Knapp anderthalb Stunden nach dem Stopp beim Geierfelsen erreichen wir am späten Vormittag Gondar. Von 1636 bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war die auf gut 2100 Meter über dem Meer gelegene Stadt die Kapitale des Kaiserreichs Abessinien. Damit war der von Kaiser Fasilides gegründete Ort die erste Hauptstadt nach dem Ende der antiken Monarchien von Axum und Lalibela.
Damit markiert Gondar (auch Gonder) den Beginn der Neuzeit Äthiopiens. Wie bedeutend die kaiserliche Stadt war, lässt sich allein an den vielen Schlössern und Kirchen ablesen. Wer alles an den Bauten mitgewirkt hat, ist ungewiss. Es wird jedoch vermutet, dass damals Baumeister aus Indien, Portugal und Mauretanien in Gondar tätig waren und der Stadt zu ihrer architektonischen Blütezeit verhalfen.
Dabei muss man heute wohl von Glück reden, dass viele alte kaiserliche Gebäude erhalten blieben. So gelang es 1887 einem Heer mit 100.000 Mahdisten, ins damalige Abessinien einzufallen und Gondar nach ihrem Sieg gegen das doppelt so große Heer des Kaisers einzunehmen und zu plündern.
Auch als beim zweiten Versuch der Italiener, Äthiopien zu kolonisieren, britische Flugzeuge die Stadt im Befreiungskampf 1941 bombardierten, blieben die meisten Prunkbauten verschont. Damit findet sich im Palastbezirk von Gemp eine Ansammlung von Palästen, wie sie in Äthiopien einzigartig ist.
Daneben sehen wir Gondar aber auch als eine sehr moderne Stadt. Durch die Universität begegnen uns auf den Straßen viele junge Menschen. Auch gibt es einen Flughafen und mit der Dashen-Brauerei zumindest zwei Möglichkeiten, um dem Lernen auf die ein oder andere Weise zu entfliehen. Nachdem wir unser Zimmer im Hotel Kino bezogen haben, gehen wir jedoch erst einmal im Restaurant The Four Sisters fein essen.
Bei Gondar übernachten wir im Hotel Kino. Dieses liegt leider nicht so zentral in einer Umgebung, die sich bei einem Spaziergang als eher langweilig entpuppt. Dafür ist die Lage ruhig und wir haben genug Beschäftigung mit unseren Besichtigungen um und in Gondar.
Wir bekommen das Zimmer 216 und haben eine schöne Aussicht in die ruhige Natur. Der Raum ist sauber und durch die Erkerfenster sehr hell. Allerdings wirkt alles recht kühl. Das Gebäude ist noch recht neu und besonders die glatten Böden wirken fast schon luxuriös.
Das Frühstück gibt es leider à la carte und dem Personal fehlen Eigenschaften wie schnell oder aufmerksam. Bei der Speisekarte finde ich schade, dass es nur typische Eierspeisen und Toast zur Auswahl gibt, während unser Fahrer und Guide ein landestypisches Injera bekommen. Aber es schmeckt und macht satt.
Ausgehmöglichkeiten in der Gegend suchen wir erst gar nicht und fahren mit der Gruppe am Abend zur Dashen Brewery. Fotografieren ist (angeblich) wegen Betriebsspionage strikt verboten. Da die Taschen akribisch nach Kameras durchsucht werden, bringt man besser erst gar keine mit. Allerdings ist es für eine Betriebsbesichtigung ohnehin zu spät, sodass wir nur noch Gruppen beim heiteren Besäufnis abknipsen könnten. Vielleicht wollen sie ja genau das nicht. Große Biersäulen zum Selberzapfen kommen auf jeden Tisch und das so viel man will. Wir können der Abfüllerei mit Bier nicht sonderlich viel abgewinnen, auch weil wir bei Weitem schon bessere Brauereien wie das Guinness Storehouse in Dublin besucht haben.