Auf dem Weg zum Wat Phra Kaeo und dem Königspalast werden wir an einer Ampel angesprochen. Es ist Montag und montags ist der Tempel wegen des Gebets geschlossen.
Das gleiche Spiel hätte auch an einem Dienstag, Mittwoch, Donnerstag stattfinden können. Unbeeindruckt lassen wir den Mann stehen, der weiterhin an der Ampel auf arglose Touris wartet.
Beim Tempel angekommen, finden wir uns schließlich in einem nicht enden wollenden Strom Touristen wieder. In der Menge den Überblick zu behalten, scheint kaum möglich. Eine Frau mit Megaphon behält ihn dennoch. Zielsicher fischt sie die Besucher heraus, welche Shorts, kurze Röcke oder ärmellose Shirts tragen. Unsere Sachen reichen zwar bis über die Knie, reicht aber nicht.
Damit müssen wir zur Kleiderausgabe. Diese ist kostenfrei, wobei allerdings 200 Baht pro Kleidungsstück als Pfand zu hinterlegen sind. Das Deposit kann auch höher sein. Der Betrag wird auf einem Quittungszettel vermerkt und das Geld daran angeheftet. Alte Scheine wird man hier also nicht los.
Als wir später zurückkehren, fängt uns ein junger Mann ab. Er versucht, von einem der Rückkehrer eine Hose zu ergattern, da keine mehr vorrätig seien und drinnen bereits einige warten, um tempelgerechte Klamotten zu bekommen.
So gesehen, haben wir Glück, noch am morgen frisch gewaschene Sachen erhalten zu haben. Jemand anderem Hose oder Rock mitsamt Beleg abzunehmen, macht übrigens wenig Sinn. Denn das Deposit bekommt nur derjenige zurück, der bei der Ausgabe unterschrieben hat.
Nachdem wir uns durch die Taschenkontrolle gezwängt haben, trennen uns noch 100 Meter vom Ticketschalter. Die meisten Besucher reihen sich gleich rechts am Ende der Schlange ein. Es ist aber vorgesehen, von beiden Seiten anzustehen. Den Weg zur linken Seite aber finden nur wenige.
Um weitere 1000 Baht erleichtert, geht es endlich in den Tempel. Gemessen zu unserem ersten Besuch vor zehn Jahren ist es deutlich voller geworden. Es sind vor allem Chinesen, die zuhauf um uns herum wuseln.
Das allein ginge ja noch. Nervig ist allerdings, dass sie allhats stehen bleiben, um das nächste Selvie von sich aufzunehmen. Ob es dahinter ein passendes Motiv gibt, ist dabei eher nachrangig.
Trotz der Fotografierwut achten die Ordner auch heute noch streng darauf, dass in den Gebäuden nicht fotografiert wird. Insbesondere gilt das für den Tempel mit dem Smaragd-Buddha. So wird ein neben uns deutlich zurecht gewiesen, als er seine Kamera hoch nimmt,
gefolgt von einem penetranten »delete it«. Es geht eine ganze Weile, bis der Ordner zufrieden ist, wobei er nebenher gleich die nächste Besucherin energisch an der Schulter zurückzieht, die ihr Tablet-PC auf den Smaragd-Buddha richtet.
Wir belassen es dabei, die Stimmung in dem Raum so gut es geht in uns aufzunehmen, eh wir uns wieder in das Getümmel zwischen den einzelnen Gebäudeteilen stürzen.
Schon bei unserer ersten Reise nach Thailand besuchten wir den Wat Pha Kaeo. Damals hatten wir das Glück, dass uns ein heftiger Gewitterschauer die Tempelanlage fast leerte. Bei zweiten Besuch wurden wir indes fast überrant von Chinesen, die krampfhaft auf Selfie-Fang ware. Aber so ändert sich nun mal die Zeit.
Am Eingang des Wat Phra Kaeo oder auch Wat Phra Sri Rattana Satsadaram angekommen, wird unsere Vermutung zur Gewissheit: man hat uns schon am ersten Tag der Reise angelogen! Aber gut, allzu viel haben wir bei der nur bedingt freiwilligen Rundfahrt nicht verloren. Und so schaffen wir es noch vor dem Platzregen in den Tempel. Genauer: ganz kurz davor. Denn kaum haben wir uns einen ersten Überblick über die Gebäude, die Ge- und Verbote geschafft, entleert sich der schwüle Gewitterhimmel über uns.
