So wie wir am nächsten Morgen die Stadt Kota Kinabalu hinter uns lassen, kommen wir direkt ins Bergland. Kurve um Kurve geht es immer höher, sodass der Fahrer bald ein, zwei Gänge herunterschalten muss. Es regnet - wieder einmal.
Aber wen juckt es? Im Bus ist es trocken und durch den Regen erleben wir etwas, was es an sonnigen Tagen nicht gibt: Es sind rund ein Dutzend Wasserfälle, die an der zu uns gewandten Seite des Kinabalu in die Tiefe stürzen.
Kurz bevor wir den Nationalpark Kinabalu erreichen, halten wir beim Markt in Nabalu. Mehrere Pavillons und ein Turm bieten eine gute Aussicht in die baumlose Gipfelregion des 4000ers. Durch den Regen ist die Sicht diesig, sodass die Aufnahmen lediglich als Beweisfotos taugen. Wenn man bedenkt, dass man die nächsten zwei Tage dort hinaufsteigt, kann man sich aber schon mal auf die Strapazen, die einen erwarten, einstellen.
Der anschließende Rundgang durch die Markthalle gibt uns einen guten Überblick über die beim Kinabalu gängigen Andenken. T-Shirts und Kappen, auf denen der Kinabalu abgebildet ist, gibt es praktisch überall. Daneben aber entdecken wir auch schön gefertigte Windspiele und Vogelhäuser sowie - ganz wichtig auf Borneo - Regenschutz.
Die Weiterfahrt vom Markt bis zum Kinabalu Nationalpark dauert eine gute Viertelstunde. Damit hat der Reiseleiter, der uns in der Hauptstadt von Sabah abgeholt hat, seinen Job auch schon so gut wie getan. Denn hier übernimmt ein Kollege von ihm die Führung.
Allerdings nur für die Einrichtungen, die sich rund um das Hauptquartier befinden. Beim Aufstieg hoch auf den Kinabalu wird uns dann ein lokaler Guide begleiten. Dieser ist übrigens obligatorisch vorgeschrieben für den Aufstieg auf den Berg, ganz gleich, wie fit man ist.
Dieser ständige Wechsel hat seinen guten Grund: auf Borneo soll der Tourismus möglichst vielen Menschen einen Lebensunterhalt ermöglichen, um wirtschaftliche Argumente für den Erhalt der verbliebenen Regenwälder zu bekommen.
Als zweiten Grund nennt unser Transfer-Guide, dass sein Chef sozial eingestellt sei und will, dass auch andere von seinem Geschäft profitieren. Damit stellt er sicher, dass seinen Leuten geholfen wird, wenn etwas nicht wie geplant läuft.
Nach der Anmeldung im Park Office (wer selbst anreist, erhält hier den Schein für den Aufstieg auf den Kinabalu) und dem Mittagessen im Balsam Buffet Restaurant beginnt unser erster Tag im Nationalpark mit einem Besuch der naturhistorischen Ausstellung.
Diese ist sich im Conservation Centre Building untergebracht und beinhaltet neben einigen Bildern der hier heimischen Pflanzen und Tiere geologische Erklärungen zur Entstehung des erdgeschichtlich jungen Kinabalu-Massivs und seiner Kultur.
Später sehen wir im Ausstellungsraum des Liwagu Besucher Centers mehrere Modelle der Parks von Sabah. Der Schwerpunkt liegt natürlich auch hier auf dem Kinabalu Nationalpark. Daneben werden aber auch ein paar Inseln und andere wichtige Schutzgebiete von Sabah vorgestellt.
Am späteren Nachmittag brechen wir zu einem zweiten Rundgang durch den Park auf. Wie von unserem Reiseleiter vorgeschlagen, wählen wir eine Kombination aus Pandanus Trail und Kiau View Trail. Für beide zusammen braucht man etwa anderthalb Stunden. Mehr ist auch nicht möglich, da es im Januar früh und für manch einen Urlauber überraschend schnell dunkel in den Bergwäldern des Kinabalu Nationalparks wird.
Im Gegensatz zum Silau Silau Wanderweg ist der Pandanus Trail an vielen Stellen völlig durchweicht. So müssen wir genau darauf achten, wo wir hintreten, um nicht auszurutschen. Ohne ortskundige Begleitung ist es außerdem nicht so einfach, botanische Besonderheiten oder für den Park typische Insekten zu entdecken.
Lediglich einen Duliticola paradoxa, genauer: die schwarzrote Larve des Käfers, können wir später genau bestimmen. Die Weibchen dieses Gliederfüßlers verbringen übrigens ihr ganzes Leben im Larvenstadium. Nur die Männchen wachsen zu Käfern heran.
Bald erreichen wir den Kiau View Trail. Im Vergleich zum Pandanus Trail ist dieser noch einmal deutlich schwieriger zu begehen. Mehrmals müssen wir quasi in die Botanik ausweichen, um eine Steigung oder einen glitschigen Abhang zu meistern. Daneben entdecken wir aber auch einige der Pflanzen, die uns auf dem Silau Silau Trail und im botanischen Garten gezeigt wurden - mit dem Unterschied, dass hier deutlich schönere Exemplare wachsen.
Etwas irreführend ist jedoch der Name des Kiau View Trails. So dachten wir eigentlich, dass wir während des Rundgangs eine schöne Aussicht auf die umliegenden Berge haben. Tatsächlich aber verläuft der größte Teil des Pfads im Wald. Erst, als wir schon fast das Ende des Kiau View Trails erreicht haben, kommen wir zu einem Aussichtspunkt. Da sich dieser nur ein paar Meter von der Straße hoch zur Power Station befindet, ist es bei Nässe vielleicht besser, auf direktem Weg dort hinauf zu laufen und mehr Zeit im botanischen Garten zu verbringen.
