Die Hauptattraktion der Kinabatangan Riverside Lodge sind die Bootsfahrten auf dem Unterlauf des Kinabatangan. So ist es kein Wunder, dass wir schon wenige Stunden nach unserer Ankunft aufbrechen, um die schöne Landschaft und das Naturschutzgebiet rund um Sukau zu erkunden.
Dabei dauert es nicht lange, bis wir die ersten Hornvögel über dem Wasser fliegen sehen. Mit dem Malaien-Hornvogel, dem Rhinozeros-Hornvogel (auch Nashornvogel) und dem Orient-Hornvogel können wir zumindest drei Arten dieser Familie bestimmen.
Im Mittelpunkt unserer zweiten Tour auf dem Kinabatangan aber stehen die Affen. So suchen die Begleiter der Lodge die Kronen der Bäume ab, bis sie endlich einen Orang Utan gefunden haben. Hoch über dem Wasser richtet er gerade sein Quartier für die nächste Nacht. Leider aber sind die Orang Utans sehr dunkel und sitzt das Männchen so weit entfernt, dass vom Boot aus kaum mehr als schwarze Umrisse zu erkennen sind.
Umso besser lassen sich dafür eine Horde Langschwanzmakaken und ein Nasenaffe beobachten, der genüsslich Blätter in sein Maul stopft. Auch einen Bindenwaran entdecken wir, der auf einem über dem Kinabatangan hängenden Ast klettert. Der Höhepunkt unserer zweiten Bootstour jedoch ist um ein Vielfaches größer als all die Affen und Warane und für uns eine Faustdicke Überraschung, die wir auf Borneo nicht im Entferntesten erwartet hätten ...
»Elefant!« ruft plötzlich einer unserer Begleiter und zeigt aufgeregt nach vorne. Und tatsächlich: Am Ufer vor uns steht ein ausgewachsener Elefantenbulle. Im nächsten Moment beschleunigt das Boot und fahren wir über das Wasser auf das Tier zu.
Bereits vor uns hat eine andere Gruppe den Borneo-Elefanten entdeckt und ist fleißig am Fotografieren. Auch wir hoffen darauf, ein paar schöne Bilder aufnehmen zu können. Noch bevor wir ganz nah dran sind, aber gibt uns der Leiter der anderen Gruppe zu verstehen, dass wir abdrehen sollen.
Den Grund sehen wir wenig später am gegenüberliegenden Ufer. Denn anstelle eines einzelnen Bullen treffen wir dort auf eine Elefantenherde. Gemächlich spazieren sie am Ufer flussaufwärts und halten immer wieder an, um Nahrung zu sammeln. Dieses finden sie vor allem im Wasser.
So können wir eine Elefantendame dabei beobachten, wie sie die Wasserpflanzen pflückt und einige Male mit dem Rüssel durch das Wasser wirbelt. Uns erinnert es ein wenig an Salat, der vor dem Essen gewaschen wird. Sind die Gräser für ihren Geschmack sauber genug, verschwindet das Büschel in ihrem Maul.
Zu unserer Schande müssen wir gestehen, dass wir trotz zwei Reiseführer nicht wussten, dass auf Borneo Elefanten leben. Deshalb hatten wir auch gelacht, als unser erster Guide erzählt hatte, dass es auf Borneo »ganz ganz kleine Elefanten« gibt und er mit Daumen und Zeigefinger zeigte, wie winzig diese Elefanten seien. Tatsächlich aber leben auf Borneo nicht nur Elefanten, sondern weiß man inzwischen, dass die Zwerg-Elefanten auf Borneo sogar eine eigene Art sind. Unvorstellbar, aber wahr: Auf Borneo leben außerdem Nashörner.
So hatten Tierschützer kurz vor unserer Ankunft auf Borneo ein seltenes Borneo-Nashorn in den Wäldern von Sabah entdeckt. Um die Unterart der Sumatra-Nashörner vor dem Aussterben zu bewahren, haben sie das Weibchen in ein Naturreservat gebracht, wo es sich mit einem männlichen Artgenossen paaren soll. Nashörner bleiben uns zwar verwehrt, die Elefanten aber reichen vollkommen aus, um uns zu begeistern. So kehren wir schließlich mit dem schönen Gefühl zur Lodge zurück, etwas ganz besonderes erlebt zu haben.
Aufnahmen von Borneo-Elefanten sowie von einem Bindenwaran am Ufer des Kinabatangan.
