Die Bienenstöcke der Dorze

und ein Einblick in die Kultur des Volkes

Hoch über der Stadt Arba Minch und den beiden Seen Abaya und Chamo leben die Dorze auf rund 1700 Meter über dem Meer. Schon bei der Anfahrt fallen uns die einzigartigen Hütten auf, die völlig überdimensionierten Bienenstöcken gleichen. Entlang der Zufahrt werden überall bunte Baumwolltücher zum Verkauf angeboten und geben Farbtupfer in die sonst grüne Natur.

Früher waren die Dorze-Männer Krieger. Sie zogen durch die Gebiete der Nachbarvölker und erbeuteten Vieh und Sklaven. Die Zeiten haben sich geändert: Heute weben die Männer Tücher aus Baumwolle. Die Kriegskämpfe wurden durch das Handwerk ersetzt.

Es herrscht angenehmes Klima in den Bienenstockhütten

Bekannter sind die Dorze jedoch für ihre bis zu zehn Meter hohen, bienenstockförmigen Hütten. Die Dorze erinnert die Form an die Elefanten, die einst an den Seen des Rift Valley lebten. Mit viel Geschick werden die Wände aus Bambus und Blätter der »Falschen Banane«, der Ensete-Pflanze, geflochten.

Der Bau einer solchen Hütte dauert mehrere Monate, dafür hält sie dann aber auch bis zu 80 Jahren. Neben Wind und Wetter setzen den Hütten Termiten zu. Bei einem Befall werden die Wände von unten gekürzt, sodass die Hütte weiter benutzt werden kann. Mehrere Lüftungslöcher sorgen dabei für ein kühles und angenehmes Raumklima.

Video über Konso und Dorze in Äthiopien

Video vom Besuch der Völker Konso und Dorze im Süden von Äthiopien mit Aufnahmen der Handwerkskunst und Zubereiten eines Teigs aus Falscher Banane.

Falsche Bananenstauden - Baumaterial und Lebensmittel

Anders als bei den bisherigen Hütten, die wir im Süden Äthiopiens besucht haben, werden hier die Zimmer mit Hilfe von gewebten Bambusmatten räumlich getrennt. Lederbezogene Stühle, kleine Tische und Kalebassen als Vorratsbehälter verleihen den Wohnbereichen ein gewisses Maß an Gemütlichkeit. Der Lehmboden wird mit grobem Gras und Eukalyptusblättern ausgelegt.

Die gleichen Bambusmatten wie in der Hütte dienen auch als Gartenzaun. Die Grundstücke werden durch diese Zäune oder auch Büsche und Bäume von außen abgeschottet. Um die Hütten selbst stehen etliche Falsche-Bananenstauden. Sie bieten Schutz und dienen gleichzeitig als Baumaterial und Lebensmittel. Schön anzusehen sind auch die Blumen, die als Zierpflanzen auf dem Grundstücke stehen.

Tourismus als Einnahmequelle der Dorze

Neben ihrem Handwerk haben die Dorze den Tourismus für sich entdeckt. Während Völker wie die Mursi, Karo und die Arbore lieber unter sich bleiben und Touristen nur als zahlende Fotografen sehen, lassen die Dorze die Besucher an ihrem Leben teilhaben. So sind einige Hütten gemütlich als Herbergen eingerichtet.

Es gibt sogar Strom und kleine Leuchten in den einfachen Räumen. Hier ist der Lehmboden mit Bambusmatten ausgelegt. Ein kleiner Luxus extra für den Gast. Wir sind uns einig: Die Dorze haben damit eine schöne Möglichkeit geschaffen, den Süden von Äthiopien noch intensiver zu erleben und weitere Einblicke in das Leben der Menschen zu bekommen.

Das Handwerk der Dorze

Nachhaltiger Tourismus bedeutet für die Dorze, den Besuchern einen Einblick in ihre Kultur und ihren Alltag zu geben. Während die Männer auf dem Feld Getreide, Gemüse, Gewürze, Tabak und Obst anbauen, sorgen die Mädchen und Frauen für die Familie.

Sie kümmern sich um das Zuhause oder verkaufen einen Teil der Ernte und Erzeugnisse aus der hauseigenen Baumwollweberei auf den Märkten. Die Jungs hüten Rinder und Ziegen auf den Wiesen in der nahen Umgebung.

Fladenbrot aus der Ensete-Pflanze

Neben der Baumwollspinnerei wird uns gezeigt, wie die Dorze ihr Fladenbrot herstellen. Der lange Prozess beginnt mit dem Schaben von Blättern der Ensete-Pflanze. Dabei wird eine Stärke gewonnen, die drei Monate lang unter trockenen Bananenblättern fermentiert. Sobald diese ausreichend gegoren ist, wird sie als bröckelige Masse mit Wasser vermischt und zu einem Teig geknetet.