Augenblicke später plätschert das Wasser über die vielen Dächer und flutet sämtliche Wege der Anlage. Wir selbst ziehen uns unter einen kleinen Pavillon zurück, wobei wir feststellen, dass das »Schuh-an-Schuh-aus-Gebot« weitgehend außer kraft gesetzt ist. Zugleich treibt der Wolkenbruch die meisten der Besucher zum Ausgang hinaus, sodass wir uns schon bald in einer nur noch spärlich besuchten Hauptattraktion Bangkoks wieder finden.
Der Tempel selbst gilt als der schönste und interessanteste in Thailand. Hauptanziehungspunkt für die Gläubigen ist der Smaragd-Buddha. Im Vergleich zu vielen Buddha-Statuen ist der Smaragd-Buddha mit einer Größe von nur 70 Zentimetern zwar relativ klein. Dafür aber wird er derart verehrt, dass in dem Gebäude, in welchem er hoch über den Köpfen der Buddhisten und Touristen, nicht fotografiert werden darf. Auch dürfen die Füße des Besuchers nicht in Richtung Statue zeigen - ein Fettnäpfchen, welches ich für wenige Sekunden dummerweise mitgenommen habe.
Woher der Smaragd-Buddha stammt, ist heute ungewiss. So werden sowohl Indien als auch Birma als mögliches Ursprungsland genannt. Sicher ist jedoch, dass die Figur einige Jahrhunderte alt ist. Sie soll 1464 in einem Tempel in Chiang Mai gestanden haben. Im 16. Jahrhundert kam der Smaragd-Buddha nach Laos. Im 18. Jahrhundert gelang es Thai schließlich, die Figur bei einem Feldzug zurückzuerobern.
Zurück zum Eingang, kommen wir zu den Wächterfiguren. Obwohl dämonisch, kommen sie uns mit ihrem Grinsen und buntem Kostüm eher freundlich als abschreckend vor.
Von hier gelangen wir in einen quadratischen Wandelgang, der die gesamte Tempelanlage umschließt. Neben einigen Darstellungen aus dem Alltagsleben der Siamesen sind hier Szenen der »Ramakien« festgehalten, die thailändische Fassung der indischen Heldensage »Ramayana«. Sie berichtet über den Kampf des Königs Rama, der Prinzessin Sita und des Affengenerals Hanuman gegen den Dämonenkönig Ravana. Nachdem dieser besiegt werden konnte, kämpfen die Bilder heute gegen den Zahn der Zeit. So müssen die Wandmalereien ständig erneuert werden, um nicht zu verblassen.
Zum Glück sind die starken Wolkenbrüche auch in Bangkok meist nur von kurzer Dauer. Zwar tröpfelt nach dem Regenguss noch einige Zeit. Dafür aber ist es in dem Tempel nicht mehr so drückend heiß und schwül - ganz abgesehen von der beinahe freien Sicht auf die Gebäude.
Bereits von Weitem ist der Chedi »Phra Si Ratana« gut zu sehen. Dieses mit Gold überzogene Gebäude geht auf König Rama IV. (König Mongkut) zurück und soll eine Reliquie Buddhas beherbergen.
Dahinter schließen sich die Bibliothek mit Heiligen Schriften des Buddhismus und königliche Pantheon an. Außerdem ist im hinteren Bereich ein Modell von Angkor Wat aufgebaut.
Durch ein kleines Tor kommen wir vom Wat Phra Kaeo zum Königspalast. Doch Achtung: eine Rückkehr vom Schloss zum Tempel ist nicht möglich, wie uns ein Schild beim Durchgang warnt.
Als Erstes kommen wir zur - Dank des Regens - frisch gewaschenen Amarinda Vinichai Hall. Noch zu Zeiten von Rama I. tagte hier das oberste Gericht des Königreichs. Heute nutzen die Thailänder das Gebäude zur Verleihung von Orden, bei Staatszeremonien und (soweit nötig) bei Krönungen.
Europäische Einflüsse verrät die Residenz König Rama V., der Phra Chakri Maha Prasat. Denn während das Dach noch die traditionelle thailändische Form besitzt, wurde die Fassade bereits im Stil der Renaissance gestaltet.
Nachdem die königliche Familie in den Chitralada-Palast (nahe des Zoos) gezogen ist, nutzt König Bhumiphol die Thronhalle heute für Botschafter-Audienzen, umgeben übrigens von der Asche seiner Vorfahren, die in den Spitztürmen des Palastes aufbewahrt wird.