Am nächsten Morgen brechen wir vor dem Frühstück auf. Heute steht die Bootsfahrt zum Oxbow-Lake auf dem Programm. Oxbow heißt soviel wie Ochsenbogen (gemeint ist der Bogen, den die Hörner des Ochsen beschreiben), womit die Form des Sees charakterisiert wird. Genau genommen ist es gar kein See, sondern ein Altarm des Sungai Kinabatangan,
der vom Hauptlauf des Flusses abgeschnitten ist. Dies geschieht dadurch, dass der Kinabatangan in seinem Unterlauf mäandriert. Durch die Erosion des Wassers entsteht aus einer kleinen Flussbiegung ein immer weiterer Bogen, bis der Fluss fast einen Kreis beschreibt. So, wie das Wasser den Bogen an seiner schmalsten Stelle durchbricht, entsteht anschließend ein U-förmiger See oder eben ein Oxbow Lake.
Erneut haben wir Glück mit den Tieren. So entdecken wir auch bei unserem dritten Ausflug auf dem Sungai Kinabatangan einen Orang Utan, kurz bevor wir den Hauptlauf des Flusses verlassen und unter mehreren überhängenden Ästen zum malerisch gelegenen Oxbow Lake abbiegen.
Nach einer kurzen, engen Passage wird die Wasserfläche wieder breiter und öffnet sich der Wald zum See. Während zwei Hornvögel am Himmel das Ufer wechseln, beobachten wir einen Reiher. Bewegungslos hält er am Rand vom See nach Futter Ausschau.
Am Ende vom See fahren wir mit Schwung in einen dichten Teppich aus Schwimmpflanzen. »Das hier sind alles Wasserhyazinthen«, verrät unser Reiseleiter und erklärt, dass diese aus Südamerika stammen. Für mehrere Seen auf Borneo ist die schnell wachsende Pflanze zum Problem geworden, da sie heimische Arten verdrängt und die Verlandung der Gewässer stark beschleunigt. Der Fischfang wird durch die Wasserhyazinthe gleich doppelt erschwert: zum einen finden die Fische unter den Schwimmpflanzen reichlich Verstecke, zum anderen ist es den Booten nur mit Mühe möglich, das Dickicht zu durchfahren.
Natürlich wachsen die Wasserhyazinthen auch in ihrer Heimat in Südamerika sehr schnell. Allerdings werden sie dort von Schweinen gefressen, die es in den muslimisch geprägten Regionen von Borneo nicht gibt. Da es auf der Insel auch sonst keine Tiere gibt, die große Mengen Wasserhyazinthen fressen, können sich die Pflanzen nahezu ungehindert ausbreiten.
Als Nächstes fahren wir ans schattige Ufer. Während wir die Ruhe genießen und unsere Blicke über den See schweifen lassen, bereitet unser Reiseleiter die nächste Überraschung vor. Denn weil wir bisher kein Frühstück hatten, ist bei diesem Ausflug eine Pause mit Kaffee oder Tee und sogar ein paar Keksen inbegriffen. Schließlich aber fahren wir zurück zur Kinabatangan Riverside Lodge, wo das richtige Frühstück für uns bereit steht.
Bootsausflug auf dem Kinabatangan zum Oxbow-Lake nahe der Riverside Lodge in Borneo.
Nachdem wir den ganzen Tag in der Riverside Lodge verbracht und uns ausgeruht haben, gibt es am Abend vor unserem Rückflug noch einen letzten Bootsausflug. Wobei wir diesmal noch gar nicht richtig abgelegt haben, als die Männer der Lodge das Boot auch schon wieder stoppen. Über uns soll irgendwo eine Schlange zu sehen sein.
Doch so viel Mühe ich mir gebe, ich kann sie nicht finden. Erst als sich Annette zu mir herüber beugt, ist klar, warum die Schlange vor mir verborgen bleibt. Ausgerechnet zwischen mir und der Mangrovenschlange versperren gleich drei Äste auf einmal die Sicht. Erst, als das Boot zurück setzt, kann auch ich das gelb-schwarz gestreifte Reptil bewundern.
Bei der Weiterfahrt prasselt leider nochmals ein Schauer auf uns herab. Zwar sind wir inzwischen deutlich besser auf den Monsun eingestellt. So richtig Spaß macht es aber nicht, wenn man die meiste Zeit nach unten schauen muss, um nicht den Regen ins Gesicht geklatscht zu bekommen.
Ein kleines Highlight aber gibt es doch noch: in einem Seitenarm des Kinabatangan entdecken wir Langschwanz-Makaken. Sie haben sich unter einem mächtigen Baum zurückgezogen, um sich vor dem Regen zu schützen. Dadurch erleben auch wir noch ein paar schöne Momente, eh wir zurück zur Lodge fahren.