Als Nächstes wird der Teig mit Hilfe von frischen Bananenblättern zu einem Fladen geformt und mitsamt dem grünen Blatt auf eine Feuerstelle gelegt und gebacken. Das Ergebnis ist ein sauerteigähnliches Fladenbrot, das leicht erdig schmeckt. Mit dem dazu gereichten scharfen Gewürz ist es aber direkt schmackhaft.

Weniger können wir dem aus einer Kalebasse eingeschenkten Honigwein oder -schnaps abgewinnen. Brennend läuft dieser in der Kehle herunter, hat allerdings kaum Aromen. Muss man alles mögen? Nein, aber irgendwie immer alles probieren. Während die Kinder uns Basteleien und bunte Tücher verkaufen, verkleidet sich unser Guide Yitbarek als Dorze-Krieger. Er hüpft und tanzt fröhlich über den Hof. Ja, auch Äthiopier fühlen sich offensichtlich wohl bei den Dorze. Nach dieser kurzen Einlage heißt es aber auch schon wieder Abschied nehmen und die Weiterfahrt nach Awassa anzutreten.

Brunnenprojekt und Stress beim Volk der Wolayta

Es ist nicht überall so angenehm wie beim Volk der Dorze. Ein Beispiel dafür sind die Wolayta, eine Ethnie auf dem Weg zwischen Konso und dem Awassasee. Yitbarek hat uns ja gewarnt: »Die Wolayta sind purer Stress.« Leider trifft seine Aussage voll und ganz zu.

Bei unserer Ankunft sehen wir erst drei, vier Leute. Doch so wie wir ausgestiegen sind, tauchen sie überall aus den Büschen auf. Während wir auf ein typisches Wolayta-Haus zugehen, werden wir von mehreren Menschen umringt. Sie wirken fröhlich und lachen.

Eine Frau will uns ihr Haus zeigen. Natürlich kommen wir mit. Ein Fehler! Kaum sind wir aus den Augen unseres Guides, sehen wir uns einer penetranten Bettelei ausgesetzt, gegen die wir gerade noch so ankommen. Die Frauen und Kinder tun mir unheimlich leid, aber wenn ich auch nur einer etwas zustecke, dann verlangen alle anderen ebenfalls ein Geschenk. Und dafür sind es einfach zu viele.

Die Häuser und die Umgebung zu besichtigen, erweist sich bald als ein unmögliches Unterfangen. Wir schaffen es wieder aus der Hütte heraus und stolpern fast in eine lebendige Wand: Der ganze Hof steht voll mit Leuten. Wo kommen die nur alle her? Bevor es kein Durchkommen mehr gibt, fahren wir weiter zu einem großen Brunnenprojekt in der Nähe.

Auf dem Weg zum großen Brunnen fahren wir durch einen nur kurzen, dafür aber heftigen Regenschauer. Sofort bilden sich große Pfützen am Straßenrand. Die Frauen, die mit ihren gelben Kanistern auf dem Weg zum Wasserholen sind, nutzen die Gelegenheit und schöpfen das Wasser aus den Pfützen. Das erspart ihnen den noch langen Weg. Ob das Wasser so gut ist wie das aus dem Brunnen? Wohl eher nicht. Es scheint die Frauen aber wenig zu stören.

Das Brunnenprojekt - Wasseranlagen für Mensch und Tier

Beim Brunnenprojekt angekommen startet Teil zwei der Belagerung. Ein Teil unserer Reisegruppe bleibt deswegen gleich im Auto sitzen. Um uns zu verschrecken, braucht es freilich mehr. Mutig stellen wir uns der Meute entgegen, die vom Brunnen her in unsere Richtung strömt. Bevor es richtig voll wird, gibt Yitbarek ein paar knappe Erklärungen. Die in dieser wasserarmen Gegend gebauten Wasseranlagen sind für Mensch und Tier. So gibt es bestimmte Zeiten, zu denen die Frauen und Kinder ihre Kanister füllen dürfen. Zu den anderen Zeiten werden die Viehherden herbeigeführt, damit die Tiere trinken können.

Auf den vorgesehenen Spaziergang zum nächstgelegenen Brunnen verzichten wir jedoch. Ein Durchkommen zum eigentlichen Objekt erscheint schlichtweg unmöglich. Aber betteln tut hier keiner. Nein, sie wollen fotografiert werden und sich auf dem Display sehen.

Und natürlich wollen sie meine helle Haut und die blonden Haare anfassen. Einige sind im Besitz von einem Handy und freuen sich über ein Selfie mit uns. So verzichten wir auf die Brunnenbesichtigung und haben stattdessen Spaß mit den Leuten.

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