings hielt das Bündnis nur eine Generation.
Schon unter dem Sohn von Nahfan, Scha'ir Autar, mussten die Truppen Aksums die Arabische Halbinsel wieder verlassen. Zusammen mit dem Handel reichten diese zeitweisen Vorstöße in entfernteren Regionen aus, um Reichtümer in Aksum anzuhäufen. Damit verbunden war es ihnen möglich, immer höhere Stelen zu errichten.
Unterhalb der Stelen befinden sich die Grabstätten der Könige von Axum. Dabei gilt: je größer die jeweilige Stele ist, desto mächtiger war der König, der darunter bestattet wurde. Das bedeutet zugleich: je größer die Stele ist, desto später lebte der Herrscher. Denn da seine Vorgänger ihre Stele kaum posthum erhöhen konnten, brauchte der nachfolgende König seine Stele nur ein Stück höher bauen lassen.
Die höchste Stele misst 33 Meter. Weil der Boden unter dem enormen Gewicht des Monoltihs von rund 520 Tonnen nachgegeben hat, ist diese allerdings umgestürzt und in mehrere Teile zerbrochen. Es wird vermutet, dass die Stele bereits bei ihrer Aufstellung umkippte. Dadurch erreicht die höchste, noch stehende Stele im sogenannten »may hedja« eine Höhe von 20 Metern.
Zum Unglück einiger anderer Menschen in ihrem Umfeld nahmen die Könige ihre Frau und ihre Sklaven mit ins Grab. Auf Nachfrage versichert Yitbarek: »Die wurden nicht lebend eingemauert, auf keinen Fall.« Dabei glaubten die Könige damals, dass ihre Seelen durch eine Scheintür nach oben gehen. Um dies zu ermöglichen, führen Stufen von der Grabkammer hinauf zu den blinden Türen.
Vor Ort erfahren wir, dass zum Transport der Stelen sehr wahrscheinlich Rollen genutzt und von Kamelen und Arbeitern nach Axum gezogen wurden. Nur so konnte auf der Hochfläche die Strecke zum sieben Kilometer entfernten Steinbruch überwunden werden. Bis heute ungeklärt ist hingegen, womit die Aksumiter die aus Granit bestehenden Monolithe bearbeitet haben.
Ebenfalls nicht geklärt ist, wie die insgesamt zehn Grabkammern unterhalb der Stelen früher ausgesehen haben bzw. welcher Raum welcher Funktion hatte. Denn bei der Ausgrabung im Jahr 1901 hatten die Archäologen in den Kammern nichts gefunden. Dementsprechend karg und duster ist dann auch unsere kurze Besichtigung ein paar weniger Gräber.
1937 brachten die Italiener eine im vierten Jahrhundert errichtete, 24 Meter hohe Stele nach Rom, wo sie lange Zeit auf der Piazza di Porta Capena stand. Laut dem Friedensvertrag zwischen Italien und Äthiopien von 1947 hätte diese innerhalb von 48 Monaten zurückgegeben werden sollen. Allerdings hat diese Verpflichtung in Italien nie jemand ernst genommen.
Damit verblieb die Säule bis 2005 auf der Piazza di Porta Capena, ausgerechnet auf dem Platz, an dem sich der Sitz der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen befindet. Erst im April 2005 trat die Stele, in drei Teile zerlegt, die Rückkehr nach Axum an, wo sie den seit 1980 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannten Stelenpark ergänzt.