Bevor wir zur Welterlöserkirche Bete Medhane Alem kommen, führt der erste Gang bei Lalibela natürlich ins Ticket Office. Während die Eintrittskarten von Yitbarek gelöst werden, müssen wir uns um die nötige Filmerlaubnis für sämtliche Felsenkirchen kümmern. Wir sind zum Glück gut darauf vorbereitet, denn der Preis von umgerechnet 20 EUR lässt doch so manch einen erst einmal schlucken. Auch ein Engländer schaut ungläubig aus der Wäsche, nachdem ihm Lars grinsend den Preis in Britische Pfund umrechnet.
Immerhin bekommt man für das gleiche Geld zwei Übernachtungen im Doppelzimmer in einem Gammelhotel, wie das Hotel Arc. Verglichen mit dem Reisepreis ist es aber ein Klacks. Und da Lalibela ein besonderer Ort auf der Erde ist, den die meisten nur einmal besuchen, sollte keiner geizen. Mit dieser Argumentation überzeugt Lars auch den Engländer und steht kurz vor einem Jobangebot als Filmerlaubnisvermittler.
Aufnahmen aus der Welterlöserkirche in Lalibela mit dem Ritual des symbolischen ablegen der Sünden.
Unser Rundgang beginnt mit der Welterlöserkirche, der größten der Felsenkirchen von Lalibela. Die Bete Medhane Alem ist zugleich die größte monolithische Kirche der Welt. Stahlträger und ein Dach, welche mit Unterstützung der UNESCO vor einigen Jahren erbaut wurden, stören das Bild. Da Wind und Wetter an den Kirchen nagen, musste jedoch etwas unternommen werden, um die Gebäude zu schützen.
Es ist mit Sicherheit schwierig, bei so Schutzmaßnahmen auch noch auf die Ästhetik zu achten. Das zumindest erklärt, warum die UNESCO für sich selbst noch schnell Bilder ohne Gerüst hat aufnehmen lassen. Wir hingegen müssen uns damit behelfen, die Konzentration voll auf die Kirche zu lenken, als wir durch einen schmalen Gang in den Vorhof der Kirche gelangen.
Mit den Abmessungen von 33,5 m x 23,5 m und einer Höhe von 11,5 m ist die Bete Medhane Alem schon gewaltig. Wenn man bedenkt, dass alles aus dem Fels gehauen wurde und auch die Felsmassen im Gangbereich ringsherum entfernt werden mussten. Da der Bau an die älteste und von den muslimischen Truppen zerstörte Kirche von Axum erinnern sollte, finden wir besonders bei den Fenstern einige typische Elemente der axumitischen Architektur. 34 rechteckige Säulen stützen den Dachüberstand. Da einige dieser Säulen mit der Zeit weggebrochen sind, wurden diese auch für uns gut erkennbar wieder aufgemauert.
Wir laufen erst einmal um die Welterlöserkirche herum. Dabei finden wir ein kleines Tor zu einer Kapelle, die unauffällig in die Felswand gearbeitet und leider verschlossen ist. Symbolisch steht diese für Bethlehem. Immer wieder kommen uns Pilger und Nonnen entgegen. Dann heißt es Schuhe ausziehen und bei einem Schuhwächter in Obhut geben.
Die Kirchen sind alle mit roten Teppichen ausgelegt. Da Äthiopien nicht gerade für ihre perfekten Hygienestandards bekannt ist, lohnen sich hier spezielle medizinische Fußüberzieher aus der Apotheke. Die sehen zwar doof aus, schützen aber vor Flohbissen und anderem Ungeziefer, was sich hin und wieder in den Teppichen einnistet.
Der Kirchenraum der Bete Medhane Alem ist sehr schlicht und nur spartanisch verziert. Nur beim Altarbereich stehen bunte Kirchenbilder, die den Priestern als Geschenk gegeben werden. Einer der Priester bringt uns zur Ansicht ein Lalibela-Kreuz. Vier Säulenreihen stützen das Dach und teilen das Gotteshaus im Basilikastil in fünf Schiffe ein.
Dabei haben die je zwei äußeren ein flaches Dach, während das Mittelschiff gewölbt ist. Es ist schon beeindruckend, wie hier alles von außen nach innen gearbeitet wurde. Hier durfte kein Stück Fels zu viel heraus gehauen werden. Angesichts der Perfektion glaubt man schon fast an die Geschichte mit den himmlischen Helfern.
Lautes Singen und Trällern lockt uns zu einer Sündenablage in einem der Seitenschiffe. Die Gläubigen sammeln sich um eine mannsgroße und rechteckige Vertiefung, die einem Grab gleicht. Ein Sünder legt sich neben das Loch, hebt dreimal ein Brot heraus und küsst dieses. Mit dem Ablegen befreit er sich symbolisch von seinen Sünden. Das ist natürlich wichtig vor dem Weihnachtsfest und die Erleichterung ist den Gläubigen nach der Ablage sichtlich anzumerken.