Nach der Mittagspause im Hotel stehen die Doppelkirche Gabriel und Raphael und weitere Kirchen der östlichen Gruppe von Lalibela auf dem Programm. Der Zutritt erfolgt nahe der Himmelsbrücke. Sie besteht aus einer ansteigenden Felsmauer, auf der Abdrücke zu sehen sind, welche Fußspuren ähneln. Früher diente die zur Seite tief abfallende Mauer, um Beschuldigte zu überführen. Hierzu mussten diese die Mauer emporsteigen. Erreichten sie das Ziel, galten sie als unschuldig. Stürzten sie jedoch, war ihre Schuld bewiesen und erwartete sie die Todesstrafe. Allerdings überlebte ohnehin kaum einer den Sturz in die Tiefe.
Eindrücke von der aus den Felsen geschlagenen Doppelkirche des Heiligen Raphael und Heiligen Gabriel in Lalibela. Aufnahmen von weiteren Felsenkirchen im Norden Äthiopiens.
Wir verzichten lieber auf die Prüfung und gehen stattdessen gleich weiter zur Doppelkirche Gabriel und Raphael. Der Eingang in die beiden miteinander verbundenen Felsenkirchen erfolgt erst über eine Brücke, dann durch einen kurzen Tunnelgang. Wo dieser endet, öffnet sich die Sicht zu der Kirche und einen 18 Meter tiefen Hof. Angeblich befinden sich darunter Gewölbe, in denen seit Jahrhunderten als verschollen geltende Kirchenkunstwerke zum Schutz vor Plünderern lagern sollen. Allerdings sind die tief liegenden Bereiche später mit Wasser vollgelaufen.
Wer auf den Schatten und den Eingang in die Felsenkirche der beiden Erzengel achtet, bemerkt, dass hier etwas nicht stimmt. So erklärt unser Reiseleiter vor Ort, dass die Kirche verkehrt herum ausgerichtet ist. Denn im Gegensatz zu den anderen Felsenkirchen von Lalibela zeigt der Eingang hier nicht nach Osten, sondern nach Westen.
Für Besucher ist die Doppelkirche Gabriel und Raphael über eine erst in der Neuzeit errichtete Brücke über den Schutzgraben zu erreichen. Leider aber findet bei unserer Ankunft ein Gottesdienst in beiden Teilen der Kirche statt. Und wie lange das dauern kann, kennen wir ja schon aus der Königsstadt Axum. Doch auch die mit Bögen und Nischen gestaltete Außenfassade lohnen den Besuch.
Nach diesen schönen Eindrücken geht es abermals durch Höhlen und Tunnel. Da diese nun deutlich länger sind, wird es bald finster. So begegnen wir einer Gruppe aus Italien, die in der Dunkelheit mehr schlecht als recht vorankommt. Auch treffen wir einen englisch sprechenden Besucher, der sich versehentlich der falschen Gruppe angeschlossen hat und nun seine Leute sucht. Zum Glück hat unsere eigene Gruppe für die Besichtigung mehrere Taschenlampen bekommen, womit uns Schrammen und Beulen in den grob behauenen Gängen weitestgehend erspart bleiben.
Nachdem wir das in den Stein gehauene Labyrinth durch eine Holztür wieder verlassen haben, passieren wir das Haus des Brotes (Bete Lehem), das mit einer Reihe runder Löcher zwischen zwei Eingängen auffällt. Sie dienten früher dazu, die Zeit zu bestimmen. Ein um und über den aus rotem Tuff bestehenden Bau errichtetes Holzgerüst hat sie jedoch außer Funktion gesetzt. Dafür bekommen wir in diesem Bereich einen guten Überblick über weite Teile der östlichen Gruppe von Lalibela. Auch ein Stück des Dachs ist zu sehen, unter dem die Bete Emmanuel steht, unser nächtes Ziel.