Wanderung auf dem Pandanus und Kiau View Trail im Kinabalu Nationalpark auf Borneo.
Die Hill Lodge besteht aus einer Reihe Bungalows, von denen je vier miteinander verbunden sind. In den Reiseführern werden sie auch als Twin-Bed Cabins bezeichnet. Es passen beide Namen zu den Zimmern. Denn mit direkter Sicht auf die Gipfel des Kinabalu sind die Räume der Hill Lodge als Doppelzimmer eingerichtet. Abgesehen von der Liwagu Suite haben die anderen Unterkünfte Räume vier (Peak Lodge, Summit Lodge), sechs (Garden Lodge, Rajah Lodge) oder acht Betten (Kinabalu Lodge). Außerdem gibt es zwei Massenunterkünfte für je 20 Gäste.
Ganz in der Nähe befindet sich das Liwagu Restaurant. Da wir angemeldet sind, brauchen wir uns nur noch um die Getränke kümmern, eh wir in aller Ruhe zuschauen können, wie nacheinander mehrere Gerichte zu unserem Tisch gebracht werden. Nudeln, Reis, verschiedene Fleischgerichte, lecker gewürztes Gemüse machen Appetit. Es ist Silvester und es könnte ein sehr schöner Abend werden, wenn...
...wenn ich nicht ein Andenken vom Kiau View Trail mitgebracht hätte. Es ist ein Blutegel, der sich an meinem Bein vollgesaugt hatte, bevor er abfiel oder irgendwie beiseite gewischt wurde. Wo er genau geblieben ist, lässt sich nicht feststellen. Wohl aber ist meine Hand plötzlich voller Blut, als ich mir unbewusst ans Bein greife.
Leicht erschrocken überlege ich kurz, wie ich ohne Aufsehen zu erregen das Restaurant verlassen kann - im nächsten Augenblick stehe ich bereits im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Tatsächlich habe ich kaum das nächste Bad erreicht, als mir eine Angestellte ein Pulver bringt, welches die Blutung stillen soll.
Fünf Minuten später bin ich zurück am Tisch und ist das Essen kalt. Schade, denn es das schönste Menü, das uns während der ganzen Reise serviert wurde. Schmecken tut es aber dennoch, so dass wir doch noch einen schönen Silvesterabend im Liwagu Restaurant und dem benachbarten, hübsch eingerichteten Kaminzimmer verbringen.
Erster Programmpunkt im Nationalpark des Kinabalu ist eine geführte Tour auf dem Silau-Silau Trail. Silau ist das malaysische Wort für gelb und steht für den hellen Lehmboden, auf dem der gelbe, gelbe Pfad angelegt wurde.
Da der Boden feucht ist, sind ein paar Stellen rutschig. Insgesamt aber ist der Silau-Silau Trail trotz der Regenschauer gut zu begehen. Und da die botanischen Besonderheiten entlang des Trails erklärt werden, ist er auch für jeden mühelos zu schaffen.
Leider sind die Erklärungen auf Englisch, was es bei Pflanzen ein wenig schwierig macht. Dass wir an einer Art wilden Kaffee vorbeikommen, verstehen wir aber doch. Auch ein Moos wächst direkt am Weg, welches von den Einheimischen als Kissenfüllung genutzt wird. Tatsächlich fühlt es sich weich genug an, um als bequeme Unterlage zu taugen.
Das Problem auf Borneo aber dürfte sein, dass das Moos vier Tage lang an der Sonne trocknen muss, bevor es verwendet werden kann. Als nächstes bekommen wir Rattanfrüchte gezeigt. Während das Holz für Möbel verwendet wird, werden die Früchte wegen ihres Aussehens als Katzenaugen verkauft.
Bald schon mündet der Silau Silau Trail in der Zufahrt zum Liwagu. Nachdem wir das Restaurant passiert haben, folgen wir der Straße zum botanischen Garten und bekommen auf dem Weg die sogenannte Kerosinfrucht vorgeführt. Der Name ist Programm: als unser Guide sein Feuerzeug an eine aufgeplatzte Frucht hält, fängt diese bald Feuer. Auch stinkt die Frucht auch irgendwie nach Treibstoff. Wir viele dieser Früchte man für einen Flug von Borneo nach Kuala Lumpur benötigt, kann er uns aber nicht sagen.
Schließlich erreichen wir den botanischen Garten des Nationalparks. Wer sich sehr für die Flora interessiert, kann hier viele Pflanzen studieren, welche nur in dem Gebiet rund um den Berg Kinabalu wachsen. Mehrere hundert Arten haben die Wissenschaftler in den verschiedenen Höhenlagen des Massivs bisher entdeckt.
Zu den Besonderheiten, die wir kennenlernen, zählt eine Orchidee, deren unterer Blütenteil nur an zwei Stellen mit dem oberen verbunden ist und bei leichten Berührungen hin und her wippt. Hier zeigt sich, was ein Führer wert ist. Denn wer stupst schon jede Pflanze an, um auf so einen Effekt zu hoffen?
Weit auffälliger und mit seinen orangen bis rötlichen Blüten für jeden leicht zu erkennen ist eine Rhododendron-Art (Rhododendron fallacinum), die wir auch am nächsten Tag beim Aufstieg zum Laban Rata Resthouse an einigen Stellen entdecken. Ebenfalls auffällig ist die Medinilla speciosa, ein kleiner Strauch mit ledrigen Blättern und dicht verzweigten Blütenständen mit rosa Blüten und Früchten. Außerdem sehen wir weiß blühenden Ingwer, Pfeilwurz und Pfeilblätter, verschiedene Kannenpflanzen und viele weitere Arten, die wir uns unmöglich alle in so kurzer Zeit merken können.