Durch das Tunnelgewirr um die Marienkirche Bete Maryam gelangen wir irgendwie zur Doppelkirche Sinai-Golgotha. Im Gegensatz zu den vorherigen Kirchen sind diese beiden halbmonolithisch. In der Bete Golgotha befindet sich das Grab des sagenumwobenen Königs Libela. Zudem sind zahlreiche Kunstgegenstände ausgestellt.
Doch leider ist der Zutritt zur Golgotha-Kirche nur Männern vorbehalten. So lassen wir diese links liegen und statten nur der Sinai-Kirche einen Besuch ab. Die Bete Debre Sina, also Berg Sinai Kirche, ist dem Heiligen Michael geweiht. Sie wird deshalb oft auch Michaelskirche genannt.
Eindrücke von der Sinaikirche, einer der berühmten Felsenkirchen von Lalibela im Norden von Äthiopien.
Die Berg Sinai Kirche ist schlicht gehalten und als Verzierung gibt es nur ein paar Ornamente unterhalb der Säulenbögen. Vier im Querschnitt kreuzförmige Säulen unterteilen sie in drei Schiffe. Der zuständige Priester hat beim Allerheiligsten die Vorhänge geöffnet und gibt uns somit die Sicht zu einem alten Gemälde frei.
Die sonst so leuchtenden Farben sind bei diesem längst ausgeblichen. Zu erkennen sind der Heilige Georg auf seinem Schimmel, Maria mit dem Jesuskind oder auch König Lalibela. Wir hätten ja eigentlich den Heiligen Michael erwartet. Aber egal, denn daneben laden in der Kirche zwei Trommeln zu musikalischen Einlagen ein.
Als wir mit der Besichtigung fertig sind und die Kirche schon wieder verlassen wollen, kommt eine Pilgergruppe in die Sinai-Kirche. Augenblicklich beginnen sie zu tanzen. Es wird geträllert und geklatscht. Lauthals singt ein alter Mann ein für uns unverständliches Lied. Er freut sich über irgendwas und ist glücklich. Das ist offensichtlich. Und alle anderen freuen sich mit ihm. Meine Kamera scheint die Gruppe nicht zu stören. Im Gegenteil, sie tanzen immer mehr um mich herum.
Erst nach dem Spektakel erfahre ich von Yitbarek, dass ich einen Vater gefilmt habe, dessen Tochter endlich einen Mann gefunden hat. Er wollte mit seinem Lied Gott dafür danken und seine Freude am liebsten mit der ganzen Welt teilen. Unser zufälliges Zusammentreffen kam damit nicht nur mir, sondern auch ihm gelegen. Spätestens hier bin ich mir sicher: die Gebühr für die Filmerlaubnis hat sich gelohnt. Anschließen verlassen wir die westliche Gruppe über das Adamsgrab, mit dem guten Gefühl, etwa ganz Besonderes erlebt zu haben.